Bildmontage: links schwarzweiße Kühe im Laufstall, rechts Fleckviehkuh auf der Weide
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Wer hat die Nase vorn?

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Biohof oder konventionell: Wer liegt beim Klimacheck vorn?

Wo klappt Klimaschutz besser? Auf einem kleinen Biohof am Samerberg oder auf einem großen konventionellen Milchviehbetrieb in Mittelfranken? Ein Klimacheck der Landesanstalt für Landwirtschaft überrascht und zeigt: Es gibt womöglich keinen Königsweg.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Bio-Landwirt Franz Bauer hat einen Milchviehbetrieb in Oberbayern. Auf Almwiesen am Samerberg grasen seine Jungkühe – bei schöner Aussicht. So sollten Milchkühe gehalten werden, wenn es nach den Wünschen vieler Verbraucher geht. Die 27 Kühe von Franz Bauer geben im Durchschnitt 6.500 Liter Milch im Jahr – pro Tier.

Bei Landwirt Armin Nürnberger aus Mittelfranken, der 600 Kühe hält, ist die Milchleistung fast doppelt so hoch. So kommt seine Lieblingskuh "Afrika" auf 11.000 Liter. Eine Hochleistungszüchtung der Rasse "Holstein-Friesian" – während beim Bio-Bauern Fleckvieh weidet. Welcher Betrieb hat die bessere Klimabilanz?

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Agrarwissenschaftlerin Monika Zehetmeier hat einen Klimarechner entwickelt

Klimadaten werden für Landwirte immer wichtiger

Die Frage wird für die Landwirtschaft immer wichtiger, sagt Agrarwissenschaftlerin Monika Zehetmeier von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Einzelne Molkereien seien schon vorgeprescht. Künftig werden immer mehr Landwirte einen Wert brauchen, der ihre Klimabilanz offenlegt, so ihre Einschätzung.

Zehetmeier hat einen Klimarechner entwickelt und mit dessen Hilfe die beiden Milchviehbetriebe verglichen. Der Klimarechner ist ein frei verfügbares Onlinetool, mit dem jeder Landwirt ermitteln kann, wie viel CO₂ pro Liter Milch oder pro Kilo Fleisch bei ihm anfallen. Bei den auf den ersten Blick so gegensätzlichen Betrieben rechnete die LfL-Expertin selbst nach.

Ausgeklügelte Technik und gutes Futtermanagement sparen CO₂

Beim Klimacheck kommt es nicht nur auf die Milchleistung an – da ist der Großbetrieb mit den Hochleistungskühen natürlich klar im Vorteil. Wichtig ist auch das Futter, das Nürnberger zum Großteil aus der Region bezieht. Sein Soja kommt aus der EU und nicht aus Südamerika. Außerdem positiv für die Klimabilanz: Der konventionelle Landwirt nutzt Reststoffe, die in der Lebensmittelherstellung übriggeblieben sind – zum Beispiel Zuckerrübenschnitzel. Das Grundfutter besteht zu zwei Dritteln aus Gras. Die Gülle kommt in die Biogasanlage, wo spezieller Stickstoffdünger extrahiert wird.

Auch ein Punkt im Klimarechner: Fleisch. Da schneiden auf Milchleistung gezüchtete Holstein-Kühe in der Regel schlechter ab, weil die männlichen Kälber kaum Fleisch ansetzen und für die Mast nicht geeignet sind. Doch auch dafür hat Armin Nürnberger eine Lösung gefunden: Mithilfe von gesextem Sperma gibt es nur weibliche Kälber am Hof. Gesextes Sperma wurde nach dem X- und Y-Chromosom getrennt. Es wird vor allem in der Tierzucht verwendet, um das jeweils unerwünschte Geschlecht in der Nachkommenschaft ausschließen zu können.

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Armin Nürnberger wirtschaftet konventionell

Kontrastprogramm: Low Input am Biohof

Franz Bauer versucht auf seinem kleinen Biohof in Oberbayern den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Seine Strategie: Low Input. Er betreibt keinen Ackerbau, und der Speiseplan seiner 27 Kühe ist sehr übersichtlich: Sie fressen zu 95 Prozent Gras – egal ob von der Weide, als Silage oder als Heu.

Auch auf seinem Hof gibt es Kreisläufe, die Pluspunkte im Klimarechner bringen: Der Mist seiner 900 Legehennen kommt in die Güllegrube. So hat er mehr Stickstoffdünger zur Verfügung und auch Phosphor – was beides oft knapp ist im Ökolandbau.

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Bio-Landwirt Bauers Strategie: Low Input

Knappes Ergebnis - beide Betriebe überdurchschnittlich

Hightech gegen Low Input: Der Bio-Landwirt kommt im LfL-Klimacheck auf einen Klima-Fußabdruck von knapp 1,1 Kilo an CO₂-Äquivalenten bei der Milch, beim Fleisch sind es 8,65 Kilo. Sein Mitbewerber, der Großbauer aus Franken, hat am Schluss noch niedrigere und somit bessere Werte – wenn auch nur knapp: 1,04 Kilo bei der Milch und 8,28 beim Fleisch. Damit schlägt der Große den Kleinen.

Was aus Sicht von Expertin Zehetmeier positiv auffällt, sind die sehr guten Werte beider Höfe beim Fleisch. "International sind wir beim Rindfleisch bei Werten zwischen 24 und 30 Kilo CO₂-Äquivalenten und hier bei acht."

Engagement der Landwirte gefragt – und Standort-geeignete Lösungen

Nürnbergers Fazit lautet deshalb auch: "Wenn man einfach ein bisschen darauf achtet, wie man insgesamt den Betrieb managt, dann sieht man, dass man wirklich sehr gute Werte erreichen kann." Vor allem im Vergleich zum Ausland sei man da "auf einem ganz anderen Niveau unterwegs".

Entscheidender als die Frage, ob ein Betrieb bio oder konventionell bzw. groß oder klein ist, scheint das Engagement der Landwirte zu sein – die Bereitschaft, sich Gedanken zu machen über Kreisläufe und CO₂-Einsparmöglichkeiten, sagt Zehetmeier. Es gebe mehrere Wege, Treibhausgase zu vermeiden. Für welchen sich ein Landwirt entscheidet, hänge unter anderem vom Standort und der Art des Betriebs ab.

Es gibt in Bayern bisher nur wenige Höfe, die bessere Werte haben als die beiden, die sich dem Klimacheck der LfL gestellt haben. Die meisten schneiden wohl schlechter ab – oder haben noch gar keinen Klimacheck gemacht.

Video: Unser Land | Doku: Umweltschutz oder Ertrag? · Landwirte in der Zwickmühle

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