Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah bleibt trotz Spionagevorwürfen gegen einen seiner Mitarbeiter Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl.
Bildrechte: BR.de

Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

AfD-Spionageaffäre: Wie sehr schaden die Vorwürfe der Partei?

Die AfD-Spitze hält an ihrem EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah fest – auch wenn einer seiner Mitarbeiter wegen Spionagevorwürfen in Haft sitzt. In der Partei rumort es, die Spitze steht unter Druck. Vorermittlungen der Justiz wurden eingeleitet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die AfD-Parteispitze will die Spionageaffäre am liebsten schnell aus den Schlagzeilen haben. Zügig zurück zum Tagesgeschäft ist das Ziel. Maximilian Krah, der im Mittelpunkt der Affäre steht, sagt: "Es geht jetzt darum, dass wir den Wahlkampf wieder auf die europäischen Themen fokussieren und wegkommen von dieser sehr unangenehmen Angelegenheit."

Diese unangenehme Angelegenheit betrifft das Büro von Krah. Einer seiner Mitarbeiter ist am Montag wegen des Vorwurfs der Spionage für China festgenommen worden und sitzt in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft spricht von einem besonders schweren Fall der Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst.

Maximilian Krah: "Ich bin und bleibe Spitzenkandidat"

Maximilian Krah tut fast so, als würde ihn das nur am Rande betreffen. "Ich werde jetzt nicht für das vermeintliche Fehlverhalten meines Mitarbeiters in Sack und Asche gehen", sagte er am Dienstagabend. Nach dem Gespräch mit der Parteispitze am Mittwochmorgen in Berlin erklärt der Europapolitiker: "Wenn Sie jetzt aber glauben, das ist das Ende meiner Spitzenkandidatur, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich bin und bleibe Spitzenkandidat."

Den in Haft sitzenden Mitarbeiter will Krah nach dem Gespräch mit den Bundessprechern Alice Weidel und Tino Chrupalla entlassen. "Ich bin sehr an der Aufklärung interessiert, werde mich darum bemühen, herauszubekommen was konkret vorgeworfen wird", so Krah. Er habe sich aber kein persönliches Fehlverhalten vorzuwerfen.

Video: Krah hält an Spitzenkandidatur fest

Trotz der Spionagevorwürfe gegen einen seiner Mitarbeiter bleibt Maximilian Krah Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl im Juni.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Trotz der Spionagevorwürfe gegen einen seiner Mitarbeiter bleibt Maximilian Krah Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl im Juni.

Experten sehen Krah mit in der Verantwortung

Dabei ist Krah innerhalb seiner Partei in den vergangenen Jahren mit besonders unkritischen Positionen zu China und Russland aufgefallen. Der Politikwissenschaftler und AfD-Experte Wolfgang Schröder von der Universität Kassel nimmt Krah nicht ab, völlig unwissend und unschuldig zu sein: "Ich gehe davon aus, dass Krah schon im Bilde ist, was seine Mitarbeiter in etwa tun, welche Verbindungen sie pflegen."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagt: "Der Verdacht, der hier sich gegen Mitarbeiter und Kandidaten der AfD richtet, ist sehr besorgniserregend."

Auch wenn Krah selbst von einem "schwerwiegenden Vorwurf" gegen seinen Mitarbeiter spricht, scheinen den AfD-Spitzenkandidaten mehr die Auswirkungen auf seinen Europawahlkampf zu interessieren als der Spionagefall selbst.

Der Wahlkampf würde jetzt durch diese Angelegenheit "furchtbar überschattet". Man rede jetzt lieber über China als über Europa, sagt Krah. Aus diesem Grund werde er am Wahlkampfauftakt der AfD im baden-württembergischen Donaueschingen nicht teilnehmen. Zudem würde der Wahlkampf entsprechend "angepasst" werden. Näher führte er das nicht aus.

AfD-Parteispitze unter Druck

Die Parteispitze steckt in der Zwickmühle: Unter den Abgeordneten sind zwei Lager zu beobachten. Die einen wenden sich von Krah ab. Er sei zu beschädigt und würde die Partei vor allem mit Blick auf die Europawahl zu sehr herunterziehen. Die anderen sprechen von einer Kampagne und riechen eine Verschwörung gegen die AfD. Sie fordern, sich geschlossen hinter Krah zu stellen.

Von den Bundessprechern Weidel und Chrupalla gab es nach dem Krisengespräch mit Krah nur eine schriftliche Stellungnahme. In der heißt es, man habe die Spionagevorwürfe und die damit einhergehende Rufschädigung erörtert. Und: "Jegliche Einflussnahme fremder Staaten durch Spionage, aber auch der Versuch, Meinungen und Positionen zu kaufen, müssen aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden."

Wie am Mittwochabend bekannt wurde, hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zwei Vorermittlungsverfahren gegen Krah zu möglichen Geldzahlungen aus dem Ausland eingeleitet. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, geht es dabei um mutmaßliche Zahlungen aus russischen und chinesischen Quellen. Die Vorermittlungen dienten derzeit allein der Prüfung, "ob sich überhaupt ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer Abgeordnetenbestechung" ergebe.

Bundesspitze versucht, Schaden abzuwenden

Auffällig war heute: Krah musste allein vor die Hauptstadtpresse treten. Auch das Krisentreffen davor wurde streng geheim gehalten. Es sollten offenbar keine Bilder entstehen, auf denen Krah mit der Parteiführung zu sehen ist. Weidel und Chrupalla lehnten Interviews ab.

Das ist kein Zufall, meint Politologe Schröder: "Man versucht alles zu vermeiden, wo eine direkte Involviertheit des Führungsduos mit Krah aufkommen kann."

Politikexperte: Image beschädigt, Vertrauenswürdigkeit der AfD bröckelt

Die Spionageaffäre könnte Krah und der gesamten Partei schwer schaden. "Das ist für die AfD eine schwierige Lage", so Schröder. Denn das von der AfD aufgebaute Image als eine Partei, die für Recht und Ordnung sowie für die deutschen Interessen stehe, bröckle. Immer wieder warfen AfD-Politiker anderen Politikern in der Vergangenheit vor, sie würden sich von Fremden, von Lobby-Gruppen und westlichen Mächten lenken lassen. Jetzt könnte sich herausstellen, dass die AfD Wasser predige, aber Wein trinke.

Laut Politikwissenschaftler Schröder könnten die aktuellen Vorwürfe und andere Ermittlungsfälle gegen AfD-Politiker zeigen, "dass sich die AfD nicht an Recht hält und die AfD in massiver Weise deutsche Interessen verrät". Das habe Auswirkungen – auf das Selbstbild und die Glaubwürdigkeit der AfD. "Das bringt die Partei in einer einzigartigen Weise in eine Defensive." Das sei durchaus neu für die Partei.

Im Video: Politikwissenschafterin Jasmin Riedl zu den Bemühungen der AfD die Skandale aufzuräumen

Politikwissenschafterin Jasmin Riedl zu den Bemühungen der AfD die Skandale aufzuräumen
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Politikwissenschafterin Jasmin Riedl zu den Bemühungen der AfD die Skandale aufzuräumen

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!