Forscher haben herausgefunden, dass wiederholt negatives Denken das Risiko für eine Demenz steigern kann.
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Forscher haben herausgefunden, dass wiederholt negatives Denken das Risiko für eine Demenz steigern kann.

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Negatives Denken erhöht das Risiko auf Demenz

Die Alzheimer-Krankheit ist weltweit für etwa 60 Prozent aller Demenzerkrankungen verantwortlich. Forscher haben herausgefunden, dass wiederholt negatives Denken eng mit einer Demenz verbunden sein kann. Das kann aber vielleicht verhindert werden.

Forscher vom University College in London haben herausgefunden, dass wiederholt negatives Denken (im Englischen "repetitive negative thinking", abgekürzt RNT) über einen längeren Zeitraum eine Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten und die Ablagerung von gefährlichen Proteinen im Gehirn, die Alzheimer auslösen können, zur Folge haben kann. Dem könnte man mit Achtsamkeit und Meditation entgegensteuern. Die Ergebnisse ihrer Studie, die am 08. Juni 2020 im Fachblatt "Alzheimer's & Dementia" veröffentlicht wurden, stammen von langjährigen Beobachtungen von über 55-Jährigen.

"Es ist bereits bekannt, dass Depressionen und Ängste im mittleren und hohen Alter Risikofaktoren für Demenz sein können. Jetzt haben wir herausgefunden, dass bestimmte Denkmuster, die Depressionen und Ängste mit sich bringen, zugrundeliegende Faktoren sein können, warum Menschen mit solchen Störungen eher eine Demenz entwickeln." Studienleiterin Natalie Marchant, University College London, Psychiatrische Fakultät

Grübeln und sich sorgen

Dafür untersuchten Marchant und ihre Kollegen 360 Probanden, die 55 Jahre oder älter waren. Über einen Zeit"aum von zwei Jahren wurden ihnen immer wieder Fragen gestellt, wie sie mit bestimmten negativen Situationen zurechtkommen und wie sie darüber denken. Im Fokus standen Denkmuster wie "über die Vergangenheit grübeln" oder "sich um die Zukunft sorgen", die im Zusammenhang mit negativen Denkschleifen stehen. Zusätzlich wurden Depressions- und Angstlevel analysiert.

Proteine im Gehirn

Die kognitive Leistung der Probanden spielte eine wichtige Rolle: Dabei wurden Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Raumkognition und Sprache gemessen. Bei knapp der Hälfte der Studienteilnehmer wurden Hirn-Scans durch Positronen-Emissions-Tomographie (kurz PET) durchgeführt. Dabei wurden Ablagerungen von Tau und Amyloid gemessen. Das sind Proteine, die für die häufigste Demenzerkrankung, Alzheimer, verantwortlich sind. Über einen Zeitraum von vier Jahren konnten die Forscher bei den Probanden, die häufig zu wiederholt negativem Denken neigten, kognitive Störungen und Gedächtnisschwund feststellen, ein erstes Anzeichen von Alzheimer. Bei ihnen fanden sich vermehrt Ablagerungen der schädlichen Proteine.

Depressionen und Ängste

Zwa konnten nach bisherigen Kenntnissen auch Depressionen und Ängste zu kognitiven Störungen führen, aber eine Anhäufung der Proteine blieb aus. Daraus schlussfolgern die Forscher, dass wiederholt negatives Denken der Hauptgrund sein könnte, warum Depressionen und Ängste überhaupt zu Alzheimer führen können. Wiederholt negatives Denken verursacht ebenso eine Belastung für den Körper wie beispielsweise hohen Blutdruck. Und wenn man geistig schon gestresst ist und körperlicher Stress hinzukommt, ist das keine gute Kombination. So haben auch andere Studien ergeben, dass körperliche Anstrengung zur Ablagerung der Proteine Tau und Amyloid führen kann.

Körper und Geist im Einklang

Die Forscher sehen einen Zusammenhang in der körperlichen und geistigen Verfassung: Unsere Gedanken wirken sich auf unseren Körper aus - positiv wie negativ. Dafür kann mentales Training wie Meditation hilfreich sein, weil es positive Denkmuster fördert und negative in den Hintergrund rückt. Marchant und ihre Kollegen empfehlen, Meditation im Gesundheitssystem verankert werden sollte. Nicht nur, weil es kurzfristig zu einer mentalen Verbesserung führt, sondern eben auch, weil es langfristig Demenz vorbeugen könnte.

Mentales Training und Therapie

Jetzt wollen die Forscher in einem groß angelegten Projekt herausfinden, ob mentales Training wie Achtsamkeits-Ausbildung oder Gesprächstherapien gerade im hohen Alter helfen können, das Demenz-Risiko einzudämmen. Dafür hilft es, die Faktoren zu verstehen, die Krankheiten wie Alzheimer auslösen und entsprechende Strategien zur Vorbeugung zu entwickeln. Dazu müssten die Studien aber auf größere Probandengruppen ausgeweitet werden, um ein breiteres Bild der Bevölkerung zu repräsentieren: Die meisten Probanden der aktuellen Studie hatten bereits ein Risiko für Alzheimer.

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