Flüchtlinge in Griechenland
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Schiffbruch vor Pylos, hier Überlebende Mitte Juni.

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Schiffsunglück: Schwere Vorwürfe gegen griechische Ermittler

Unterdrückte Beweismittel, verfälschte Protokolle: Gut zwei Wochen nach der Schiffskatastrophe vor der griechischen Küste mit hunderten Toten geraten die Ermittler in Erklärungsnot. Überlebende berichten von Manipulationen. Kann die EU handeln?

Als ein Fischkutter mit etwa 750 Geflüchteten an Bord am frühen Morgen des 14. Juni vor der griechischen Küste sank, kam ein Großteil der Menschen ums Leben - mehr als 500 Tote und Vermisste, es war das schwerste Bootsunglück seit Jahren. Seither reißen die Vorwürfe Überlebender nicht ab.

Küstenwache und Ermittler im Zentrum der Kritik

Unter anderem steht die griechische Küstenwache im Fokus; viele Stunden verstrichen, bevor sie wirksame Rettungsmaßnahmen einleitete, womöglich war sie sogar für das Kentern des Schiffes verantwortlich - durch ein hinübergeworfenes Tau und ein darauffolgendes Wendemanöver, das eine starke Welle nach sich gezogen haben soll. Und nun zeigen Recherchen einer internationalen Kooperation des ARD-Magazins Monitor (mit "Lighthouse Reports", "Der Spiegel", "El País", SIRAJ und "Reporters United"), dass griechische Ermittler Beweismittel unterdrückt oder manipuliert haben.

Die griechische Küstenwache bestreitet ihrerseits vehement, irgendetwas mit dem Kentern des Bootes zu tun gehabt zu haben. Detailfragen beantwortet sie mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht. Nun kommen die griechische Ermittler ins Spiel. Sie sollen klären, was genau passiert ist. Die Überlebenden und Experten fordern aber eine international unabhängige Untersuchung.

Große Skepsis gegenüber den griechischen Behörden

Denn das Misstrauen Überlebender und Hinterbliebener ist groß. Gestützt wird es von Berichten, Überlebenden seien ihre Handys abgenommen - bis heute hätte sie diese trotz Versprechens nicht zurückbekommen. Ein Überlebender erzählt, alles mit dem Handy gefilmt zu haben, auch "den Moment, als sie das Seil angebracht haben, den Moment, als sie uns gezogen haben, als Menschen ertranken und das Boot nach rechts und links schwankte".

Schiff mit Flüchtlingen vor griechischer Küste
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Das Unglücksschiff

Ein anderer Überlebender sagt, seine Zeugenaussage - etwa über das Tau der Küstenwache am Bug des Fischkutters und über das Abschleppmanöver - habe sich nicht in den Vernehmungsprotokollen der Küstenwache wiedergefunden. Außerdem liegen den recherchierenden Journalistinnen und Journalisten mehrere Vernehmungsprotokolle verschiedener Überlebender vor, die von unterschiedlichen Personen übersetzt wurden und dennoch wortgleiche Passagen enthalten, die die Küstenwache entlasten.

Unterdrücken und manipulieren die griechischen Behörden also Aussagen und Beweismittel? Das Außenministerium antwortet auch zu diesen Vorwürfen lediglich, dass man detaillierte Fragen wegen der laufenden Ermittlungen nicht beantworten könne. Und die EU-Kommission? Steht bisher hinter Griechenland und den griechischen Ermittlungen.

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