Qualm kommt am frühen Morgen aus einem Schornstein.
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Bei der Frage, welchen Anteil Deutschland am globalen CO2-Ausstoß hat, werden oft irreführende Zahlen verwendet.

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#Faktenfuchs: So viel CO₂ trägt Deutschland zum Klimawandel bei

0,000028 Prozent - so gering soll Deutschlands Anteil am CO₂ in der Luft sein. Die Rechnung ist falsch. Doch auch die richtige Zahl klingt wenig. Die Schlussfolgerung, dass Deutschland deshalb nichts gegen den Klimawandel tun kann, ist irreführend.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Darum geht’s:

    • Deutschlands Beitrag zum jährlichen Menschen-gemachten CO₂-Ausstoß beträgt laut Umweltbundesamt 1,8 Prozent.
    • In Klimawandel-skeptischen Kreisen wird behauptet, Deutschlands Beitrag zum CO₂ in der Luft betrage nur 0,000028 Prozent. Doch die Berechnung hinter der Zahl ist falsch - die Zahl selbst daher irreführend.
    • Experten sagen: Die Rechnung ist ein Versuch, die deutsche Verantwortung kleinzurechnen. Tatsächlich ist Deutschland sowohl bei den jährlichen als auch bei den historischen Gesamt-Emissionen unter den Top-Ten-CO₂-Verursachern.
    • Hier finden Sie alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel.

Im Jahr 2021 war Deutschland der siebtgrößte CO₂-Emittent weltweit. Auch mit seinem Pro-Kopf-Ausstoß liegt Deutschland weit über dem globalen Durchschnitt. Dennoch hält sich eine Behauptung hartnäckig in Klimawandel-skeptischen Kreisen: Deutschland produziere nur 0,000028 Prozent des weltweiten Kohlendioxids (CO₂) in der Luft.

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Auch auf der Demonstration in Erding gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung wurden irreführende Zahlen verbreitet.

Die Zahl fand sich etwa auf der umstrittenen Erdinger Demonstration gegen das Heizungsgesetz im Juni 2023: Dort hielt ein Teilnehmer (hier links im Bild) ein Schild hoch, auf dem stand: "Klima Abzocke. 0,000028% CO₂ Anteil Deutschland." Die hinter der genannten Zahl stehende Rechnung ist falsch (dazu gleich mehr). Aber selbst wenn man eine sinnvolle Berechnung heranzieht, klingt das Ergebnis zunächst nach wenig - Deutschland verursacht laut Umweltbundesamt jährlich etwa 1,8 Prozent des Menschen-gemachten CO₂ in der Luft.

Auch auf Twitter finden sich die 0,000028 Prozent. Damit verbunden wird - mal explizit, mal implizit - behauptet, dass Deutschlands CO₂-Beitrag so gering sei, dass Klimaschutz hierzulande eh nichts bringe - oder beschlossene Klimaschutzmaßnahmen überzogen seien. Experten zufolge ist das ein Versuch, die deutsche Verantwortung für den Klimaschutz kleinzurechnen. Sie sagen: Die Schlussfolgerung, dass Deutschland deshalb nichts gegen den Klimawandel tun könne oder müsse, sei irreführend.

Experten: Berechnung ist "sinnlos"

Doch blicken wir zunächst auf diese irreführende Zahl: Sie gibt nicht etwa Deutschlands Anteil am jährlich vom Menschen verursachten CO₂ wieder - die bereits erwähnten 1,8 Prozent. Sondern: Die 0,000028 Prozent setzen deutsche CO₂-Emissionen in Bezug zur Luft insgesamt.

Dieser Bezug sei "sinnlos", schreibt ein Sprecher des Umweltbundesamtes dem #Faktenfuchs: Denn die Luft besteht ohnehin nur zu einem sehr kleinen Teil aus CO₂ - zu 0,04 Prozent. Entsprechend gering ist also auch der deutsche Beitrag daran - was wiederum nicht heißt, dass dieser kleine Anteil wirkungslos wäre. Denn CO₂ ist ein Spurengas und auch schon in kleinen Mengen sehr wirksam.

Stefan Rahmstorf, der die Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung leitet, setzt der Behauptung, der CO₂-Anteil der Luft sei so gering, dass er ohnehin keine Wirkung haben könne, in einem Blog-Beitrag das folgende Argument entgegen: Wer so denke, der trinke bestimmt auch gerne einen Zyankali-Cocktail. Danach liegt der Zyankali-Anteil im Körper schließlich nur bei 0,001 Prozent. Wissenschaftlern zufolge sind allerdings schon drei Milligramm pro Kilo Körpergewicht tödlich - also 0,0003 Prozent.

  • Was genau Treibhausgase (wie Kohlendioxid) sind und wie der Treibhausgaseffekt funktioniert, lesen Sie hier:

CO₂-Umsatz der Natur ist klimaneutral

Auch die Natur selbst setzt CO₂ frei - nimmt dieses über sogenannte CO₂-Senken (etwa Bäume und Ozeane) aber auch wieder auf. Tatsächlich nimmt die Natur sogar mehr auf, als sie freisetzt. Dass sich der CO₂-Gehalt in der Luft in den letzten 250 Jahren stark erhöht hat, hängt daher allein mit dem Menschen zusammen - nur das "Zuviel", das von der Natur nicht absorbiert werden kann, ist für den Klimawandel relevant.

Wer den von Deutschland verursachten CO₂-Ausstoß als Anteil der Gesamtmenge der Luft berechnet, ignoriert, dass darin zu einem Zeitpunkt X immer auch "natürliches" CO₂ enthalten ist, das im Laufe des Jahres aber wieder absorbiert wird - für den Klimawandel also keinerlei Relevanz hat. So wirkt der deutsche Anteil also noch kleiner als er ist. Um zu zeigen, welchen Anteil Deutschlands CO₂-Ausstoß am Klimawandel hat, muss man also deutsche CO₂-Emissionen als Anteil des vom Menschen verursachten CO₂ berechnen, das jährlich in die Atmosphäre hinzukommt.

Bis zur Industrialisierung blieb der CO₂-Anteil in der Atmosphäre über Jahrtausende mit maximal 280 parts per Million ("ppm" - oder 280 Moleküle CO₂ pro eine Million Moleküle Luft) relativ stabil. Seit Beginn der Industrialisierung kommt CO₂ in großen Mengen hinzu - etwa durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle. Aktuellen Messungen zufolge liegt der CO₂-Wert in der Atmosphäre inzwischen bei 420 ppm. 140 ppm - etwa ein Drittel - sind laut Umweltbundesamt also vom Menschen verursacht. Der Mensch hat den natürlichen Kreislauf aus dem Gleichgewicht gebracht.

In der Grafik: Der CO2-Anstieg in den vergangenen 800.000 Jahren

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Der CO2-Anstieg in den vergangenen 800.000 Jahren.

Woher kommt die Zahl?

Versuche, die Verantwortung Deutschlands am Klimawandel kleinzurechnen, gibt es immer wieder. Schon vor knapp vier Jahren hat der #Faktenfuchs eine ganz ähnliche Rechnung überprüft, die mit etwas anderen Zahlen arbeitet. Eine ausführliche Erklärung dazu, warum jene Rechnung falsch ist, finden Sie hier.

Bei der irreführenden Zahl, die derzeit im Umlauf ist, ist nicht ganz klar, wer sie zuerst ins Spiel gebracht hat. Denkbar ist, dass jemand in die bereits kursierende Rechnung einfach aktuellere Werte eingesetzt hat. Auf Twitter findet sich die falsche Zahl jedenfalls schon Ende 2018.

Doch erst ab März 2023 häufen sich die Tweets, in denen die 0,000028 Prozent erwähnt werden. Im April dieses Jahr trug sie der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle (vormals AfD) dann im Bundestag vor. Ein Videomitschnitt der Rede wurde auf Youtube bis Mitte Juli 2023 mehr als 221.000 Mal gesehen.

Warum das Narrativ problematisch ist

Auch wenn man von der korrekten Zahl ausgeht - 1,8 Prozent oder gerundet zwei Prozent - klingt das zunächst nach wenig. So wenig, dass es naheliegend erscheinen mag, zu schlussfolgern, Deutschland könne ohnehin nichts ausrichten. Oder: dass die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen angesichts der geringen Verantwortung übertrieben seien.

Mehrere Experten, die der #Faktenfuchs dazu befragt hat, halten diese Schlussfolgerung für irreführend beziehungsweise falsch - etwa aus logischer, statistischer und rechtlicher Perspektive:

Logik: Ein Problem - viele Verantwortliche

Nur weil ein Problem von sehr vielen Menschen verursacht wird, heißt das im Umkehrschluss nicht, dass niemand Verantwortung dafür trägt. In der Psychologie ist das Problem auch als "Verantwortungsdiffusion" bekannt: Wenn ein Problem von vielen Beteiligten verursacht wird, "verringert sich automatisch die subjektiv wahrgenommene Verantwortlichkeit des Einzelnen", heißt es etwa im Lehrbuch "Sozialpsychologie für Bachelor". Das Gefühl mag emotional nachvollziehbar sein - logisch schlüssig ist die Haltung nicht. Wenn niemand ein Problem angeht, weil sich die Verantwortung auf viele Schultern verteilt, wird es nicht gelöst.

Das haben 2021 übrigens auch die höchsten deutschen Richter in einem vieldiskutierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum deutschen Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2019 so entschieden: Deutschlands Verantwortung, seinen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu leisten, bestehe unabhängig davon, ob andere Staaten das Problem mitverursacht haben.

Statistik: Knapp zwei Prozent sind nicht wenig

Hinzu kommt: Mit den knapp zwei Prozent, die es zum jährlichen CO₂-Ausstoß beiträgt, war Deutschland im Jahr 2021 der siebtgrößte Emittent der Welt. Und: Die deutsche Bevölkerung macht mit ihren rund 83 Millionen Einwohnern nur etwas mehr als ein Prozent der Weltbevölkerung aus (rund 8 Milliarden, Stand November 2022). Deutschland stößt also jährlich fast doppelt so viel CO₂ aus wie sein Anteil an der Weltbevölkerung beträgt.

Entsprechend hoch ist auch der deutsche Pro-Kopf-Ausstoß. Dieser liegt mit acht Tonnen CO₂ pro Person weit über dem weltweiten Durchschnitt von 4,7 Tonnen. In Pakistan etwa liegt der CO₂-Ausstoß pro Kopf bei rund einer Tonne - also etwa einem Achtel des deutschen Ausstoßes.

Deutschlands historischer Beitrag zum Klimawandel

Deutschlands Verantwortung für den Klimawandel lässt sich auch noch anhand einer anderen Zahl quantifizieren: den historischen Emissionen. Berechnungen zufolge ist Deutschland für etwa vier Prozent der Emissionen verantwortlich, die zwischen 1850 und 2021 insgesamt von Menschen ausgestoßen wurden. Laut der mehrmals für ihren Klima-Journalismus ausgezeichneten Webseite "CarbonBrief" lag Deutschland damit 2021 auf Platz sechs des historischen Rankings. In anderen Rankings landet Deutschland sogar auf Platz vier.

Johannes Wallacher, Umweltethiker und Präsident der Hochschule für Philosophie in München, sieht deshalb eine historische Verantwortung: "Die Staaten, die in der Vergangenheit sehr hohe Treibhausgasemissionen haben, sind auch dadurch zu höherem Wohlstand, zu mehr technologischen Möglichkeiten und mehr Leistungsfähigkeit gekommen. Und deswegen erwächst daraus auch eine Verantwortung, einen entscheidenden Schritt in die Zukunft zu tun."

Rechtliche Verbindlichkeiten: Abkommen, Verordnungen, Gesetze

Zumindest rein rechtlich gesprochen sei die Frage, ob Deutschland etwas gegen den Klimawandel tun muss, ohnehin bereits beantwortet, sagt Marc-Philippe Weller, Direktor am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg. Weller befasst sich in seiner Forschung auch mit sogenannten Klimaklagen. Er sagt: Deutschland habe eine rechtliche Verpflichtung zum Klimaschutz - "und zwar in mehrfacher Hinsicht".

Die internationale Ebene: Zusammen mit 194 anderen Ländern hat Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ratifiziert. Darin haben sich die Unterzeichnenden darauf verständigt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Mit diesem Abkommen ist Deutschland völkerrechtlich verpflichtet, "ehrgeizige Anstrengungen" zum Klimaschutz zu unternehmen, wie es in Artikel 3 des Abkommens heißt. Was genau das bedeutet, ist den Staaten laut dem Pariser Abkommen selbst überlassen. Festgelegt ist aber, dass die Anstrengungen alle fünf Jahre überprüft und verschärft werden sollen.

Allerdings: Sollte Deutschland seine Verpflichtungen nicht einhalten oder gar aus dem Abkommen aussteigen - wie es die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump vorübergehend getan haben - dann gibt es wenig, was die internationale Staatengemeinschaft dagegen tun könne, so Weller.

Die EU-Ebene: Andere Rechtstexte sind da verbindlicher - etwa das EU-Klimagesetz, das 2021 in Kraft trat. Darin haben sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Und die EU, sagt Weller, sei eben kein "zahnloser Tiger". Sollte zum Beispiel Deutschland seine Verpflichtungen nicht einhalten, könnten andere Mitgliedsstaaten oder die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Denkbare Sanktion seien etwa die Zurückhaltung von Finanzhilfen oder Strafzahlungen.

Die nationale Ebene: Neben den internationalen Abkommen ist Deutschland aber auch durch seine eigenen Gesetze - etwa das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz - dazu verpflichtet, seine Emissionen zu senken. Das Klimaschutzgesetz sieht in seiner aktuellen Fassung vor, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein muss.

Im April 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht Klägern recht gegeben, die bemängelt hatten, dass die Bundesregierung mit einer ersten Version des Gesetzes nicht genug für den Klimaschutz tue. In dem viel diskutierten Urteil argumentieren die Richter sogar explizit, dass die deutsche Verantwortung unabhängig davon ist, ob andere Akteure das Problem mitverursacht haben. Vielmehr müsse das Problem sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene angegangen werden:

"Der Klimaschutzverpflichtung aus Art. 20a GG steht nicht entgegen, dass Klima und Erderwärmung globale Phänomene sind und die Probleme des Klimawandels daher nicht durch die Klimaschutzbeiträge eines Staates allein gelöst werden können. (...) Art. 20a GG verpflichtet den Staat, eine Lösung des Klimaschutzproblems gerade auch auf überstaatlicher Ebene zu suchen. Der Staat könnte sich seiner Verantwortung nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen. Aus der spezifischen Angewiesenheit auf die internationale Staatengemeinschaft folgt vielmehr umgekehrt die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, eigene Maßnahmen zum Klimaschutz tatsächlich zu ergreifen und für andere Staaten keine Anreize zu setzen, das erforderliche Zusammenwirken zu unterlaufen." - Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021

Was tun andere Länder?

Zudem: Davon, dass andere Länder ihren Verpflichtungen gar nicht nachkommen, sei im Moment auch nicht auszugehen, sagt etwa Mojib Latif, Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Auch wenn insgesamt zu wenig passiert - wie erst im Februar 2023 noch einmal ein Bericht der Universität Hamburg bilanziert hat. Die Autoren kommen darin zu dem Schluss, dass es nicht mehr plausibel sei, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad könne hingegen noch "plausibel werden", wenn die Bestrebungen erhöht und bestehende Wissenslücken geschlossen würden.

Es gebe aber durchaus auch Entwicklungen, die in die richtige Richtung gingen, sagt Mojib Latif: Besonders entscheidend für das Erreichen des 2-Grad-Zieles werde sein, wie China und die USA sich verhalten. Laut dem Global Carbon Atlas sind sie zusammen mit Indien für mehr als die Hälfte des weltweiten CO₂ -Ausstoßes verantwortlich. Da der Pro-Kopf-Ausstoß in Indien allerdings nur bei etwa 1,7 Tonnen CO₂ pro Person liegt und damit weit unter dem der USA (ca. 15 Tonnen/Kopf) und China (ca. acht Tonnen/Kopf), soll Indien hier außer Acht gelassen werden.

In vielen Ländern seien die Treibhausgas-Emissionen seit 2005 gesunken, sagt Mojib Latif - sogar in den USA unter dem Klimawandel-skeptischen Präsidenten Donald Trump.

In der Grafik: Die Entwicklung der CO2-Emissionen in den USA von 1960 bis 2021

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Die Entwicklung der CO2-Emissionen in den USA von 1960 bis 2021

Auch im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen ist Latif optimistisch:

"Wir gehen jetzt davon aus, dass durch den sogenannten Inflation Reduction Act in den USA die Treibhausgasemissionen dort noch einmal erheblich schneller sinken werden als ohne dieses neue Gesetz. Die Amerikaner nehmen jetzt viele Milliarden Dollar in die Hand, um ihre Wirtschaft umzubauen und ihre Energieversorgung umzubauen in Richtung der Erneuerbaren Energien." Mojib Latif, Klimaforscher

Klimaschutz sei inzwischen eine wirtschaftliche Notwendigkeit geworden, so Latif. Die Welt befände sich längst in einer zweiten industriellen Revolution. Es gehe nun darum, den Anschluss nicht zu verlieren. Das habe man auch in China erkannt.

In der Grafik: Die Entwicklung der CO2-Emissionen in China von 1960 bis 2021

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Die Entwicklung der CO2-Emissionen in China von 1960 bis 2021

Bisher kennen die CO₂-Emissionen in China zwar nur eine Richtung: Seit 1960 sind sie stetig gestiegen, die Grafik zeigt es. Mojib Latif ist dennoch vorsichtig optimistisch: Zwar baue China derzeit noch Kohlekraftwerke, es investiere aber zugleich viel Geld in erneuerbare Energien.

Ähnlich schätzt das die auf Umweltpolitik spezialisierte Sinologin Eva Sternfeld in einem Beitrag für die Bundeszentrale für politische Bildung vom August 2022 ein:

"Angestrebt wird die Transformation zu einer modernen Digital-Ökonomie mit starkem Fokus auf grünen, klimafreundlichen technischen Lösungen, bei denen China auch international die Technologie- und Marktführerschaft erlangen möchte. Dies gilt nicht nur für Wind- und Solarenergie sowie E-Mobilität, sondern auch für Kernkraft, die in China zu den grünen Technologien gezählt wird. Aus heutiger Sicht scheinen die Ziele äußerst ambitioniert." Sinologin Eva Sternfeld

Fazit:

Die Behauptung, dass Deutschland nur 0,000028 Prozent zum CO₂ in der Luft beiträgt, ist ein Versuch, die deutsche Verantwortung am Klimawandel kleinzurechnen. Der deutsche CO₂-Ausstoß wird dabei fälschlicherweise in Bezug zur Luft insgesamt gesetzt - statt zum Anteil des Menschen-gemachten Kohlendioxids in der Luft. Der tatsächliche Beitrag Deutschlands zum jährlichen vom Menschen verursachten CO₂ in der Atmosphäre beträgt laut Umweltbundesamt 1,8 Prozent.

Auch das mag wenig klingen. Experten sind sich dennoch darin einig, dass die Schlussfolgerung, Deutschland müsse oder könne nichts zum Klimaschutz beitragen, zu kurz greift. Mit seinen knapp zwei Prozent ist Deutschland der siebtgrößte CO₂-Emittent weltweit. Zudem liegt der Pro-Kopf-Ausstoß in Deutschland mit acht Tonnen pro Person deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von 4,7 Tonnen pro Personen. Und: Betrachtet man die historischen Emissionen, hat Deutschland rund vier Prozent zur Gesamtmenge des CO₂ in der Luft beigetragen - je nach Ranking landet es damit auf Platz vier bis sechs der historischen Verursacher.

Rechtlich gesprochen ist die Frage, ob Deutschland eine Pflicht hat, das Klima zu schützen, längst geklärt: Durch das Pariser Klimaschutzabkommen, EU-Verordnungen und seine eigenen Gesetze hat Deutschland sich auf konkrete Klimaschutz-Ziele verpflichtet.

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