Ein verpacktes Geschenk, dahinter ein goldenes Kästchen, aus dem Geldscheine herausschauen
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Ein verpacktes Geschenk, dahinter ein goldenes Kästchen, aus dem Geldscheine herausschauen (Symbolbild)

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Gerichtsstreit wegen Omas Geldgeschenk

Eine Seniorin hat ihren Kindern und Enkeln Geld geschenkt. Die Frau war zwischenzeitlich Sozialhilfeempfängerin. Vor dem Amtsgericht Augsburg ging es um die Frage, ob die Enkel das Geld dem Staat zurückgeben müssen. Am Ende stand ein Vergleich.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Im sogenannten Schenkungs-Streit vor der Zivilkammer des Augsburger Amtsgerichts gab es eine gütliche Einigung. Der Bezirk Schwaben hatte geklagt, weil er die Kosten für den Heimaufenthalt einer inzwischen verstorbenen Frau zurückhaben wollte und dafür auch die Geldgeschenke der Frau an ihre Familie auf den Prüfstand stellte. Die Seniorin hatte laut Bezirk in den letzten Jahren rund 50.000 Euro an vier Kinder, sechs Enkel und einen Urenkel verschenkt.

Enkel sollen einen Teil des Geschenks zurückzahlen

Über das Verfahren wollte der Bezirk je 2.600 Euro von zwei Enkeln zurück erstreiten. Doch das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Baptist Michale führte beide Parteien zu einem Vergleich. Der Bezirk stimmte dem Vergleich mittlerweile zu. Beide Enkel sollen jeweils 1.200 Euro statt der geforderten 2.600 Euro zahlen. Damit erspare sich die Familie weitere Anwalts- und Gerichtskosten. Denn die rechtliche Lage sei relativ klar, so Michale. Es sei seiner Anschauung nach auch noch keine Verjährung eingetreten.

Geld zurückgeben "schmerzt einfach"

Die Enkel machten deutlich, dass es für sie sehr schwer sein werde, den Vorschlag des Gerichts zu akzeptieren. Denn das Geldgeschenk sei der Oma wichtig gewesen, sie hatte einen Zuschuss zur Hochzeit geben wollen. Aber man sei bereit, den Vorschlag zu akzeptieren, um einen Schlussstrich zu ziehen. Während des Verfahrens kochten zwischendurch immer wieder einmal die Emotionen der Familie im Zuschauerraum hoch, "das schmerzt einfach", so fasst die Anwältin der Beklagten es zusammen.

Geldgeschenke müssen nicht immer zurückgegeben werden

Richter Natale machte aber deutlich, dass die Großmutter von 1.700 Euro Rente pro Monat gelebt hatte und daher ein Geldgeschenk von jeweils 2.600 Euro an die Enkel möglicherweise etwas zu großzügig gewesen sei. Ein Taufgeschenk von 800 Euro an einen Urenkel aber hatte der Bezirk anstandslos akzeptiert.

Sabine Mandel, die Vertreterin des Bezirks, sagte am Rande des Verfahrens, sie könne verstehen, dass viele ältere Menschen noch mit "warmen Händen" geben wollten. Allerdings dürfe dies nicht auf Kosten der Allgemeinheit gehen.

Die Rente der Frau hatte die Heimkosten nicht mehr gedeckt. Ihre Kinder hatten auch nicht genug Geld und haben deshalb Sozialhilfe beantragt. So lief es darauf hinaus, dass der Bezirk Schwaben für 20.000 Euro Heimkosten aufkommen musste.

Die Allgemeinheit soll nicht für Geschenke zahlen müssen

Generell gilt, dass jeder, der Geld verschenkt, das auch wieder zurückfordern kann, wenn er selbst verarmt, innerhalb von maximal zehn Jahren, erklärt der Augsburger Familienrechtexperte Dr. Mathias Grandel auf Anfrage des BR: "Der Gesetzgeber will verhindern, dass sich jemand arm schenkt und die Allgemeinheit die Kosten bezahlt."

Derartige Rückforderungsverfahren seien auch gar nicht so selten. Bei einer Rückforderung durch den Sozialhilfeträger komme es aber auf sehr viele Einzelheiten an, etwa in welchen Verhältnissen die Beschenkten lebten und wofür sie das Geld verwendet haben.

Im vorliegenden Fall hatte laut eines Gerichtssprechers ein Enkel angegeben, das Geldgeschenk für eine etwas üppigere Hochzeitsfeier und eine Flitterwochenreise nach Island ausgegeben zu haben, die man sich sonst nicht gegönnt hätte.

Auch der Sohn soll Geld zurückzahlen

Es sind noch weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Verstorbenen anhängig. Der Sohn der Großmutter wird voraussichtlich Anfang 2024 vor dem Landgericht Augsburg seine Sicht der Dinge erörtern. Auch von ihm will der Bezirk Geld zurück. Doch das findet der Betroffene nicht in Ordnung und wehrt sich vor Gericht gegen die Forderung. Seine Mutter habe sich das Geld, das sie ihren Kindern und Kindeskindern zukommen lassen wollte, "über viele Jahre vom Mund abgespart".

Seine 89-jährige Mutter sei Anfang 2018 in ein Pflegeheim gekommen, so der Sohn, die Rente habe für den Eigenanteil ausgereicht, bis auf 50 Euro, die ihre Kinder übernehmen wollten. Bereits drei Monate später aber sei der Eigenanteil um 350 Euro pro Monat erhöht worden. Daraufhin seien die Kinder gezwungen gewesen, Sozialhilfe für die Mutter zu beantragen. Diese habe zuvor "noch nie irgendwelche Sozialleistungen bezogen, sondern ihr ganzes Erwerbsleben gearbeitet", erzählte der Sohn auf Anfrage des BR.

Sozialamt kann Geschenke innerhalb von zehn Jahren zurückfordern

In den umfangreichen Fragebögen des Sozialamtes sei dann unter anderem auch nach Schenkungen in den letzten zehn Jahren gefragt worden – und es seien entsprechende Rückforderungen gestellt worden. "Davon haben die Kinder der Mutter nichts erzählt, das hätte sie sehr gekränkt und sehr traurig gemacht", so der Betroffene. Sozialhilfe habe sie außerdem nur für einen begrenzten Zeitraum während des Heimaufenthalts bekommen: Aufgrund des neuen Pflegekostenfinanzierungsgesetzes habe die Frau ab Januar 2022 den Eigenanteil wieder aus ihrer Rente selbst bezahlen können, bestätigt der Sohn. Im Sommer 2022 sei sie dann verstorben. Und während die Enkel einen Teil des Geldes nun zurückzahlen werden, um einen Schlussstrich zu ziehen, laufen die anderen Verfahren in Augsburg und in Dortmund weiter.

Im Audio: Dr. Mathias Grandel, Familienrechtexperte

Der Augsburger Rechtsanwalt Dr. Mathias Grandel vor einer Bücherwand
Bildrechte: Dr. Mathias Grandel
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Es kommt gar nicht so selten vor, dass Beschenkte Geld zurückgeben müssen, sagt Rechtsexperte Grandel

Dieser Artikel ist erstmals am 26. September auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert.

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