07.11.2023, Nordrhein-Westfalen, Bonn: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Festveranstaltung ·20 Jahre Deutscher Betriebsrätetag· im World Conference Center teil. Rund 1000 Betriebsräte sind angemeldet. Sie beraten über aktuelle Entwicklungen aus den Bereichen Arbeit und Sozialordnung. Der Kongress steht unter dem Motto «Mehr Mitbestimmung wagen». Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Rolf Vennenbernd

20 Jahre Deutscher Betriebsrätetag

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Migranten-Aufnahmezentren in Albanien: Scholz zeigt sich offen

Italien hat vorgeschlagen, in Albanien Zentren zur Aufnahme von Migranten einzurichten. Kanzler Olaf Scholz hält das für möglich. Doch reicht das der Opposition – insbesondere der Union? CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt macht Druck.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich offen für italienische Pläne gezeigt, in Albanien Zentren zur Aufnahme von Migranten einzurichten. Am Rande des Kongresses der europäischen Sozialisten im spanischen Malaga verwies er am Samstag darauf, dass Albanien EU-Beitrittskandidat sei. "Insofern reden wir in Wahrheit um eine Frage, wie man gemeinsam Herausforderungen und Probleme lösen kann in der europäischen Familie", fügte er hinzu. Solche Regelungen seien möglich. "Wir werden das alle genau verfolgen", sagte der SPD-Politiker.

Absichtserklärung zwischen Italien und Albanien

Scholz pochte ebenso wie die Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, Katharina Barley, darauf, dass die EU die Reform des europäischen Asylrechts noch in dieser Legislatur des Europäischen Parlaments abschließen solle. Darin sind unter anderem ein besserer Grenzschutz und ein Verteilmechanismus für Flüchtlinge auf die EU-Staaten enthalten.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und Albaniens Regierungschef Edi Rama hatten am Montag eine Absichtserklärung zur Errichtung von zwei Zentren zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten in Albanien unterzeichnet. Menschen, die von Schiffen der italienischen Behörden gerettet werden, sollen nach Albanien gebracht werden, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wird, sollen dann nach Italien gebracht werden.

Eine derartige Lösung könnte die Regel werden. Die Zeit drängt. Die Zahl neuer Asylsuchender in Deutschland hat im Oktober mit 31.887 den höchsten Wert seit 2016 erreicht. Im September 2016 war die Zahl der Erstanträge mit mehr als 70.000 letztmals höher als im zurückliegenden Oktober, sagte ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BaMF) in Nürnberg. Seit Jahresbeginn wurden laut BaMF 267.384 Erstanträge auf Asyl gestellt.

Merz kritisiert mangelnde Kooperationsbereitschaft des Kanzlers

Olaf Scholz und die Regierungschefs der 16 Länder hatten sich in der Nacht zum Dienstag nach monatelangem Streit über die Aufteilung der Flüchtlingskosten geeinigt und Maßnahmen zur Verringerung der irregulären Migration nach Deutschland vereinbart.

Allerdings sehen Teile der Opposition das Migrations-Problem noch nicht gelöst. So gab es zuletzt vorsichtige Annäherungsversuche. Scholz und Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CSU) hatten sich getroffen, um das Migrationsthema zu diskutieren. Ein Deutschlandpakt stand im Raum. Allerdings hatte Merz dann aber weiteren Gesprächen vorerst eine Absage erteilt.

Scholz habe es abgelehnt, eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Regierung und Union zur Steuerung der Zuwanderung einzusetzen. "Damit ist das Thema Deutschlandpakt zum Thema Migration aus meiner Sicht erledigt", sagte der CDU-Chef. "Ich erkenne im Augenblick beim Bundeskanzler keine Bereitschaft, die Gespräche mit uns substanziell fortzusetzen."

Unter der Woche sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, dass weitere Gespräche vorstellbar seien. Bedingung sei allerdings, dass Scholz Änderungen vorschlage, die tatsächlich zu geringeren Migrationszahlen führen würden. So müsse schon "an der Grenze entschieden werden, ob jemand bleibt oder nicht", betonte der CDU-Generalsekretär im Gespräch mit dem Portal "The Pioneer". Außerdem dürften "in Zukunft nur noch Menschen zu uns kommen, die bereits einen positiven Asylbescheid haben". Ein "Paradigmenwechsel" sei entscheidend für die Wiederaufnahme der gemeinsamen Gespräche.

CSU: Migrationsthema muss auch wegen AfD gelöst werden

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt knüpft neue Gespräche von Union und Bundesregierung über einen gemeinsamen Migrationspakt an Bedingungen. "Der Ball liegt beim Bundeskanzler. Er trifft die Entscheidung über weitere Einladungen der Opposition zu Gesprächen", sagte Dobrindt mit Blick auf Regierungschef Scholz der "Augsburger Allgemeinen". "Dafür muss er allerdings die Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit der Situation erkennen. Ich bin nicht sicher, ob das der Fall ist", sagte Dobrindt.

"Unsere Bereitschaft ist weiterhin da, die aktuelle Migrationskrise gemeinsam mit dem Bundeskanzler zu bearbeiten", sagte er. Die Entscheidungen müssten aber zu einer echten Asylwende führen.

Dobrindt pocht auf Asylverfahren außerhalb Europas

Dass die Bundesregierung Asylverfahren außerhalb Europas prüfen lassen will, dazu sagte Dobrindt: "Reine Prüfaufträge wie der über Drittstaaten-Lösungen im Beschluss mit den Ministerpräsidenten sind mit uns nicht zu machen." Die illegale Migration könne nur nachhaltig gestoppt werden, wenn man die Schleuser-Systeme durchbreche. "Wenn die Asylverfahren und das Gewähren von Schutz außerhalb Europas stattfinden, erreichen Migranten schlichtweg unsere Sozialsysteme nicht mehr", sagte Dobrindt. "Das zerstört die Logik des Schleusergeschäfts, weil es damit keinen Sinn mehr macht, für eine kriminelle Schleusung Tausende von Euro zu bezahlen."

Wenn das Migrationsthema nicht gelöst werde, werde man bei der Europawahl im nächsten Jahr sehen, dass die AfD stärkste Partei werde, so Dobrindt. "Destabilisierung und Emotionalisierung in der Gesellschaft werden weiter zunehmen. Für die Landtagswahlen im Osten offenbaren sich damit problematischste Prognosen, und es stellt sich die Frage, wann ein Kipppunkt für die deutsche Politik erreicht ist, der nicht mehr umzukehren ist", sagte der CSU-Politiker. 2024 sind Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg.

Mit Informationen von Reuters und dpa.

Audio: Asylverfahren außerhalb der EU

Schriftlicher Asylerstantrag des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Symbolbild)
Bildrechte: pa/dpa/Julian Stratenschulte
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Schriftlicher Asylerstantrag des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Symbolbild)

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!