Der Ausdruck einer Notausgang-Grafik vor dem Kühlturm auf dem Gelände der Kernkraftwerke Isar 1 und 2 nahe Essenbach bei Landshut
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Der Ausdruck einer Notausgang-Grafik vor dem Kühlturm auf dem Gelände der Kernkraftwerke Isar 1 und 2 nahe Essenbach bei Landshut

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Glauber zu Isar 2: Schicken einen Kerngesunden in den Ruhestand

Die Tage des Atomkraftwerks Isar 2 bei Landshut sind gezählt: Im April wird die Anlage abgeschaltet. Eine Entscheidung, die Umweltminister Glauber nicht nachvollziehen kann. Auch beim Betreiber mischen sich Wehmut, Stolz, Ärger und Enttäuschung.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Nach 35 Betriebsjahren geht das Kernkraftwerk Isar 2 in Essenbach bei Landshut zum 15. April vom Netz. Eine Entscheidung der Bundesregierung, die Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) nicht versteht: Die Anlage sei in einem technisch einwandfreien Zustand, sagte er am Mittwoch bei einem Besuch.

Glauber kritisiert baldigen Atomausstieg scharf

"Eine Ära geht zu Ende – für die Region Landshut und das Kernkraftwerk Isar 2, genauso wie für die gesamte Bundesrepublik." Mit diesen Worten eröffnete der Geschäftsführer der Betreiberfirma von Isar 2, Guido Knott, die Abschlusspressekonferenz vor dem Atomausstieg, gemeinsam mit Umweltminister Glauber.

Glauber kritisierte dabei die Entscheidung der Ampel-Koalition, in der gegenwärtigen Energiekrise nur bis Mitte April an der Kernenergie festzuhalten, scharf: "Wir hätten eine kluge Entscheidung treffen können. Die Bundesregierung hat eine andere getroffen."

Die Antwort dürfe nicht sein, Kohle vermehrt zu verstromen und gleichzeitig "aus der CO2-freien Produktion mit den Atomkraftwerken auszusteigen". Gemeint sind damit vor allem die 19 Kohlekraftwerke, die in Deutschland seit Herbst des vergangenen Jahres wieder hochgefahren wurden.

"Wir werfen Kohlekraftwerke wieder an, betteln bei den Saudis um Gas und steigen gleichzeitig aus der Kernenergie aus. Wir schicken einen kerngesunden 50-Jährigen in den Ruhestand." Umweltminister Thorsten Glauber
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Abschlusspressekonferenz vor dem Atomausstieg mit Umweltminister Thorsten Glauber (mi.)

AKW-Leiter: Sicherheit immer an erster Stelle

Das Umweltministerium ist zugleich die zuständige Aufsichtsbehörde für das letzte noch aktive Kernkraftwerk Bayerns. Sie wurde durchschnittlich drei Mal im Jahr über meldepflichtige Ereignisse informiert. Nicht einmal sei aber ein sogenannter Störfall darunter gewesen, erklärte Kraftwerksleiter Carsten Müller.

Die Sicherheit der Anlage stehe immer an erster Stelle. Das Kernkraftwerk werde laufend überprüft und gewartet: "Wer von einer Hochrisikotechnologie spricht, hat die Sicherheitspolitik in Deutschland nicht verstanden", erklärte Müller. Für ihn sei es eine "kleine Genugtuung, zu sehen, dass die Aussagen der Kernkraftkritiker Lügen gestraft wurden". Aussagen, so Müller, die die öffentliche Wahrnehmung stark geprägt hätten.

Freundschaften an Atomkraft zerbrochen

"Der Begriff der Hochrisikotechnologie suggeriert etwas Falsches. Es wird etwas als gefährlich und verantwortungslos stigmatisiert", erklärte der Geschäftsführer der Betreiberfirma Preussen Elektra, Guido Knott. "Jeder von uns wurde im Privaten genötigt, sich erklären zu müssen." Freundschaften seien zerbrochen, die Lebensleistung der Belegschaft werde nicht gewürdigt. "Wir wissen, was wir tun. Und schon alleine aus Eigenschutz heraus würden wir niemals riskante Schritte vornehmen", so Knott.

Rückbau des Kraftwerks im kommenden Jahr

Für die Belegschaft geht es nach der Abschaltung von Isar 2 mit dem Rückbau weiter. Derzeit laufen die Vorbereitungen und voraussichtlich 2024 soll der Rückbau dann beginnen, erklärte Umweltminister Glauber. Sein Ministerium werde auch diesen Prozess begleiten, dabei werde "dasselbe Sicherheitslevel eingehalten, wie auch schon im Leistungsbetrieb". Sobald irreversible technische Eingriffe vorgenommen werden, gebe es kein Zurück mehr.

Roter Knopf wird am 15. April gedrückt

Am 15. April soll die Leistung von Isar 2 ab 22 Uhr um zehn Megawatt pro Minute reduziert werden. Rund eine halbe Stunde vor Mitternacht würde dann kein Strom mehr ins Netz fließen. Nach erfolgter Netztrennung soll dann auch der Reaktor heruntergefahren werden. "Dann wird der berühmte rote Knopf gedrückt", so Kraftwerksleiter Carsten Müller. "Wir sind dann kein Stromlieferant mehr, sondern Bezieher."

Ein Leben nach dem Atomkraftwerk

Eine "Trauerhilfe" werde es nicht brauchen, so der Chef von Preussen Elektra, Guido Knott: "Es gibt ein Leben danach." Einzelne Teile des Kernkraftwerks werden künftig als Exponate im Landshuter Stadtmuseum zu finden sein, vielleicht auch im Deutschen Museum. In rund 20 Jahren werde am jetzigen Standort des Kernkraftwerks nichts mehr zu sehen sein, so Knott. "Der Schlusspunkt wird kommen. Und dann muss auch mal Platz für etwas Neues sein."

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