Markus Söder in Nürnberg
Bildrechte: Sechs Christsoziale sitzen aktuell im Europaparlament, sechs sollen es möglichst wieder werden. Für die entscheidenden Listenplätze vorgesehen sind die Abgeordneten Angelika Niebler, Christian Doleschal, Monika Hohlmeier und Markus Ferber sowie Bauernverbandsfunktionär Stefan Köhler.

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Söder spekuliert über Neuwahlen: Ampel "hat abgewirtschaftet"

CSU-Chef Söder hat das Delegiertentreffen seiner Partei zur Europawahl für einen Rundumschlag gegen die Ampel genutzt. Die Bundesregierung sei plan- und kopflos, im Juni sei daher neben der Europa- auch eine Bundestagswahl möglich.

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Deutschland steckt nach Ansicht des CSU-Vorsitzenden Markus Söder angesichts der aktuellen Haushaltsprobleme in einer "schweren Staatskrise". Es gebe "keine Haushaltsnotlage, wir haben eine Notlage der Regierung", beklagte der bayerische Ministerpräsident auf einem CSU-Delegiertentreffen zur Europawahl in Nürnberg. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt sei eine "Niederlage mit Ansage" und eine "fundamentale Blamage" Deutschlands in der Welt gewesen. Er sei in "tiefer Sorge" um den Wirtschaftsstandort Deutschland und die demokratische Stabilität in der Bundesrepublik.

Söder warf der Ampel-Regierung eine plan- und kopflose Politik vor. "Vielleicht wird im Juni nicht nur eine Europawahl stattfinden", sagte der CSU-Chef. Angesichts des Zustands der Bundesregierung "könnte vielleicht auch eine Bundestagswahl stattfinden". Der CSU-Politiker rief: "Diese Regierung hat abgewirtschaftet und gehört eigentlich in die Opposition."

Söder attackiert Habeck

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt für nichtig erklärt. Von Überlegungen, wegen des Urteils die Schuldenbremse abzuschaffen, hält Söder nichts: "Das lehnen wir ab!" Solidität müsse die Basis jeder Politik sein. Söder erneuerte die Kritik an der Wiedereinführung der vollen Mehrwertsteuer in der Gastronomie ("schwerer Fehler"), am Heizgesetz ("muss weg") und am Bürgergeld ("Ampel hat sich ideologisch vergaloppiert").

Nötig ist dem CSU-Politiker zufolge auch eine grundlegend neue Energiepolitik. Deutschland sei aus der Atomenergie ausgestiegen und importiere nun Atomstrom. Fracking in Deutschland werde abgelehnt, dafür aber teures Fracking-Gas eingeführt. Es müsse Schluss daher sein mit "grünem Selbstbetrug". Robert Habeck (Grüne) sei ein "anerkannter Philosoph" und bedeutender Kinderbuchautor, "aber ein grottenschlechter Wirtschaftsminister".

Warnung vor Rechtspopulisten

Den Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden sieht Söder als "Riesensatz für Populisten" - und eine Warnung für Deutschland und Europa. In der Bundesrepublik müssten jetzt "sehr ernsthaft" Lösungen für die aktuellen Probleme gefunden werden. "Ansonsten wird die Europawahl eine ganz, ganz große Herausforderung für die Stabilität." Insbesondere das Thema Migration überfordere den Kontinent. "So wie jetzt kann es nicht bleiben." Nötig sei eine deutliche Reduzierung der Zuwanderung in Europa.

Einmal mehr forderte der CSU-Chef, dass es in Deutschland die Möglichkeit geben müsse, Migranten an der Grenze zurückzuweisen. Die deutsche Gesetzgebung "und im Zweifelsfall auch das Asylgrundrecht" müssten angepasst werden, um sichere Grenzen und schnellere Abschiebungen zu erreichen. Wenn jemand mit einer doppelten Staatsbürgerschaft für ein Kalifat demonstriere, müsse ihm die deutsche Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden. Zugleich griff Söder die "schmutzige AfD" an, der man nicht die Zukunft des Landes überlassen dürfe.

Weber: Europa gegen Neonazis verteidigen

Auch der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, mahnte schnelle Lösungen zur Begrenzung der Migrantenzahlen in Europa an. Wenn es nicht gelinge, bis zum Juni eine Antwort zu geben, dann werde die Europawahl zu einer "Schicksalswahl".

Wenn sich die Grünen im Europaparlament einer Lösung verweigerten, hätten sie eine "wesentliche Verantwortung" für das Erstarken rechtsradikaler Kräfte, kritisierte der EVP-Chef. Europa müsse gegen Nationalisten verteidigt werden: Die CSU rief er zum Kampf dafür auf, dass Europa nicht "von Neonazis kaputtgemacht" werde.

Weber erneut Spitzenkandidat

Weber führt die CSU wie schon 2019 in die Wahl: Die Delegierten wählten ihn mit 96 Prozent zum CSU-Spitzenkandidaten. In seiner Rede forderte er die CSU auf, im Europawahlkampf nicht in erster Linie mit einer Abgrenzung zur Ampel aufzutreten, sondern mit eigenen Ideen. Als zentrale Themen sieht Weber neben der Migration die Erhaltung des Wohlstands in Europa und die Sicherung des Friedens. Er forderte in dem Zusammenhang erneut eine europäische Armee.

Ziel der CSU für die Europawahl ist, die aktuell sechs Sitze im Parlament zu verteidigen. Auf die Listenplätze hinter Weber wurden die Europaabgeordneten Angelika Niebler, Christian Doleschal, Monika Hohlmeier und Markus Ferber sowie der Bauernverbandsfunktionär Stefan Köhler gewählt.

Der CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber
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Der CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber

Aiwanger: "Putzig"

Weber bekräftigte in seiner Rede, dass einzig die CSU eine starke Vertretung Bayerns in der EU gewährleiste. Es habe sich gezeigt, dass die Freien Wählern nicht die Kraft hätten, im Europäischen Parlament ihre Positionen umzusetzen. Bei der Europawahl sei auf den ersten Listenplätzen der Freien Wähler nur eine Bayerin: Wer FW wähle, wähle Kandidaten aus Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Hessen, aber "nicht Bayern".

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger reagierte im Kurznachrichtendienst X belustigt: "Es ist ja putzig, wie sich CSU an Freien Wählern abarbeitet und uns vorwirft, dass Freie Wähler im Gegensatz zur ihnen Bundespartei sind. Ja, Gottseidank!"

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