Martin Hagen, FDP-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, am 27. September 2023 in der BR24 Wahlarena in Hawangen
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Martin Hagen, FDP-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, am 27. September 2023 in der BR24 Wahlarena in Hawangen

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Kämpfen, hoffen, zittern – die FDP kurz vor der Landtagswahl

Ursprünglich wollte Bayerns FDP im Wahlkampf über die Bildungspolitik im Freistaat sprechen. Doch es dominieren andere Themen – und Spitzenkandidat Martin Hagen kämpft in der BR24 Wahlarena, damit seine Partei im Parlament bleibt. Eine Analyse.

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Als sich die BR24 Wahlarena in Hawangen schon langsam ihrem Ende zuneigt, freut sich Martin Hagen irgendwann sichtlich. "Eine hervorragende Frage", sagt der FDP-Spitzenkandidat für die bayerische Landtagswahl am 8. Oktober. "Die Antwort lautet: Weil die FDP nicht an der Regierung ist."

Die Zuschauerfrage, die Hagen so gefällt: Warum werden in Bayern die Geschäfte immer noch um 20 Uhr geschlossen? Der FDP-Politiker erklärt, warum sich die Liberalen in diesem Punkt von anderen abheben: "Wir sind die einzige Partei im Landtag, die für eine Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes ist." Er würde die Entscheidung, wie lange ein Geschäft geöffnet ist, gerne den Händlerinnen und Händlern überlassen. Das werde sicher "von Ort zu Ort unterschiedlich sein".

Migration, Ukraine-Krieg, Atomausstieg

Aber klar: Die Ladenöffnungszeiten im Freistaat Bayern dominieren den Landtagswahlkampf nicht. Streng genommen sind sie nicht mal ein Randthema. Stattdessen werfen die großen Fragen dieser Zeit ihren Schatten über Bayern, auch wenn sie oft auf Bundes- oder EU-Ebene entschieden werden: Migration, der Umgang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, der deutsche Atomausstieg.

Auffällig ist, dass Landtagswahl-Spitzenkandidat Martin Hagen in der BR24 Wahlarena weitgehend Fragen gestellt bekommt, die wenig mit Landespolitik zu tun haben. Es ist ein bunter Strauß an Themen: Tempolimit, die Finanzierung der gesetzlichen Rente, Regeln für Apotheken, Bürgergeld. Auch nach seiner Position zur Organspende wird Hagen gefragt – und plädiert dafür, dass alle Menschen mehrmals in ihrem Leben aktiv gefragt werden, ob sie einen Spenderausweis wollen. Allerdings: Nichts aus dem bunten Strauß wird im Bayerischen Landtag entschieden.

FDP wollte Bildungs-Wahlkampf – es kam anders

Als die Liberalen die Weichen für den Landtagswahlkampf stellten, bei einem Parteitag im März, hatten sie grob gesagt folgenden Plan: 1. Über Landespolitik sprechen, besonders über den Reformbedarf im Schulsystem. 2. Erfolge der FDP in der Bundesregierung herausstellen – und eine Gegenerzählung zur Ampel-Dauerkritik der CSU hinkriegen. 3. In Bayern zwar die Bilanz der CSU-geführten Staatsregierung kritisieren, aber gleichzeitig anschlussfähig an die Christsozialen bleiben.

Aber wie es oft ist im Leben und in der Politik: Es kam dann doch alles anders. Dass an Bayerns Schulen und in Bayerns Klassenzimmern Handlungsbedarf besteht, von der Ausstattung bis zur Zahl der Lehrkräfte – da sind sich die meisten im Freistaat einig. Dass die FDP eine weitreichende Bildungsreform anbietet, mit einer leistungsorientierten Lehrer-Bezahlung und viel mehr Entscheidungsfreiheiten für die einzelnen Schulen? Dringt kaum durch.

Die Ampel-Beteiligung: mehr Mühlstein als Motor

Auch die Ampel-Beteiligung ist für Bayerns Liberale mehr Mühlstein als Motor. Zwar wird Hagen in der BR24 Wahlarena nicht nach dem Heizungsgesetz und anderen oft kritisch gesehenen Ampel-Entscheidungen gefragt. Trotzdem ist aus der Partei zu hören, dass die Ampel bei vielen bayerischen FDP-Anhängern unbeliebt sei und man in Gesprächen oft in eine Verteidigungsposition gerate. Abzuwarten bleibt, ob Christian Lindner vor diesem Hintergrund im Wahlkampf wirklich hilft – der Parteivorsitzende und Bundesfinanzminister hat noch mehrere Auftritte im Freistaat.

Im Wahlkampf-Endspurt setzen die Liberalen besonders auf die ihnen zugeschrieben Wirtschaftskompetenz. Sie wollen sich als besseren CSU-Koalitionspartner präsentieren, als Alternative zu den Freien Wählern, die mit Hubert Aiwanger aus FDP-Sicht das Wirtschaftsministerium unter Wert besetzen. Auch in der BR24 Wahlarena attackiert Hagen Aiwanger, wirft ihm etwa bei der Debatte ums Bürgergeld und das Sich-Lohnen von Arbeit Lügen vor. Aber die FDP hat ein Problem: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht auf die Avancen bisher nicht ein – und will das Bündnis mit den Freien Wählern fortsetzen.

Drei Prozent im BayernTrend – es wird sehr knapp

Angesichts von drei Prozent im jüngsten BR24 BayernTrend dürfte es am Wahlabend sehr knapp für die FDP werden. Hagen hofft darauf, viele unentschlossene Wählerinnen und Wähler noch überzeugen zu können. Er kämpft auf allen Bühnen, im Fernsehen und in den sozialen Netzwerken, bei Auftritten in ganz Bayern. Und trotzdem: Zwei von drei Menschen in Bayern kennen ihn nicht oder wollen im BayernTrend seine Arbeit nicht bewerten.

Nach der Wahlarena, als die TV-Kameras schon ausgeschaltet sind, beantwortet der FDP-Spitzenkandidat noch die Fragen weiterer Zuschauer. Und immerhin da geht es nochmal um Kinder und ihre Bildungschancen. "Wir brauchen mehr individuelle Förderung, wir brauchen mehr Ganztagsangebote", sagt Hagen. Bei diesen Themen gehöre Bayern leider zu den Schlusslichtern.

Die BR24 Wahlarenen

An drei Abenden finden sechs einzelne Wahlarenen in der Länge von jeweils 30 Minuten statt. Das Konzept der BR24 Wahlarenen ist angelehnt an die Sendung "jetzt red i", ein Sendeformat des BR, in dem Bürgerinnen und Bürger live vor Ort mit verantwortlichen Politikerinnen und Politikern über aktuelle Themen diskutieren. Es moderieren Franziska Eder und Christian Nitsche, Helene Reiner greift die Fragen aus dem Netz auf.

Bei jeder der drei Sendungen haben etwa 90 Studiogäste die Möglichkeit zur Teilnahme. Um den speziellen Anforderungen der Wahlsendungen gerecht zu werden, soll das Publikum in seiner Zusammensetzung die ganze Breite der bayerischen Bevölkerung widerspiegeln – die Auswahl des Publikums besorgt jeweils das Institut Infratest dimap.

Die weiteren BR24 Wahlarenen, in denen sich die Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien den Fragen von Bürgern stellen, fanden bereits statt: Am 13. September waren Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Grüne) zu Gast in der Wahlarena, am 20. September Katrin Ebner-Steiner (AfD) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Am 27. September waren Martin Hagen (FDP) und Florian von Brunn (SPD) dabei.

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