Ein Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts München entnimmt an einer Grundwassermessstelle eine Wasserprobe.
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Düngeverordnung bleibt wie sie ist – Streit könnte weitergehen

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält die Düngeverordnung im Freistaat im Grundsatz für rechtmäßig. Drei von vier Musterklagen wurden abgelehnt. Die Bauern können aber bei der nächsthöheren Instanz Rechtsmittel einlegen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

1.000 Kläger, 66 Verfahren, und schon in den ersten Musterverfahren zeigt sich, wie kompliziert die Düngeverordnung war. Das bestätigte auch die leitende Richterin, Renate Köhler-Rott, mehrfach im Verlauf des Verfahrens. Trotzdem bewertete der Senat am Verwaltungsgerichtshof den Schutz des Grundwassers als höchstrangige Aufgabe fürs Allgemeinwohl, lehnte damit drei von vier Klagen ab und urteilte: Die bayerische Düngeverordnung ist grundsätzlich rechtmäßig, die sogenannten Roten Gebiete bleiben im Großen und Ganzen in ihrem jetzigen Umfang bestehen und auch das Messstellennetz im Freistaat ist ausreichend für eine rechtskonforme Ausweisung der Roten Gebiete, also der Regionen, in denen die Landwirte besondere Auflagen beim Düngen befolgen müssen.

Eine von vier Klagen war erfolgreich

Nur in einem der vier Musterverfahren haben die Richter den klagenden Landwirten recht gegeben: Im Landkreis Regensburg wurde eine einzige Nitratmessstelle als nicht aussagekräftig befunden. Deshalb wird dort der gesamte Grundwasserkörper neu beurteilt. Möglicherweise ändert sich an der Ausweisung aber trotzdem nichts, wenn die übrigen Messstellen über dem Grenzwerte von 50 Milligramm Nitrat liegen.

Warten auf die schriftliche Begründung

Das Gericht hat heute nur eine kurze Begründung zu den vier Musterklagen gegeben, zu denen nun ein Urteil vorliegt. Wie es mit den übrigen 62 anhängigen Klagen weitergeht, wird sich in den nächsten Wochen klären. Alle Beteiligten wollen erst einmal die schriftliche Begründung des Gerichts abwarten. Der Bayerische Bauernverband und die Landwirte wollen auch erst dann entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlegen. Grundsätzlich haben die Richter aber eine Revision am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen.

Im Video: Düngen mit Gülle: Warum diese Landwirte gegen die Auflagen klagen

Bauernverband zeigt sich enttäuscht

Stefan Köhler, Umweltpräsident beim Bayerischen Bauernverband, reagiert noch im Gerichtssaal enttäuscht: Er nannte die Urteile einen "herben Rückschlag" für die Bauern. In zahlreichen Details hatten die Bauern dem Gericht vorgetragen, warum sie die Düngeverordnung für nicht zulässig halten und sie zu Unrecht in ihren Berufs- und Eigentumsrechten beschnitten werden. Seit Jahren kritisieren sie, dass es zu wenig Messstellen gibt, dass die Werte nicht aussagekräftig dafür seien, auf welchem Acker dann eigentlich der Dünger reduziert werden müsse.

Die betroffenen Landwirte und der Bayerische Bauernverband wollen sich deshalb weiter "für eine nachvollziehbare und zielgerichtete Sicherung der Wasserqualitäten einsetzen," aber eben in ihrem Sinne.

Landwirte sind unzufrieden mit den Verfahren

Den vielen Bauern im Gerichtssaal war ihr Unmut während der Verhandlung und nach dem Urteil deutlich anzumerken. Sie fühlen sich in ihrer Kritik an der bayerischen Düngeverordnung nicht ausreichend berücksichtigt. Vor allem aber erhoffen sie sich von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) endlich das versprochene Monitoring-System. Eine Regelung nach dem Verursacherprinzip, das die Landwirte für gerechter halten: Danach wird beurteilt, was ein Landwirt an Düngemitteln für seine Pflanzen braucht und dann auch ausbringt und nicht, wieviel Nitrat an einer Messtelle im Grundwasser nachgewiesen wird.

Staatsregierung für Regelung nach dem Verursacherprinzip

Dieses verursacherorientierte Prinzip halten auch die beiden mit der Düngeverordnung betrauten Ministerien in Bayern für überfällig. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) forderte in der Vergangenheit wiederholt von der Bundesregierung, vom rein messstellenbezogenen Verfahren abzurücken. Zu den heutigen Urteilen des Verwaltungsgerichtshofes wollte sich das Umweltministerium allerdings noch nicht äußern.

Landwirtschaftsministerium sieht sich bestätigt

Anders Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU): Sie sieht sich bestätigt im Vorgehen bei der Ausweisung der Roten Gebiete vor zwei Jahren. Der Verwaltungsgerichtshof habe nun Klarheit geschaffen, aber der Staatsregierung sei auch bewusst, dass es sowohl im Interesse der Landwirtschaft als auch der gesamten Gesellschaft mehr Messstellen brauche. Zu den derzeit 900 Messstellen sollen im Laufe des Jahres weitere 600 hinzukommen.  

Düngeverordnung richtet sich bisher ausschließlich nach Messstellen

Wo im Grundwasser ein Nitratgehalt von mehr als 50 Milligramm pro Liter Wasser gemessen wird, wird ein rotes Gebiet festgelegt. Die hohe Nitratbelastung in deutschen Gewässern stammt vor allem aus der stickstoffhaltigen Düngung in der Landwirtschaft. Um die Gewässer zu schützen, dürfen Bauern in roten Gebieten höchstens 80 Prozent der Düngemenge ausbringen, die von den Pflanzen eigentlich benötigt wird. Das bedeutet geringere Erträge. Auf 17,2 Prozent der bayerischen Agrarfläche gelten diese Regeln.

Im Video: BR-Reporterin Angelika Nörr zum Düngeverordnung-Urteil

Gespräch mit BR-Reporterin Angelika Nörr zum Düngeverordnung-Urteil
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Gespräch mit BR-Reporterin Angelika Nörr zum Düngeverordnung-Urteil

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