14.07.2023, Bayern, München: Ein Klimaaktivist hat sich mit Zement an einer Fahrbahn auf dem Münchner Karlsplatz (Stachus) fixiert. Die Polizei war dort am Freitag wegen einer Blockadeaktion der Gruppe Letzte Generation im Einsatz. Foto: Anna-Lena Reif/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Blockade von Klimaaktivisten in München

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"Letzte Generation" blockiert bundesweit Straßenverkehr

Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" haben am Freitag gegen die aus ihrer Sicht ungenügende Klimapolitik der Bundesregierung protestiert. Auch Bayern war betroffen: In München und Nürnberg legten Aktivisten am Morgen den Verkehr lahm.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Mitglieder der "Letzten Generation" störten nach den Flughafen-Blockaden vom Donnerstag am Freitag bundesweit den Straßenverkehr. Begründet wird dies mit dem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz der Bundesregierung für weniger klimaschädliche Treibhausgase, speziell im Verkehr.

Blockaden und Klebeaktionen in Nürnberg und München

Bei drei Protestaktionen in Nürnberg blockierten am Freitagmorgen 14 Klimaaktivisten der "Letzten Generation" im morgendlichen Berufsverkehr Fahrbahnen und klebten sich teils fest. Laut Polizei verliefen die Aktionen aber weitestgehend ruhig. Durch die Blockaden wurde der Straßenverkehr stundenlang behindert und beeinträchtigt. Die betroffenen Bereiche waren rund ums Opernhaus, am Frankenschnellweg und am Nürnberger Plärrer.

Von heute an gilt in Nürnberg eine Allgemeinverfügung der Stadt gegen solche oder ähnliche Aktionen. "Da hat die Stadt zum Ausdruck gebracht, dass sie die Art von Demonstration, Protest bis Ende Juli nicht wünscht. Das bedeutet, dass hier ein Bußgeldtatbestand erfüllt ist", so Bernd Groß, vom Polizeipräsidium Mittelfranken. Die Aktivisten wurden demnach von speziellen "Glue-On-Teams" der Polizei von der Fahrbahn entfernt und dann in Gewahrsam genommen.

Unfall auf dem Frankenschnellweg

Gegen 8.45 Uhr waren die Straßenblockaden der "Letzten Generation" in Nürnberg aufgelöst. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Polizei Mittelfranken gab es keine Verletzten, die Proteste seien ruhig verlaufen. Auf der A73 kam es im Stau infolge der Blockaden allerdings zu einem Unfall. Ein 31-Jähriger hatte nach Polizeiangaben wohl wegen mangelnder Aufmerksamkeit den Anhänger eines Lastwagens zu spät gesehen und wurde mit seinem Fahrzeug unter dem Anhänger eingeklemmt. Der Pkw-Fahrer wurde schwer verletzt in eine Klinik gebracht.

Die Nürnberger Kriminalpolizei hat die Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der Nötigung und im Hinblick auf den Unfall wegen gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr aufgenommen. In Nürnberg gilt seit heute eine Allgemeinverfügung gegen unangemeldete Festklebe-Aktionen von Klimaaktivisten. Wer sich dem widersetzt, muss mit Bußgeldern von bis zu 3.000 Euro rechnen.

Um Rettungskräfte bei ihrer Arbeit nicht zu behindern, geht die "Letzte Generation" folgendermaßen vor: Einer der Aktivisten blockiert zwar zusammen mit den anderen die Straße, klebt sich aber nicht fest. So soll dafür gesorgt werden, dass im Notfall eine Rettungsgasse gebildet und Feuerwehr oder Rettungswagen die Blockaden passieren können.

Im Video: Inside Klimaprotest - Wie tickt die "Letzte Generation"? "Kontrovers - Die Story"

Klebeaktion am Münchner Stachus: Einsatzkräfte meißeln Teer heraus

Am Münchner Stachus waren sechs Aktivisten am Freitag an einer Sitzblockade beteiligt, eine Unterstützerin habe sich spontan dazugesellt, berichtete BR-Polizeireporter Frank Jordan vor Ort. Der letzte Aktivist, der seine Hand mit Beton an der Straße festgeklebt hatte, konnte am Freitagmorgen gegen 8.45 Uhr von der Straße gelöst werden. Die Einsatzkräfte mussten dafür ein Stück des Teers herausmeißeln. Der Altstadtring war während des Protests weiträumig abgesperrt.

Scholz, Habeck und Wissing "auf der Straße"

Der Aktionstag gilt laut einer Mitteilung der Klimaaktivisten der Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD), Klimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Aktivisten setzten sich dazu bei ihren Blockaden Masken der Politiker auf und hielten ein Banner mit der Aufschrift "Wir brechen das Gesetz!"

In 26 Städten waren 36 Sitzblockaden geplant, darunter München, Nürnberg, Berlin, Braunschweig, Dresden, Freiburg, Leipzig, Potsdam und Ulm. Eine Sprecherin der Klimaaktivistengruppe begründete den Aktionstag folgendermaßen: "Wir stellen mit unserer friedlichen Sitzblockade heute die Frage: Über was sollten wir uns empören? Über eine Regierung, die ihre eigenen Gesetze bricht oder über friedlichen Protest von Bürger:innen, die diesen Gesetzesbruch nicht einfach so hinnehmen?" Nach Ansicht der Aktivisten bricht die Bundesregierung ihr eigenes Klimaschutzgesetz, weil das Verkehrsministerium um Minister Wissing kein Klimaschutzsofortprogramm auf den Weg bringt.

Nach Angaben der Letzten Generation konfrontierte deren Sprecherin Carla Hinrichs Bundeskanzler Scholz in Berlin auf offener Straße damit, dass die Regierung das Klimaschutzgesetz breche. Ein Video der Konfrontation teilte die Klimaschutzgruppe im Anschluss. Scholz verteidigte darin die Klimaschutzpolitik der Regierung. Deutschland werde im Jahr 2040 "CO2-neutral wirtschaften", was als "viertgrößte Volkswirtschaft der Welt" eine "große Last" sei, betonte Scholz demnach.

Verkehrsblockaden in Berlin, Dresden und Braunschweig

In Berlin blockierten die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" gleich mehrere Verkehrsknotenpunkte. Unter anderem protestierten mehr als ein Dutzend Aktivisten am Kreisverkehr rund um die Siegessäule, wie ein dpa-Reporter vor Ort beobachtete. Mehrere Menschen klebten sich dort auf die Fahrbahn und blockierten so die Hofjägerallee und die Straße des 17. Juni in Richtung Brandenburger Tor. Nach gut einer Stunde lief der Verkehr an der Siegessäule wieder wie gewohnt. Laut dpa-Reporter ließ die Polizei zunächst zwei Aktivisten auf dem Boden kleben, weil sie den Verkehr nicht beeinträchtigten.

In Dresden blockierten sechs Aktivisten die Washingtonstraße in Richtung Innenstadt, wie die Polizei mitteilte. Dabei klebten sich einige von ihnen auf die Straße. Im Norden Leipzigs blockierten Aktivisten die Bundesstraße 2. Beide Sitzblockaden wurden von der Polizei beendet.

Wieder Selbstjustiz: Klimaaktivistin in Bottrop verletzt

In Braunschweig blockierten Aktivisten im Berufsverkehr eine Straße in der Innenstadt. Kritik daran gab es aus der niedersächsischen Landesregierung. "Nach Ansicht des Ministerpräsidenten schadet das dem Klimaschutz", sagte eine Sprecherin von Stephan Weil (SPD). Der Klimaschutz sei eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe. "Wenn man dann weite Teile der Gesellschaft gegen sich aufbringt, ist das der Sache nicht dienlich."

Eine 18 Jahre alte Aktivistin der Gruppe Letzte Generation soll am Morgen bei einer Straßenblockade in Bottrop (Nordrhein-Westfalen) leicht verletzt worden sein. Ihren eigenen Angaben zufolge erlitt sie die Verletzung, als sie von einem Mann von der Straße gezogen worden sei, sagte eine Polizeisprecherin. Auf Videos in sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie Passanten Aktivisten an den Haaren von der Straße ziehen, sie beleidigen und ihnen mit Gewalt drohen. Zu einer Klebeaktion kam es demnach gar nicht erst. Der Verkehr war laut Polizei kurz erheblich beeinträchtigt. Zu Beginn der Woche war ein Aktivist in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) ebenfalls Opfer von Selbstjustiz geworden, als ihn ein Lastwagenfahrer mit seinem Lkw anfuhr.

Am Donnerstag hatten Aktivisten die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt, in dem sie die Zäune überwanden, auf die Rollfelder liefen und sich dort nahe den Start- und Landebahnen festklebten. In Hamburg wurde der Flugverkehr am ersten Ferientag für einige Stunden komplett eingestellt. In Düsseldorf wurden mehrere Flüge umgeleitet oder verspäteten sich.

Beitrag zum Hören: Klimaaktivisten blockieren Verkehr am Stachus

14.07.2023, Bayern, München: Ein Klimaaktivist hat sich mit Zement an einer Fahrbahn auf dem Münchner Karlsplatz (Stachus) fixiert. Die Polizei war dort am Freitag wegen einer Blockadeaktion der Gruppe Letzte Generation im Einsatz. Foto: Anna-Lena Reif/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Blockade von Klimaaktivisten in München

Mit Informationen von dpa und AFP

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