Zwischen grünen Maisreihen wachsen niedrigere abgereifte Pflanzen
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Mais in Mischkultur

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Ackerbau und Klimawandel: Landwirte suchen Lösungen

Was tun, wenn die Sommer heißer und trockener werden? Ein neues Forschungsprojekt soll Landwirten helfen, herauszufinden, was die Erträge sichern könnte – zum Beispiel andere Pflanzen anzubauen oder weniger zu pflügen.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Im trockenen Unterfranken brauchen landwirtschaftliche Betriebe schon jetzt dringend Lösungen, wie sie mit weniger Niederschlägen und anhaltenden Hitzephasen umgehen können. Doch es wird kaum Patentrezepte geben, die jedem Betrieb helfen. Das neue Forschungsprojekt ErATro soll in regenarmen Regionen erfolgreiche Maßnahmen aufspüren und überprüfen.

Helfen Bor-Düngung oder mehr Bodenpilze?

ErATro steht für "Erfolgreiche Ackerbaustrategien auf Trockenstandorten", ein Forschungsvorhaben der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und der Landesanstalt für Landwirtschaft.

Stefan Köhler ist einer der Landwirte, die bereits bei ErATro mitmachen. Der Landwirt aus dem Landkreis Aschaffenburg ist der Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes. Er testet zum Beispiel: Was bringen neue Bodenuntersuchungsmethoden, die Spurenelemente wie Bor, Mangan und Natrium erfassen? Und dann will er sich auch noch das Bodenmikrobiom, also Pilze und Bakterien genauer anschauen.

Denn so viel gilt als sicher: Je aktiver das Bodenleben ist, umso besser kommen die Pflanzen an Wasser und Nährstoffe. Stefan Köhler hält Rinder. Mit ihrem Mist will er den Boden fruchtbarer machen. So mischt er etwa Holzabfälle darunter, damit das im Holz enthaltene Lignin bestimmte Rotteprozesse in Gang setzt. "Da sind wir noch ganz am Anfang", sagt Köhler.

Gesucht: Landwirte mit weniger als 600 Liter Niederschlag

Das Forschungsprojekt richtet sich an die bayerischen Landwirte, bei denen es im Durchschnitt weniger als 600 Liter pro Quadratmeter im Jahr regnet – das betrifft vor allem Unterfranken. Das Projekt hat im Frühjahr 2023 begonnen. Die Wissenschaftler sind nun auf der Suche nach 50 bis 100 Landwirten, die mitforschen. Sie sollen den Wissenschaftlern sagen, was sie bisher gemacht haben, was funktioniert hat und warum es ihrer Einschätzung nach funktioniert hat.

Bernhard Schauberger, Professor für Agrarsysteme und Klimawandel an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), leitet das Projekt. "Die Wissenschaft hat natürlich bestimmte Vorstellungen, wie Sachen funktionieren. Und vielleicht sind die aber teilweise nicht richtig. Das heißt, wir müssen die durch Praxis-Erfahrung auch abgleichen." Und gleichzeitig könne man den Landwirten zusätzliche Impulse geben und zum Beispiel Erfahrungen aus anderen Ländern einbringen.

Es kommt auf den Humusgehalt und das Bodenleben an

Den Humusgehalt zu steigern, ist eine zentrale Herausforderung für die Bauern im Klimawandel. Denn wenn die Temperaturen steigen, dann sinken die Humusgehalte in den Böden eigentlich, weil der Humus-Abbau beschleunigt abläuft. Dabei wäre der Aufbau von Humus gerade jetzt doppelt wichtig.

Steigt der Humusgehalt im Boden, wird der Ackerbau robuster im Klimawandel, und gleichzeitig ist der Humusaufbau ein starker Hebel, um den Klimawandel zu bremsen. Denn wenn Humus aufgebaut wird, entzieht die Landwirtschaft der Atmosphäre Kohlendioxid und der Kohlenstoff wird im Boden fixiert.

Neue Kompostierungsverfahren im Fokus

Viele Landwirte bauen regelmäßig nach der Ernte Zwischenfrüchte an oder sie machen Untersaaten, um die Humusbildung zu fördern. Experimentierfreudigere setzen auf Flächenrotte und neuartige Kompostierungsverfahren. "Wir beschäftigen uns bisher noch kaum mit diesen Ansätzen", räumt Martin Wiesmeier, Bodenexperte an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft und zuständig für ErATro, ein. "Das wollen wir ändern."

Flächenrotte bedeutet: Grüne Pflanzen, die nicht geerntet werden, also zum Beispiel Zwischenfrüchte, werden in die oberste Bodenschicht eingearbeitet. Nicht richtig tief untergepflügt, sondern nur so weit, dass sie leicht mit Boden bedeckt sind. Diese Maßnahme soll dem Bodenleben einen Energieschub liefern und damit die Bodenfruchtbarkeit steigern.

Bodenbearbeitung: Weniger ist wahrscheinlich mehr

Landwirt Stefan Köhler probiert auch "Stripp-Till", eine anspruchsvolle Ackerbauvariante mit möglichst wenig Bodenbearbeitung. Er setzt keinen Pflug mehr ein und bearbeitet nur noch einzelne Streifen auf dem Acker, "weil ja jede Bodenbearbeitung Wasser verdunsten lässt. Dass wir da einfach noch besser werden." Wer den Boden kaum noch bearbeitet, kann allerdings in Situationen geraten, wo er des Unkrauts nicht mehr Herr wird. So ist es Friedrich Weberndörfer aus Röckingen im Landkreis Ansbach heuer im Frühling passiert.

Vor dem Mais und den Zuckerrüben hat der Landwirt heuer die Zwischenfrüchte und das Getreide, das letzten Sommer auf dem Feld war und im Herbst zum Teil gekeimt hat, mit dem Totalherbizid Glyphosat kaputt gespritzt. Aufgrund der Wetterverhältnisse habe er nicht pflügen können, es sei ihm nichts anderes übrig geblieben. Und deswegen spricht er sich dafür aus, dass der Einsatz von Glyphosat unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt bleibt. "Im Frühjahr für die Vorbereitung einer Saat wäre es wichtig."

Hirse und Erdnüsse statt Mais und Kartoffeln?

Vielleicht müssen die Landwirte künftig auch andere Kulturen anbauen. In Schwarzenau in Unterfranken, am neuen bayerischen Forschungszentrum für Landwirtschaft in Trockenlagen, testen Wissenschaftler Future Crops, also die Feldfrüchte der Zukunft: zum Beispiel Sesam, Schwarzkümmel, Augenbohnen und Erdnüsse.

Mit Körnerhirse haben sie bereits Versuche gemacht. Weil sie ein dichteres Wurzelsystem als Mais und eine Wachsschicht auf den Blättern hat, die die Verdunstung senkt, kommt sie mit heißen, trockenen Sommern besser zurecht als Mais. Doch sie eignet sich den bisherigen Erfahrungen zufolge nicht als Futter für Wiederkäuer.

Vorfahrt für leichte Maschinen

Wissenschaftler gehen davon aus, dass immer mehr Böden in Deutschland verdichtet und deswegen geschädigt sind. Die Folge: Die Poren im Boden sind zerstört, der Boden kann Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Es kommt zu Erosion, hinterher fehlen das Wasser und der Boden.

Um dem vorzubeugen, versuchen einige Landwirte, möglichst leichte Maschinen zu nutzen, und, wenn möglich, schwere Maschinen nur auf bewachsenem Boden einzusetzen. Denn der ist tragfähiger. Auch das ist eine Maßnahme für einen erfolgreichen Ackerbau in Trockenlagen.

Hecken für den Ackerbau

Welche Möglichkeiten haben die Landwirte noch, sich gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen? Außer weniger Bodenbearbeitung, Zwischenfrüchte-Anbau, Bodenanalysen, andere Kulturen, Optimierung von Gülle und Mist?

Hecken pflanzen! Denn wer Hecken pflanzt, hält das Wasser in der Landschaft. Und bremst den Wind, der die Verdunstung auf den Äckern erhöht. Viele Vorteile. Und trotzdem setzt sich das Heckenpflanzen nicht durch. Aus einem bestimmten Grund, meint Landwirt und BBV-Umweltpräsident Stefan Köhler: "Da haben halt viele Landwirte auch Angst, dass man praktisch was pflanzt und was einem später dann per ordre de Mufti vom Naturschutz abgenommen wird." Da müsse man politisch durchsetzen, dass nicht jede frisch gepflanzte Hecke zu einem Biotop werde und auch von Zeit zu Zeit gestutzt werden dürfe.

Landwirte, die gerne beim Projekt "Erfolgreiche Ackerbaustrategien in Trockenlagen" mitmachen möchten und mit weniger als 600 Liter Niederschlag Ackerbau betreiben, können sich bei Professor Bernhard Schauberger von der Hochschule Weihenstephan Triesdorf und seinem Team melden.

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