Protestierende Menschen sind zu sehen. Neben ihnen stehen Traktoren.
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Rund 300 Menschen haben in Hirschaid am Rande einer Grünen-Veranstaltung protestiert. Bamberger Akteure verurteilen die Einschüchterungsversuche.

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Protest in Hirschaid: Stellungnahme für Demokratie ohne die CSU

Nach Protesten bei einer Grünen-Veranstaltung in Hirschaid in Oberfranken positionieren sich zahlreiche Akteure in Bamberg in einer Stellungnahme: Sie verurteilen die zunehmende Aggression. Nicht unter den Unterzeichnern des Papiers ist die CSU.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Nachdem bei Protesten gegen eine Versammlung der Grünen in Hirschaid am vergangenen Mittwoch die Polizei eingreifen musste, haben sich zahlreiche Akteure in Bamberg klar gegen gewalttätige Auseinandersetzungen positioniert. In einem Schreiben, das dem BR vorliegt, heißt es, man sei betroffen von der massiven Störung, den Einschüchterungsversuchen und der offen zutage getragenen Aggression der Protestierenden bei der Jahreshauptversammlung der Grünen im Bamberger Land.

"Protestaktionen dürfen nicht instrumentalisiert werden"

Unter Federführung des Bündnisses Buntes Bamberg verurteilten die Unterzeichner des Papiers die zunehmenden Aggressionen sowie Gewalt und Gewaltandrohungen aufs Schärfste. Protestaktionen und Meinungsäußerungen seien zwar Teil des demokratischen Prozesses, dürften aber nicht von populistischen und rechtsradikalen Kräften instrumentalisiert werden, heißt es.

Gemeinsam wolle man sich einsetzen für Demokratie und gegen Rassismus, Diskriminierung, Radikalisierung und antidemokratische Bestrebungen. Unterzeichnet haben diese Stellungnahme fast alle Fraktionen im Bamberger Stadtrat, dazu Parteien, Parteijugendorganisationen sowie viele Bündnisse, Vereine, Gewerkschaften, Kirchen und Verbände.

Eine Liste aller Unterzeichner gibt es auf der Facebook-Seite von Buntes Bamberg.

CSU nicht unter den Unterzeichnern der Stellungnahme

Nicht unter den Unterzeichnern ist – neben der AfD – allerdings die CSU. Dort heißt es auf Nachfrage von BR24, man stehe ganz klar zu einem friedlichen Meinungsaustausch. Ein auch für die Bamberger CSU "tragbarer Kompromiss" wäre es gewesen, eine generelle Stellungnahme zu verfassen, in der jeglichem Extremismus und Radikalismus eine Absage erteilt wird. Der Vorfall in Hirschaid hätte demnach nicht im Mittelpunkt der Stellungnahme stehen sollen.

Auf die Anmerkung der CSU sei allerdings nicht reagiert worden. Begründet hätten das die Initiatoren mit "zu hohem Aufwand". Gleichzeitig sei der Text an anderen Stellen sehr wohl noch verändert worden. Das zeige, dass eine Mitwirkung von CSU und JU "nur bedingt gewollt war und ist". So beschreiben die Vorsitzenden von CSU und Junger Union in Bamberg Stadt, Gerhard Seitz und Annamarie Bauer, das Problem.

Seitz und Bauer warnen: Sobald eine Partei oder Gruppierung ihren moralischen Vorstellungen mehr Wert einräume als anderen, zögen die demokratischen Kräfte nicht mehr an einem Strang, was sie sich in dieser Sache allerdings nicht leisten könnten. Man werde aber selbstverständlich an den nächsten Treffen des Bündnisses Buntes Bamberg wieder teilnehmen.

Anja Simon, Sprecherin von Buntes Bamberg, bedauert, dass die CSU die Stellungnahme nicht mitträgt. Zur Erklärung sagt sie: Die Vertreter der CSU hätten am Tag des Bündnis-Treffens aufgrund weiterer Verpflichtungen früher gehen müssen. Der von den verbliebenen Teilnehmern abgestimmte Text hätten im Nachgang des Treffens nur noch schwer verändert werden können.

Proteste in Hirschaid: Grüne setzten mehrere Notrufe ab

Rund 300 Menschen hatten vergangenen Mittwoch im Rahmen einer Veranstaltung der Grünen in Hirschaid im Landkreis Bamberg protestiert. Die Proteste seien so heftig gewesen sein, dass anwesende Mitglieder der Partei "extreme Angst" gehabt hätten. Wegen Sicherheitsbedenken hätten sie die Veranstaltung dann abgebrochen.

Tim-Luca Rosenheimer, der Kreisvorsitzende im Landkreis Bamberg, hatte im Verlauf des Abends immer wieder Notrufe abgesetzt: Aus seiner Sicht sei die Polizei bei der unangemeldeten Demonstration mit zu wenig Einsatzkräften vor Ort gewesen sei. Unter Polizeischutz seien die Parteimitglieder der Grünen dann durch die Menge der Protestierenden geführt worden. Dabei seien die Grünen-Mitglieder angeschrien und beleidigt worden, so Rosenheimer.

CSU: Große Mehrheit der Bevölkerung lehnt Kurs der Ampel ab

Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der CSU Kreisverband Bamberg-Land zu den Vorfällen in Hirschaid geäußert. In dem Schreiben hatte es geheißen, man lehne "grundsätzlich jegliche Art von Gewalt oder Bedrohung sowie jedes Agieren außerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens mit Nachdruck ab".

Allerdings verfolge die Ampelkoalition einen Kurs, der Wohlstandsverluste gezielt in Kauf nehme und besonders die Menschen im ländlichen Raum benachteilige, heißt es in dem Schreiben. Die große Mehrheit der Bevölkerung lehne den Kurs der Ampel ab. Und wörtlich: "Die fehlende Bereitschaft der Koalitionsparteien zur Selbstkorrektur vertieft die Spaltung unserer Gesellschaft."

Badum: CSU betreibt "Täter-Opfer-Umkehr"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Montag den Grünen sogar eine Mitschuld an den Vorfällen wie in Hirschaid attestiert. Nach einer Vorstandssitzung in München, sprach Söder von "sehr viel Mimosenhaftigkeit" bei den Grünen und davon, dass "ein bisschen mehr Standhaftigkeit" der Partei nicht schaden würde. Viele Menschen seien schlichtweg empört über die Grünen. "Die Grünen sind der ideologische Kern der Ampel und machen vieles schlechter und nicht besser", so der bayerische Ministerpräsident.

Die Bundestagsabgeordnete der Bamberger Grünen, Lisa Badum, unterstellte der CSU daraufhin eine "halbherzige Distanzierung" von den Vorfällen und eine "Täter-Opfer-Umkehr". Söder und die CSU würden das Feuer weiter anheizen, "anstatt zu verurteilen, dass engagierte Menschen in Bayern an der Ausübung ihres Ehrenamts gehindert werden und bei Parteiversammlungen bedroht und beschimpft werden". Söder werde seiner Verantwortung als Ministerpräsident für alle Menschen in Bayern in keinster Weise gerecht. Badum weiter: "Anders als Söder haben die bedrohten Ehrenamtlichen keinen dauerhaften Personenschutz."

Auch der CSU-Kreisverband Bamberg-Land komme schließlich in seiner Kommentierung zu Hirschaid nicht ohne erneute Vorwürfe aus, so die Abgeordnete.

Buntes Bamberg: Hoffen auf konstruktiven Austausch

Anja Simon, die Sprecherin von Buntes Bamberg, hofft unterdessen, dass sich die Wogen bald wieder glätten. Man hoffe weiterhin, alle demokratischen Parteien, auch die CSU, an einen Tisch zu bringen, um zusammen nach einer konstruktiven Strategie für Demokratie und Respekt zu streben, die nur gemeinsam gelingen könne. Durch Schuldzuweisungen zu entzweien, sei hingegen das Ziel derer, die die Proteste gegen die Regierungspolitik zu instrumentalisieren und zu eskalieren versuchten.

Im Video: Grüne müssen Veranstaltung abbrechen

Menschen und Traktoren auf einer Demo.
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Protestierende in Hirschaid haben sich gegen eine Veranstaltung der Grünen ausgesprochen.

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