Archivbild: EU-Parlament
Bildrechte: Bildrechte: picture alliance / SULUPRESS.DE | Marc Vorwerk/SULUPRESS.DE

Alle AfD-Europaabgeordneten sind aus der rechten ID-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen worden.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Europaparlament: AfD aus Rechtsaußen-Fraktion ausgeschlossen

Alle AfD-Europaabgeordneten sind aus der rechten ID-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen worden. Ein entsprechender Antrag von Fraktionschef Zanni hat die erforderliche Unterstützung bekommen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Schon länger brodelte in Brüssel die Gerüchteküche: Plötzlich erschien die AfD selbst ihren rechten Partnern im Europaparlament zu radikal - aufgrund diverser Verwicklungen, etwa dem Geheimtreffen mit dem Identitären und vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Martin Sellner. Genauso die nicht abreißenden Skandale um Maximilian Krah, dem AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl am 09. Juni.

Nun folgt ein neuer Tiefschlag: Alle AfD-Europaabgeordneten sind aus der rechten ID-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen worden. Ein entsprechender Antrag von Fraktionschef Marco Zanni hat die erforderliche Unterstützung bekommen.

AfD gibt sich zuversichtlich

Die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten, man habe die Entscheidung der ID-Fraktion zur Kenntnis genommen. "Um in Brüssel politisch wirken zu können, ist ein Zusammenarbeiten mit nahestehenden Parteien unerlässlich. Wir sind daher zuversichtlich, auch in der neuen Legislaturperiode verlässliche Partner an unserer Seite zu haben."

Im Gespräch mit dem BR fügte Chrupalla hinzu: "Umso stärker wir als Delegation auch in das nächste Europäische Parlament einziehen, umso größer wird das Interesse auch, mit uns zusammenzuarbeiten und ich bin absolut zuversichtlich, dass es auch geschehen wird."

"Reihe von Vorfällen"

In dem Antragstext hieß es, in Anbetracht "der Reihe von Vorfällen, an denen Herr Maximilian Krah und damit auch die deutsche Delegation der Gruppe beteiligt waren und in Anbetracht der Tatsache, dass diese Vorfälle dem Zusammenhalt und dem Ruf der Gruppe geschadet haben" solle entschieden werden, die Mitgliedschaft der Mitglieder der deutschen Delegation mit sofortiger Wirkung zu beenden. Dabei werden die Namen aller neun AfD-Europaabgeordneten aufgeführt.

Über den Antrag wurde in einem schriftlichen Verfahren abgestimmt. Nach den ID-Regeln wird auch ein Schweigen als Zustimmung gewertet.

  • Alle Informationen zur Europawahl finden Sie hier

Zum Video: Analyse unseres Korrespondenten aus Brüssel:

ARD-Brüssel-Korrespondent Michael Grytz.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

ARD-Brüssel-Korrespondent Michael Grytz.

Vor allem ein Grund für den Schritt: Maximilian Krah

Die deutsche AfD-Delegationsleiterin Christine Anderson hatte nach dpa-Informationen Einspruch gegen das schriftliche Verfahren eingelegt und gefordert, angehört zu werden. Sie forderte unterstützt von sechs anderen AfD-Abgeordneten in der ID-Fraktion, lediglich Maximilian Krah auszuschließen und stellte gleichzeitig einen entsprechenden Antrag. Lediglich Joachim Kuhs unterstützte den Antrag nicht.

Ein Ausschluss der AfD-Abgeordneten hat vor allem symbolischen Charakter, da das Parlament erst nach der Europawahl in zwei Wochen wieder tagen wird. Dann werden sich auch die Fraktionen möglicherweise neu zusammensetzen.

Hintergrund des Antrags von ID-Fraktionschef Zanni sind die zahlreichen Negativschlagzeilen, die es in den vergangenen Wochen zur AfD gab. So erteilte die Parteispitze ihrem eigenen Spitzenkandidaten Krah am Mittwoch ein Auftrittsverbot. Konkreter Anlass waren umstrittene Äußerungen Krahs zur SS. Zudem steht der 47-jährige Sachse wegen der Spionageaffäre um einen Mitarbeiter und wegen seiner Nähe zu Russland und China unter Druck. Auch die Nummer zwei der AfD-Europaliste, Petr Bystron, wird nach Korruptionsermittlungen vorerst keinen Wahlkampf mehr machen.

Extremismusforscher: Isolierung für AfD ein Problem

Der französische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen hatte der AfD im Europaparlament bereits die Zusammenarbeit aufgekündigt. Auch deshalb analysierte schon am Mittwoch der Extremismusforscher Steffen Kailitz im BR24-Interview, dass die Luft für die AfD auch auf europäischer Bühne dünner werde. "Diese Isolierung ist natürlich ein Problem, insbesondere dann, wenn die AfD im Europäischen Parlament keinen Anschluss mehr an andere Parteien findet", betonte er.

Le Pen hatte auf ein Interview Krahs reagiert, in dem er erklärt hatte: "Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war." Die sogenannte Schutzstaffel (SS) Adolf Hitlers bewachte und verwaltete unter anderem die Konzentrationslager und war maßgeblich für Kriegsverbrechen verantwortlich. Bei den Nürnberger Prozessen nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie zu einer verbrecherischen Organisation erklärt. Krah selbst erklärte nun seinen Rückzug aus dem Europawahlkampf und aus der Parteispitze.

Kailitz: AfD-Skandale haben wenig Einfluss auf Wählerresonanz

Auswirkungen des Eklats auf das deutsche Wählerverhalten schloss Kailitz allerdings eher aus. Interne Streitigkeiten in der AfD hätten bisher "erstaunlich wenig Einfluss auf die Wählerresonanz" gezeigt, erklärte der Politologe.

Zu der ID-Fraktion im Europäischen Parlament gehören neben der italienischen Lega unter anderem auch die französische Partei RN von Le Pen und die österreichische FPÖ. ID-Mitglied ist auch die niederländische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders. Sie hat allerdings keinen Abgeordneten im Parlament.

BR24 hat schon Anfang April Daten des Projekts HowTheyVote.eu zum Abstimmungsverhalten aller Kräfte im Europaparlament in der noch laufenden Legislaturperiode (von Juli 2019 bis März 2024) ausgewertet – dabei fiel auf, dass die AfD im Parlament bei Themen wie Frauenrechte, Demokratiedefizite in Ungarn und bis vor Kurzem in Polen, sowie bei Klima- und Umweltschutz einen harten Kurs fährt.

Mit Informationen von dpa

Flaggen wehen vor dem Europaparlament in Straßburg.
Bildrechte: picture alliance / Panama Pictures | Dwi Anoraganingrum
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Flaggen wehen vor dem Europaparlament in Straßburg.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!