Richterhammer zusammen mit grünen Marihuana-Blättern (Cannabis)
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Erwachsene können selbst anbauen oder über einen Cannabis Social Club Marihuana bekommen. Einfach im Shop kaufen, wird vorerst nicht gehen.

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Wirtschaftsfaktor Cannabis: Das planen bayerische Unternehmen

Die Bundesregierung hat beschlossen, den Markt für Hanfprodukte zu liberalisieren. Medizinisches Cannabis könnte bald boomen. Doch in den privaten Genuss wollen bayerische Unternehmen erst einmal nicht im großen Stil investieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Seit Jahren wird in Deutschland über eine Liberalisierung von Cannabis diskutiert. Jetzt steht fest: Eine komplette Freigabe wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Allerdings sollen Privatpersonen künftig leichter an Cannabis-Produkte kommen.

Cannabis-Markt bleibt reguliert

Erwachsenen soll der Besitz von 25 Gramm Cannabis erlaubt sein, Privatpersonen sollen bis zu drei Hanfpflanzen aufziehen dürfen. In sogenannten Cannabis Social Clubs sollen Erwachsene außerdem gemeinsam Pflanzen züchten können. Der Markt bleibt also reguliert. Daneben gibt es weiterhin die schon jetzt erlaubte Abgabe von medizinischem Cannabis, das vom Arzt verschrieben und über Apotheken bezogen wird. Und in diesem Geschäftsbereich haben bayerische Firmen schon einige Erfahrungen.

Diese bayerischen Firmen verkaufen bereits Cannabis

Cannabis aus dem Bunker - darauf hat sich die bayerische Firma Canify spezialisiert. Das Unternehmen vertreibt medizinisches Cannabis. Also ein Produkt, das über Apotheken zum Beispiel an Schmerzpatienten abgegeben wird. Die Firma, die einst unter dem Namen Bavaria Weed gegründet wurde, baut selbst keinen Hanf an. Dieser wird aus dem Ausland importiert und dann in einem früheren Nato-Bunker im schwäbischen Leipheim einer Qualitätskontrolle unterzogen, verpackt und gelagert.

Auch das größte an der Börse notierte Cannabis-Unternehmen Europas kommt aus Bayern. SynBiotic mit Sitz in München verdient sein Geld bisher vor allem mit Medizin- und Wellness-Produkten.

Markt für medizinisches Cannabis könnte boomen

Der Markt für medizinisches Cannabis ist seit knapp sechs Jahren in Deutschland legal, allerdings streng reglementiert. Pro Jahr wandern nur wenige Tonnen Cannabis über die Apotheken-Tresen. Experten schätzen, dass hierzulande etwa 300.000 Patienten entsprechende Präparate bekommen. Lobbygruppen wie der deutsche Hanfverband gehen davon aus, dass die geplante Liberalisierung dafür sorgen wird, dass künftig hunderte Tonnen nachgefragt werden.

Das planen bayerische Unternehmen

Bei Canify heißt es, man werde ausschließlich beim Geschäft mit medizinischem Cannabis bleiben, ein Verkauf an Privatkunden sei nicht geplant. Beim Münchner Unternehmen SynBiotic dagegen sieht man angesichts der Liberalisierung des Marktes durchaus Wachstumschancen. Die Firma wirbt mit jahrzehntelanger Erfahrung im Anbau von Hanf und sieht großes Potenzial im Vertrieb von Saatgut, Stecklingen und Anbauzubehör.

Firmenchef Lars Müller ist aber enttäuscht, dass private Konsumenten lediglich in einem Verein Mitglied sein dürfen. SynBiotic will deshalb eigene Cannabis-Clubs gründen und mit anderen Clubs zusammenarbeiten, da man über das nötige Knowhow rund um die Qualität des Produkts und in rechtlichen Fragen verfüge, etwa was den Jugend- und Gesundheitsschutz angehe. Groß investieren wolle man in diesen Bereich aber vorerst nicht.

Firmen wollen Investitionen in Genuss-Cannabis auf Eis legen

Auch beim Start-up Sanity Group aus Berlin zeigt man sich ernüchtert. Firmenchef Finn Hänsel sagte im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Capital, dass sich der jetzige Gesetzentwurf vor allem um den nicht-kommerziellen Eigenanbau drehe: "Wir hätten uns gewünscht, dass man auch gleich mit Säule zwei beginnt."

Die zweite Säule meint den Plan der Bundesregierung, sogenannte Modellregionen auszuweisen. In ausgewählten Kreisen und Städten sollen Fachgeschäfte Cannabis und THC-haltige Produkte verkaufen dürfen. In Deutschland habe man das aber verschoben, kritisiert der Sanity Group-Chef. Er wolle nun weiter in medizinische Cannabis-Produkte investieren, da Ärzte künftig deutlich weniger bürokratische Hürden hätten, Cannabis zu verschreiben. Die Investitionen in Genuss-Cannabis werde er aber vorerst auf Eis legen und abwarten, wie sich die Gesetzgebung entwickelt.

Teurer Strom als Hürde für den Anbau in Deutschland

Während Fachleute einen Boom beim privaten Anbau von Hanfpflanzen erwarten, gehen die Experten nicht davon aus, dass hierzulande der professionelle Anbau von Cannabis massiv in die Höhe gehen wird, allein schon wegen der strengen bürokratischen Vorgaben, Sicherheitsauflagen und hohen Strompreise. Denn die Aufzucht der Pflanzen in geschützten Gewächshäusern oder Bunkern ist sehr energieintensiv. Eine Chance wittern hier zum Beispiel Firmen aus der Schweiz. Dort sind die Energiekosten deutlich niedriger als in Deutschland, außerdem gibt es dort bereits mehrjährige Erfahrungen mit liberalisierten Drogengesetzen und etablierte Anbau-Strukturen.

Grüner Boom mit Risiken – das Beispiel USA

Die Liberalisierung des Cannabis-Konsums weckt aber auch Begehrlichkeiten bei vielen Anlegern. Immerhin gilt Hanf zum Beispiel in den USA als Wachstumsmarkt. Das Analysehaus Grand View Research hat errechnet, dass im vergangenen Jahr in den Vereinigten Staaten 13 Milliarden Dollar mit Hanfprodukten umgesetzt wurden. Bis 2030 erwarten die Analysten ein Wachstum von durchschnittlich 14 Prozent pro Jahr. Das macht die Branche auch für den Finanzmarkt interessant. So gibt es vor allem in Nordamerika inzwischen Dutzende von Firmen, deren Aktien an der Börse notiert sind.

Vor einigen Jahren, als mehr und mehr US-Bundesstaaten den Cannabis-Verkauf legalisierten, herrschte hier regelrechte Goldgräberstimmung. Seither ist der Kurs vieler dieser Papiere wieder eingebrochen. Daneben existiert noch ein schwer überschaubarer Markt jenseits der etablierten Börsen, in dem zum Beispiel für eine Beteiligung an Anbauanlagen oder sogar einzelnen Cannabis-Pflanzen mit dem Versprechen großer Renditechancen geworben wird. Auch hier ist das finanzielle Risiko sehr hoch, bis hin zum Komplettverlust des investierten Geldes, wie die Anbieter teilweise selbst einräumen.

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