Künftige DB-Stewardessen aus der Ukraine im ICE-Bordbistro.
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Künftige DB-Stewardessen aus der Ukraine im ICE-Bordbistro.

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Ukrainische Frauen starten bei Deutscher Bahn neu durch

Sie sind vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen und wollen jetzt in München neu durchstarten: Neun Frauen aus der Ukraine machen bei der Deutschen Bahn eine Ausbildung zu ICE-Stewardessen. Das Pilotprojekt soll Schule machen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Bei der Deutschen Bahn gibt es jetzt zum ersten Mal eine Ausbildungsklasse mit Geflüchteten aus der Ukraine. Diese werden in München zu Stewardessen für den Bordservice ausgebildet. Noch ist es ein Pilotprojekt, aber die DB plant schon weiter.

Von der Bankkauffrau zur Stewardess

Yuliia Anpilohova war in ihrer Heimat Bankangestellte. Auf der Flucht ist sie dann bei einer deutschen Familie untergekommen, die selbst bei der Deutschen Bahn arbeitet. So habe sie von dem "tollen Projekt" erfahren und sich ebenfalls bei der DB beworben, erzählt die 36-Jährige. Sie ist überzeugt, dass der neue Job genau das Richtige für sie ist: "Ich helfe gerne Leuten, und ich reise gerne."

Chef: "Große Einsatzbereitschaft"

Dass das passt, findet auch Lutz Wiedhop, der in den DB-Regionen Süd und Ost für den Bordservice im Fernverkehr zuständig ist und die Ausbildungsklasse jetzt offiziell am Münchner Hauptbahnhof begrüßt hat. "Schon in wenigen Wochen werden Sie quer durch die Lande fahren", sagt er an Yuliia Anpilohova und ihre Klassenkameradinnen gewandt. Wiedhop bescheinigt ihnen "große Begeisterung und Einsatzbereitschaft" und ist zuversichtlich, dass keine der neun Frauen an der Abschlussprüfung scheitern wird.

Sprachkurse und Bordausbildung

Einen sechsmonatigen Sprachkurs haben sie schon hinter sich, ebenso einen dreiwöchigen Intensivkurs speziell mit Bahnbegriffen - zum Beispiel "Schaltschrankanzeige", "Wagenbedientafel" oder "Prellbock". Die Bahn hat ihre Lernangebot an die Bedürfnisse der Schülerinnen angepasst. Für die jetzt anstehende Ausbildung an Bord der Züge sind auch sechs statt der üblichen drei Wochen einkalkuliert. Damit die künftigen Stewardessen "noch tiefer eintauchen" und alles noch einmal gut "verinnerlichen" können, wie Wiedhop sagt.

Neustart in schwieriger Lage

Die jüngste Frau ist 19 Jahre alt, die älteste ist Mitte 50. Eine war bereits Zugbegleiterin bei der ukrainischen Eisenbahn. Die anderen haben in ihrer Heimat etwa als Reisekauffrau, Englischlehrerin oder Barkeeperin gearbeitet. Jetzt stehen sie vor einem "beruflichen Neustart mit schwierigem Hintergrund", wie Kerstin Wagner es ausdrückt.

"Gefühls-Wirrwarr" und viel Vorfreude

Sie leitet bei der Deutschen Bahn die "Personalgewinnung“ und spricht angesichts der neuen Kolleginnen von einem "Gefühls-Wirrwarr". Man fühle Trauer und Fassungslosigkeit angesichts des Krieges, aber auch Freude und Dankbarkeit dafür, "dass wir Chancengeberin sein dürfen". Und man freut sich bei der DB über die personelle Verstärkung.

Den Frauen ist die Vorfreude ebenfalls anzumerken. Alle strahlen beim Pressetermin und anschließend in einem ICE, der gerade am Hauptbahnhof Halt macht. Die angehenden Stewardessen bekommen bei der Gelegenheit eine Führung durch das Bordbistro – ihren künftigen Arbeitsplatz, an dem sie den Fahrgästen auf der Reise "angenehme Emotionen vermitteln" wollen, wie Ilona Lazorsyshna es ausdrückt."

Pilotprojekt mit Fortsetzung

Hier habe sie "gute Chancen für die Zukunft", ist Yuliia Sokolianski überzeugt, der an ihrer neuen Arbeit schon jetzt "alles gefällt". Das Pilotprojekt soll Schule machen. Bei der Deutschen Bahn laufen bereits Vorbereitungen für weitere ukrainische Ausbildungsklassen in anderen Bundesländern. In Hessen und Sachsen sollen Sprachkurse für künftige Fahrdienstleiter und Lokführerinnen stattfinden.

Bundesweit hat die DB bisher 75 Geflüchtete aus der Ukraine eingestellt, weitere 75 stehen kurz davor. Aber auch sonst ist der Konzern ein internationales Unternehmen: Die 220.000 Mitarbeitenden kommen aus 100 Nationen.

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