Ein Mann dreht einen Joint.
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Experten warnen vor mehr Drogen-Konsum bei Jugendlichen

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Cannabis-Legalisierung: Warnung vor mehr Konsum bei Jugendlichen

Die Pläne, Cannabis zu legalisieren, stoßen in Niederbayern und der Oberpfalz auf gemischte Reaktionen. Geplant ist, Marihuana nur ab 18 Jahren und in geringen Mengen abzugeben. Experten warnen bereits jetzt vor den Auswirkungen auf junge Menschen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Cannabis im Geschäft kaufen wie Bier oder Wein? Das könnte bald Realität werden. Die Pläne des Bundeskabinetts zur Legalisierung von Cannabis stoßen in Niederbayern und der Oberpfalz aber auf gemischte Reaktionen. Besonders mit Blick auf den Jugendschutz gibt es Bedenken.

Eltern begrüßen mehr Kontrolle, befürchten aber mehr Konsum

Eine stichpunktartige Straßenumfrage in Regensburg unter Eltern hat ein gemischtes Bild ergeben. Einerseits sei die Legalisierung zu befürworten, da Jugendliche sowieso Cannabis konsumieren würden, sagt einer der Befragten. So sei es besser unter Kontrolle. Auch Alkohol sei frei zugänglich und hier gebe es bei Konsumenten viel mehr Probleme. Andere zeigten sich kritisch. Cannabis sei eine Einstiegsdroge, die womöglich zu noch härterem Drogenkonsum führen könne. "Dieses Cannabis macht den Kopf noch verrückter, als er eh schon ist", so ein Vater zum BR.

Drogen besonders für Junge schädlich

Tatsächlich könne Cannabis eine schädliche Wirkung haben, sagt Dr. Tanja Hochegger. Sie ist Chefärztin an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Landshut. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren seien massiv gefährdet. Hier könne früher Konsum von Cannabis zu wesentlichen psychiatrischen Störungen führen. "Gerade in der Adoleszenz laufen im Gehirn noch große Umbauvorgänge ab. Diese können vom Cannabiskonsum erheblich gestört werden." Zum Teil könnten sich dadurch akute Psychosen oder sogar Schizophrenie entwickeln. Solche Störungen seien auch schwierig zu therapieren.

Experten gehen davon aus, dass das Gehirn erst mit 25 Jahren nicht mehr so verletzlich sei. "Definitiv wäre es eine gute Überlegung, die Legalisierung in der Altersklasse nach hinten zu schieben", so Dr. Hochegger. Als Arzneimittel sei Cannabis bereits zugelassen, zum Beispiel bei der Krebstherapie oder auch bei Erkrankungen mit Muskelanspannungen oder im psychiatrischen Umfeld beim Tourette-Syndrom. Hier werde das THC auch bereits eingesetzt, dafür brauche es keine Legalisierung.

Zum Artikel: "Hirnschäden": Jugendärzte gegen Cannabis-Legalisierung

Jugendschutz noch unklar

In den vom Kabinett vorgelegten Eckpunkten könne man laut Dr. Hochegger noch nicht erkennen, wie der bessere Schutz für die Jugendlichen erfolgen kann. Man könne zwar besser die Inhaltsstoffe der abgegebenen Produkte kontrollieren. Es sei aber noch völlig unklar, wie verhindert werden soll, dass das Cannabis an Jüngere weitergegeben wird, so Hochegger. Durch die Legalisierung werde vermittelt, dass Cannabis harmlos sei. Dadurch werde das Thema Drogen enttabuisiert. Die Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Landshut geht davon aus, dass der Konsum zunehmen wird - sogar bei unter 14-Jährigen. Allein die Diskussion um die Legalisierung habe bereits zu einem deutlichen Konsumanstieg der 18- bis 25-Jährigen geführt. In Bayern gibt es nur vier Kliniken, die gezielte suchtmedizinische Angebote anbieten können. Hier sei der Ausbau noch nicht so erfolgt, wie er notwendig wäre, so Hochegger.

Lehrerverband rechnet mit mehr Konsum bei Jugendlichen

Manuel Sennert, Vorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands für den Bezirk Oberpfalz, geht ebenfalls davon aus, dass durch eine Legalisierung auch jüngere Schülerinnen und Schüler in Kontakt mit der Droge kommen. "Es ist ja auch beim Alkohol so, der ist ab 18 Jahren frei zu erwerben. Am Wochenende schicken dann Jugendliche Ältere vor, um Alkohol zu kaufen. Das kann dann jetzt mit Cannabis auch funktionieren." Alles was illegal ist, habe für Jugendliche einen besonderen Reiz. Das würde laut Sennert dann vermehrt zu Konsum führen. Sennert, der selbst Lehrer an der Max-Reger-Mittelschule in Weiden ist, kritisiert außerdem, dass die Aufklärungsarbeit und Suchtprävention an die Schulen abgeschoben werden soll. Zum Beispiel gebe es in der Mittelschule bereits seit Jahren in der achten Klasse entsprechende Projekte.

  • zum Artikel: Als der Freistaat Vorreiter beim Cannabis-Anbau war

Legalisierung von Cannabis

Das Bundeskabinett hat Eckpunkte zu einem Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis beschlossen. Ziel soll ein besserer Jugend- und Gesundheitsschutz sein. Laut den Plänen könnte künftig der Erwerb und Besitz von 20 bis 30 Gramm "Genuss-Cannabis" zum Eigenkonsum straffrei sein, und auch der private Eigenanbau könnte in begrenztem Umfang gestattet werden, etwa in Form von drei Hanfpflanzen. Der Verkauf von Cannabis soll in "lizenzierten Fachgeschäften" - Zutritt erst ab 18 - und eventuell in Apotheken ermöglicht werden. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben.

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