Die Emissionen am Lachgas N2O (Distickstoffmonoxid) ist laut einer aktuellen Studie in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gestiegen.
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Düngen mit Gülle oder Kunstdünger ist eine Hauptquelle für Distickstoffmonoxid, das nach einer neuen Studie immer mehr zum Klimawandel beiträgt.

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Neue Studie: Lachgas macht Welternährung zum Klima-Problem

Ein internationales Forscherteam hat eine umfassende "globale Inventur" zu Lachgas erstellt. Der neuen Studie zufolge trägt das Treibhausgas immer mehr zum Klimawandel bei. Ein wesentlicher Faktor: Düngung in der Landwirtschaft.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Ein internationales Forscherteam mit 57 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 14 Ländern hat untersucht, wie viel Lachgas weltweit ausgestoßen wird, wo oder wie es vor allem verursacht wird und wie sich die Menge der Emissionen in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat.

In den bisherigen Klima-Prognosen zu wenig berücksichtigt

Das Ergebnis der Studie, die jetzt im Fachmagazin nature veröffentlicht wurde: Seit Jahrzehnten steigen die Emissionen des hochwirksamen Treibhausgases. So sehr, dass die Ziele des internationalen Klimaabkommens von Paris weit verfehlt werden könnten, mahnt Robert Jackson, ein Mitautor der Studie:

"Die gegenwärtigen Emissionen entsprechen einem globalen Temperaturanstieg über 3°C, das ist das Doppelte des Temperaturziels des Pariser Abkommens" Prof. Robert Jackson, Stanford University; Vorsitzender des Global Carbon Project

Konflikt zwischen Welternährung und Klimaschutz

Insbesondere der vom Menschen verursachte Anteil an Lachgas wird immer größer. Und lässt sich nur schwer eindämmen, denn das Gas entsteht insbesondere auch durch die Düngung in der Landwirtschaft. Die Ernährung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung steht damit im Konflikt zum Klimaschutz, so der Hauptautor der Studie:

"Es besteht ein Konflikt zwischen der Art und Weise, wie wir die Menschen ernähren, und unserem Ziel, das Klima zu stabilisieren." Hanqin Tian, Direktor des International Center for Climate and Global Change Research an der School of Forestry and Wildlife Sciences der Auburn University und Andrew Carnegie Fellow

Was ist Lachgas überhaupt?

Lachgas ist ein normaler Bestandteil unserer Atmosphäre und Atemluft, neben Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlendioxid und weiteren Gasen. Es besteht aus zwei Stickstoff- und einem Sauerstoffatom, daher die fachliche Bezeichnung Distickstoffmonoxid (N2O). Es hat in größeren Mengen eine betäubende Wirkung und wird als Narkosemittel eingesetzt. Zudem wird dem Lachgas eine stimmungsaufhellende Wirkung nachgesagt.

In der Natur entsteht das Gas, wenn Mikroorganismen Stickstoff abbauen. Wird beim Düngen mehr Stickstoff zugeführt, als die Pflanzen benötigen, entsteht mehr Lachgas. In der Industrie entsteht Lachgas bei der Düngemittelproduktion, der Kunststoffherstellung oder der Sprengstoffproduktion.

Lachgas als Treibhausgas

Lachgas ist das drittwichtigste Treibhausgas nach Kohlendioxid (CO2) und Methan. Zwar sind die Emissionen von Lachgas sehr viel geringer als der CO2-Ausstoß, doch sein zerstörerisches Potential ist weitaus höher: Lachgas verbleibt etwa hundert Jahre lang in der Atmosphäre und trägt dort rund 300-mal mehr zur Klimaerwärmung bei als Kohlendioxid. Jede Tonne N2O entspricht also von ihrem Treibhauspotential 300 Tonnen CO2.

Das eingerechnet, macht Lachgas derzeit etwa sieben Prozent der Treibhausgasemissionen aus, nach Kohlendioxid (rund siebzig Prozent) und Methan (zwanzig Prozent). Aber anders als CO2 oder Methan kann Lachgas nicht so leicht eingespart werden. Denn der Großteil des Distickstoffmonoxid-Ausstoßes stammt aus der Natur - Böden und Ozeane emittieren fast 10 Millionen Tonnen Lachgas pro Jahr, erläutert Wilfried Winiwarter vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Laxenburg bei Wien, einer der Autoren der aktuellen Studie, in einem Interview mit dem ORF.

Menschengemachter Anteil am Lachgas wächst seit Jahrzehnten

Doch der vom Menschen verursachte Anteil an den N2O-Emissionen nimmt beständig zu, stellte die aktuelle Studie jetzt fest. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat er sich um dreißig Prozent gesteigert auf inzwischen 7,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Das sind über vierzig Prozent der jährlichen Lachgas-Emissionen.

Es wird immer mehr Lachgas freigesetzt: In den vergangenen 150 Jahren hat die Menge von Lachgas in der Atmosphäre um zwanzig Prozent zugenommen. Auch der N2O-Ausstoß steigt - Inzwischen um zwei Prozent pro Jahrzehnt.

Mitautor Wilfried Winiwarter warnt: Wächst der Anteil von Lachgas entsprechend weiter, macht dieses Gas allein ein Drittel aller Treibhausgase aus, die wir bis ins Jahr 2100 überhaupt ausstoßen können, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wollen.

Düngung in der Landwirtschaft als Hauptverursacher des Emissions-Wachstums

Nach Ansicht der Wissenschaftler, die an der aktuellen Studie gearbeitet haben, ist der wesentlichste Faktor beim Anstieg der Lachgas-Emissionen die Düngung in der Landwirtschaft. Egal ob mit Gülle, Viehdung oder Kunstdünger: Wo immer dem Boden mehr Stickstoff zugeführt wird, als die Pflanzen benötigen, entsteht Lachgas.

"Die dominierende Triebkraft für den Anstieg des atmosphärischen Lachgases kommt aus der Landwirtschaft, und die wachsende Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln für Tiere wird die globalen Lachgasemissionen weiter erhöhen." Hanqin Tian, Hauptautor der Studie

Insbesondere Schwellenländer mit großen Bevölkerungszahlen tragen zu den Emissionen bei, so die Studie. Vor allem in Brasilien, China und Indien steigt mit dem Viehbestand und der Pflanzenproduktion auch der Ausstoß an Lachgas. Ost- und Südasien, Afrika und Südamerika sind die Regionen mit den höchsten Lachgas-Emissionen.

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