Wenige Stunden nach den Interview-Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene kommt Widerspruch vom CSU-Vorsitzenden Markus Söder. "Die CSU lehnt jede Zusammenarbeit mit der AfD ab - egal auf welcher politischen Ebene", twitterte Söder. Denn die AfD sei demokratiefeindlich, rechtsextrem und spalte die Gesellschaft. "Das ist mit unseren Werten nicht vereinbar." Der CSU-Chef betonte, dass die AfD den Austritt aus EU und Nato forderte. Damit schwäche sie den Wohlstand und gefährdet Deutschlands Sicherheit. "Wir grenzen uns klar ab."
Intern wurde Söder nach BR-Informationen deutlicher. Demnach bezeichnete der CSU-Chef die Merz-Aussagen als "Fehler" und "nicht glücklich". Zudem beklagte er, dies schade enorm. Vor Journalisten betonte Söder nach einer CSU-Vorstandssitzung: "Ein Nein heißt Nein. Dort gibt es keine Relativierung und kein Aufweichen." Es gelte die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, die CSU sei aber gegen jede Form der Kooperation mit der AfD. Zugleich befasste sich der CSU-Vorstand mit einer neuen Konzeption der Migrationspolitik.
CSU-Generalsekretär Huber: "Brandmauer" steht
CSU-Generalsekretär Martin Huber betonte auf BR24-Anfrage, die "Brandmauer" stehe. "Wer nicht auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung steht, wer verfassungsfeindlich ist, mit dem kann, darf und wird es definitiv keine Zusammenarbeit geben."
Auch der Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Stefan Müller, stellte auf Twitter klar: "Für die CSU gibt es keine Zusammenarbeit mit der AfD - weder in den Kommunen noch auf Landes- oder Bundesebene."
Merz: In den Kommunen nach Wegen suchen
Merz hatte am Wochenende im ZDF-Sommerinterview auf die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der AfD gesagt: "Kommunalpolitik ist etwas anders als Landespolitik und Bundespolitik." Bei seinem Nein zu einer Kooperation mit der AfD gehe es um "gesetzgebende Körperschaften" - also das Europäische Parlament, den Deutschen Bundestag, die Landtage.
Auf der kommunalen Ebene sei die "Parteipolitisierung ohnehin ein bisschen zu weit vorangeschritten", argumentierte Merz. In Thüringen stelle die AfD einen Landrat, in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister - diese demokratischen Wahlen müssten akzeptiert werden. "Natürlich" müsse in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie sich gemeinsam die Stadt oder der Landkreis gestalten lasse.
Scharfe Kritik auch aus der CDU
Die Aussagen lösten parteiübergreifend scharfe Kritik aus - auch in den Reihen der CDU. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), twitterte, die AfD kenne nur "Dagegen" und Spaltung. "Wo soll es da eine Zusammenarbeit geben? Die CDU könne, wolle und werde nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, "deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist". Für Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul ist der Grundsatz der CDU, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, "richtig, zwingend und notwendig". Im Deutschlandfunk sagte er: "Es muss da ein klarer Strich gezogen werden."
Auch mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete und CDU-Kommunalpolitiker äußerten sich kritisch. Der Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion Neumünster, Arne Rüstemeier, schrieb: "Wir kämpfen lokal in Neumünster gegen Faschisten und werden uns damit auch weiter an die Beschlusslage der CDU halten." Dazu stellte er einen CDU-Parteitagsbeschluss von 2018: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch der Alternative für Deutschland ab."
Der Chef der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dennis Thering, twitterte: "Als CDU Hamburg sind wir klar: Mit der offen rassistischen und zum Teil antisemitischen AfD wird es auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit geben." Der Parteitagsbeschluss gelte für alle Christdemokraten. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler mahnte: "Keine Zusammenarbeit mit der AfD heißt: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Auf keiner Ebene. Ganz einfach." Der frühere saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) warnte: "Das hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten. Wehret den Anfängen!"
Merz: Auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit
Merz reagierte am Morgen ebenfalls auf Twitter auf die scharfe Kritik: "Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der @CDU gilt." Es werde auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann versicherte: "Für die CDU ist klar: Keine Zusammenarbeit mit der AfD, egal auf welcher Ebene." Das sehe auch Merz so, wenngleich er "zu Recht" auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweise. "Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt."
Auch kein "Kaffeeplausch in einem Kommunalparlament"
CSU-Chef Söder hatte schon 2019 jeder Zusammenarbeit mit der AfD auch in den Kommunen eine klare Absage erteilt. "Wir haben nochmal klar gemacht, dass wir jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD ablehnen – und sei es nur der Kaffeeplausch in einem Kommunalparlament", sagte Söder damals.
Das von der AfD vertretene Menschenbild schließe eine Zusammenarbeit aus. Es gebe dafür keine Freiräume, kein Spalt sei offen. Söder warnte zudem, eine Kooperation wäre "von schwerem Schaden für die gesamte Union". Nicht mit der AfD zu kooperieren sei "eine Frage der politischen Klugheit und des Anstands".
Im Video: BR24live bei der Sitzung der Praesidien von CDU und CSU
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