Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder (CSU, links) im Sommerinterview mit dem stellvertretenden Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Matthias Deiß.
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU, links) im Sommerinterview mit dem stellvertretenden Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Matthias Deiß.

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Markus Söder: "Wir sind energiepolitische Geisterfahrer"

Im ARD-Sommerinterview hat Bayerns Ministerpräsident erneut eine Rückkehr zur Atomkraft gefordert. Söder sprach außerdem über ein "Sofortprogramm" für die Wirtschaft, den Umgang mit der AfD, und er sagte, wann die Union die K-Frage klären sollte.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Tonfall hat sich ein wenig geändert. Ob zu Energie, Klima oder Migration - seit Monaten arbeiten sich CSU-Chef Markus Söder und die bayerische Staatsregierung an der Politik der Ampel ab. Im ARD-Sommerinterview am Sonntag in Berlin sagte Söder nun, nur mit Frust über den Bund zu reden, sei zu wenig. Es gelte, eigene Ideen aufzuzeigen "und nicht nur zu sagen, was die Ampel falsch macht". Für die CSU im bayerischen Landtagswahlkampf heiße das: "Lösungen anbieten, anstatt nur diese Systemverdrossenheit zu bedienen." Das betonte Söder im Laufe des Gesprächs mehrmals.

Inflation sowie hohe Lebensmittel- und Energiepreise seien eine Belastung für die Bevölkerung. Deshalb forderte Söder eine "breite Entlastung" für Familien, Mittelstand und Handwerk. Zwei Vorschläge: Stromsteuer und Netzentgelte ab Anfang Oktober senken und außerdem die Erbschaftssteuer auf das Elternhaus abschaffen.

Söder: Keine Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel

Beide Ideen sind Teil eines "Sofortprogramms", mit dem CDU und CSU die Wirtschaft stärken wollen. Über das Fünf-Punkte-Papier der Union hatte am Wochenende zunächst die "Bild am Sonntag" berichtet. Darüber hinaus forderte der CSU-Chef im ARD-Interview erneut, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu streichen. Das koste nicht zu viel Geld und sei ein wichtiger sozialer Aspekt. Dennoch ist die Mehrwertsteuersenkung nicht Teil des Unionspapiers.

Einen sogenannten "Industriestrompreis", wie ihn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) vorgeschlagen hatte, lehnt Söder ab. Habeck denke nur an einige Großindustrien, blende aber Mittelstand, Handwerk und "die normale Bevölkerung" aus, so Söder. "Ich finde sowieso, dass wir einen engagierten Klima-, aber einen fehlenden Wirtschaftsminister haben", kritisierte er Habeck, der beide Posten vereint.

Kernkraftwerke nach gewonnener Bundestagswahl reaktivieren?

Was die Energieversorgung angeht, sieht Söder Deutschland auf dem falschen Weg. Die ganze Welt setze darauf, Kernkraft in der aktuellen Krise zu behalten. "Wir sind energiepolitische Geisterfahrer." Der deutsche Ausstieg sei ein "fundamentaler Fehler". Man müsse "Erneuerbare ausbauen ohne Ende. Aber für die Überbrückung brauchen wir mehr." Eine Chance, den Ausstieg rückgängig zu machen, könnte sich für die Union nach der nächsten Bundestagswahl bieten. Er wolle den Rückbau des Kernkraftwerks Isar II nicht verzögern, sagte Söder. Aber: "Wir werden ab 2025 versuchen, wenn die Energiekrise dann noch da ist, eine Reaktivierung zu machen."

Kritik, dass seine Regierung den Ausbau der Windenergie in Bayern blockiert habe, wies Söder zurück. Der Freistaat liege bei der installierten Leistung Erneuerbarer Energien auf Platz eins. Tatsächlich gilt das in absoluten Zahlen, nicht aber auf die Fläche gerechnet. Jetzt soll die Windkraft nachziehen. In der abgelaufenen Legislatur hatte der Landtag beschlossen, die 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen zu lockern. "Die substanzielle Änderung ist, dass wir den Wald öffnen", sagte Söder. Bayern verfüge über fast 40 Prozent Waldfläche, so entstünden Chancen auf größere Windparks. Dass in diesem Jahr erst drei Anlagen im Freistaat genehmigt wurden, liege an bisher langen Genehmigungsverfahren, diese seien nun "verkürzt worden".

Söder: "Kooperation mit AfD kommt, egal wo, nicht infrage"

Im Sommerinterview sprach Söder auch über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD. "Eine Kooperation mit der AfD kommt, egal wo, nicht infrage." Vor zwei Wochen hatte CDU-Chef Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview eine Kooperation der Union mit der AfD auf Bundes- und Landesebene zwar ausgeschlossen, auf kommunaler Ebene aber für einen pragmatischen Umgang plädiert. Söder bezeichnete die Aussage intern als "Fehler", Merz relativierte seine Einlassung später.

"Die AfD ist keine konservative Kraft", sagte Söder am Sonntag, "die AfD ist eine radikale Kraft". Deren Zustimmungswerte seien zuletzt stark gestiegen, weil Leute in Sorge seien, "dass das System nicht mehr funktionieren könnte". Deshalb müsse die Union tun, was sie am besten könne: Stabilität und Sicherheit vermitteln. CDU und CSU müssten geschlossen auftreten, innerparteiliche Diskussionen hält der CSU-Chef für falsch. Trotz schwacher Umfragewerte für Merz, mit Blick auf eine Kanzlerkandidatur, sieht Söder ihn nicht nachhaltig beschädigt.

K-Frage der Union: Entscheidung erst nach Landtagswahlen 2024

Was die Entscheidung der Union über die K-Frage angeht, sprach sich Söder dafür aus, die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst 2024 abzuwarten: "Der früheste Zeitpunkt kann eigentlich erst nach den Landtagswahlen in den neuen Ländern nächstes Jahr sein - auch nicht, wie ich jetzt höre, schon nach der Europawahl." Dann würden CDU und CSU gemeinsam einen Vorschlag machen, der "hoffentlich im Vergleich zu 2021 die besten Chancen auf Erfolg bietet".

Eine erneute eigene Bewerbung als Kanzlerkandidat schloss Söder aus. "Es gab einmal dieses Zeitfenster, da habe ich ein Angebot gemacht", sagte der bayerische Ministerpräsident. Die CDU-Basis sei offen gewesen, die CDU-Spitze habe sehr vehement gesagt, dass "ein CSUler" nicht infrage komme. "Ich helfe sicherlich mit aus Bayern, dass dieses Deutschland wieder in Fahrt kommt", so Söder: "Aber nicht als Kanzler." Wie stark seine Position innerhalb der Union künftig sein wird, dürfte maßgeblich vom Abschneiden der CSU bei der Landtagswahl am 8. Oktober abhängen.

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