Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes (Archivbild)
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Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, warnt davor, Menschen mit geringem Einkommen abzuhängen.

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Caritas befürchtet Spaltung der Gesellschaft durch Abgehängte

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, hat sich dafür ausgesprochen, Vermögen gerechter in der Gesellschaft zu verteilen. Gerade untere Einkommensgruppen hätten viel häufiger finanzielle Probleme als früher.

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Der Caritasverband warnt davor, dass die Gesellschaft durch abgehängte untere Einkommensgruppen gespalten werden könnte. Die Schuldnerberatungsstellen der Caritas würden "viel häufiger" aufgesucht als früher, sagte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das gelte "zunehmend auch [für] Menschen, die einen Job haben". Menschen in unteren Einkommensgruppen würden mehr und mehr von der allgemeinen Entwicklung abgehängt. Ein Fünftel der Bürgergeld-Empfänger seien Aufstocker, die trotz Arbeit nicht genug verdienen, um ihre Familien versorgen zu können.

"Zwei Kugeln Eis sind eine halbe Stunde Arbeit"

Im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg etwa koste eine Kugel Eis mehr als zwei Euro. Der Mindestlohn liegt aktuell bei zwölf Euro. Demnach "sind zwei Kugeln Eis beinahe eine halbe Stunde Arbeit. Da passt einfach etwas nicht mehr zusammen", sagte Welskop-Deffaa. Zudem hätten zahlreiche Menschen auch wegen der gestiegenen Energiepreise finanzielle Probleme. Diese würden nicht mehr auf das Niveau fallen, auf dem sie vor dem Ukraine-Krieg lagen. Das müsse der Staat bei der Höhe des Wohngelds und des Bürgergelds berücksichtigen.

"Vermögen muss gerechter verteilt werden"

Die Caritas-Präsidentin fordert die Regierung auf, die ungleichen Verteilung von Vermögen anzugehen. Außerdem dringt sie auf eine Reform der Erbschaftsteuer. Das Gefühl der sozialen Bedrohung sei ungleich größer bei denjenigen, die absehbar nichts oder nur wenig erben werden, so Welskop-Deffaa. Die Ampel-Koalition warnte sie auch vor Kürzungen bei Sozial- und Hilfsprojekten. Die geplanten Kürzungen schwächten unser Sozialsystem so stark, dass es ins Wanken geraten könne.

"Toxischer" Streit um Kindergrundsicherung

Viele Menschen seien darüber hinaus durch Streitereien innerhalb der Regierung verunsichert. "Die Debatte der Ampel um die Kindergrundsicherung war toxisch", sagte die Chefin des katholischen Wohlfahrtsverbandes. Monatelang sei es nur darum gegangen, wie viele Milliarden dafür zur Verfügung stünden, statt "Konzepte zum Schutz von Kindern vor Armut zu diskutieren". Deswegen habe die Bevölkerung den Eindruck erhalten, dass für Familien zu wenig Geld da sei. Das schüre Ängste bei denjenigen, die ohnehin kaum zurechtkämen.

Gesellschaft hält (noch) zusammen

Die Caritas-Präsidentin warnt überdies davor, den gesellschaftlichen Zusammenhalt kaputtzureden. "Wenn ich im Land unterwegs bin, treffe ich immer wieder viele Menschen, die sich für andere einsetzen", sagte Welskop-Deffaa. "Deshalb habe ich persönlich nicht den Eindruck, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt." Aber er könne leicht kaputtgehen, wenn wir ihn kaputtreden. Das könne dann auch sehr schnell gehen. Deswegen dürfe sich die Gesellschaft nicht von einer sich immer weiter radikalisierenden Rhetorik mitreißen lassen.

Mit Material von dpa, AFP und KNA

Ein Teddybär
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Familien, die nicht mehr weiterwissen, können in die Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Taufkirchen kommen.

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