Momentaufnahme aus Athen: Geflüchtete auf dem Viktoria-Platz in der griechischen Hauptstadt.
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Momentaufnahme aus Athen: Geflüchtete auf dem Viktoria-Platz in der griechischen Hauptstadt.

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Migration in Griechenland: Athen hofft auf neues Abkommen

Die Lage ist dramatisch: In Griechenland kommen mehr als doppelt so viele Flüchtlinge an als im Vorjahr. Die Flucht übers Mittelmeer gilt im Sommer als weniger gefährlich, die wahren Ursachen liegen jedoch woanders. Welche Rolle die Türkei spielt.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Der Viktoria-Platz im Zentrum Athens ist ein beliebter Treffpunkt für alle möglichen Gruppen und Kulturen. In dem Viertel drumherum leben viele Menschen mit Migrationshintergrund. Viele von ihnen sind aus Syrien, Afghanistan, dem Irak oder der Türkei nach Griechenland geflüchtet.

Einer von ihnen ist Yahiya. Der 27-Jährige ist vor acht Monaten aus Afghanistan gekommen. "Ich habe 3.600 Euro gezahlt", schildert er, "in der Türkei ist es sehr schwierig. Wenn einen die Polizei erwischt, schickt sie einen zurück nach Afghanistan. Hier in Griechenland ist es anders."

Migration über das Mittelmeer hat sich zum Vorjahr verdoppelt

Etwa 25.000 Migranten sind bis September in diesem Jahr in Griechenland angekommen, überwiegend über das Meer. Das sind mehr als doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr. Die wichtigsten Gründe für den Anstieg in den Sommermonaten sehen Migrationsforscher in der ruhigen Wetterlage und mehr Rettungs- und Suchaktionen. Die Fluchtursachen seien aber in den Herkunfts- und Transitländern zu suchen.

"Wir erleben gerade einen starken Umbruch in Afrika. Das Klima und schwerer Dürren haben den Zugang zu Nahrungsmitteln erschwert. Das hat mehr Menschen dazu gezwungen, eine bessere Lebensgrundlage zu suchen", erklärt die Migrationsforscherin Angeliki Dimitriadi.

Warum es ein neues Türkei-Abkommen braucht

Neben Abkommen mit den Herkunftsländern müsse die EU vor allem mit der Türkei eine neue Vereinbarung treffen, so die Forscherin. Seit 2020 nimmt die Türkei keine Flüchtlinge aus Griechenland zurück und Afghanen erkennt sie nicht als Flüchtlinge an.

"Wir müssen prüfen, wie wir mit der Türkei bei der Steuerung der Migration insbesondere in der Ägäis, aber auch an der Landgrenze in Evros zusammenarbeiten können. Bei der Zusammenarbeit muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass die Türkei bereits die meisten Flüchtlinge weltweit aufnimmt."

Griechenland als Durchgangsstation

Die Erfahrung aus 2015 ist, dass die wenigsten Migranten in Griechenland bleiben wollen. Die humanitäre Lage in den Flüchtlingslagern, gerade auf den Inseln, ist berüchtigt. Doch die anderen EU-Länder haben seit 2015 ihre Grenzkontrollen verschärft. Die Westbalkanroute wurde geschlossen. Es ist nicht mehr so leicht, weiterzukommen.

Yahiya hat mittlerweile Asyl erhalten – damit kann er jetzt legal innerhalb Europas verreisen. Sein Ziel: Hamburg. "Teile meiner Familie sind in Afghanistan und haben dort keine Arbeit. Deswegen will ich nach Deutschland, um dort zu leben und zu arbeiten. Meine Frau ist bereits in Deutschland", erklärt er.

Darum ist der Zeitpunkt für Verhandlungen günstig

Das Klima zwischen der Türkei und Griechenland ist derzeit entspannt. Vielleicht könnte es bereits bis zum Jahresende ein neues Abkommen geben. So strebt Griechenland nach den Worten seines neuen Migrationsministers Dimitris Kairidis eine Verlängerung des Flüchtlingsabkommens von 2016 zwischen der EU und der Türkei an: "Wir wollen eine Vereinbarung. Das Klima ist positiv."

Das Thema soll voraussichtlich am 7. Dezember bei einem Treffen zwischen griechischen und türkischen Regierungsvertretern in Thessaloniki diskutiert werden. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatten sich in dieser Woche in New York getroffen.

Grafik: Wie viele Asylanträge wurden im ersten Halbjahr 2023 in den EU-Staaten gestellt?

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