Es gibt Tricks, wie Falschinformationen zu erkennen sind.
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Auch ältere Menschen sind Opfer von Desinformation.

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Fakten-Prüfen für Senioren: So erkennen Sie Falschinformationen

Facebook oder Whatsapp, Telegram oder Twitter: Auch ältere Menschen sind Ziel von Desinformation. Schnell bleibt Falsches hängen. Einfache Tricks vom #Faktenfuchs fürs Faktenchecken daheim.

Darum geht’s:

  • Auch ältere Menschen nutzen häufig Soziale Medien - und begegnen dort Desinformation (landläufig: "Fake News").
  • Es gibt Tricks, wie man diese Falschbehauptungen entdecken kann.
  • Der wichtigste Schritt: nach Quellen suchen.

So manche Falschinformation ist darauf ausgerichtet, gezielt auch ältere Menschen zu verunsichern. Rentner und Rentnerinnen können zum Beispiel durch Falschbehauptungen dazu aufgestachelt werden, sich gegen andere Gruppen zu wenden - zum Beispiel gegen Hartz-IV-Empfänger und zugleich gegen ukrainische Geflüchtete, wie in diesem Beispiel:

Die Falschbehauptung: Wer 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, bekomme weniger als - zum damaligen Zeitpunkt - ein Hartz-IV-Bezieher (wozu auch Geflüchtete aus der Ukraine zählen können). Der Hartz-IV-Bezug übersteige hingegen "schnell mal 1.000 Euro". In Wahrheit ist es genau andersherum, wie der #Faktenfuchs nachgewiesen hat: Nach 35 Jahren lag die Rente zuletzt im Schnitt bei rund 1.300 Euro, der durchschnittliche Hartz-IV-Bezug inklusive Miete für eine einzelne Person lag zuletzt bei weniger als der Hälfte: bei rund 620 Euro.

Diese Falschbehauptung kursierte auch auf Facebook. Das ist das Netzwerk, das von Menschen ab 70 Jahren vor allem verwendet wird. Zehn Prozent von ihnen nutzen mindestens einmal pro Woche Soziale Medien, so die ARD/ZDF-Onlinestudie 2022. Den Messenger Whatsapp verwendeten zuletzt etwas mehr als die Hälfte dieser Altersgruppe mindestens wöchentlich.

Doch herauszufinden, ob eine Information aus den Sozialen Medien falsch ist oder nicht, erfordert einige Recherche. Eine Recherche, die man auch als einfacher Internetnutzer machen kann. Es erfordert aber das Bewusstsein, dass es einzelne Menschen oder Gruppen gibt, die andere bewusst täuschen wollen - und einige Kenntnisse im Umgang mit dem Internet.

Welche Wege können Sie nun gehen, um Behauptungen selbst zu prüfen? Der #Faktenfuchs erklärt in einigen Schritten, wie man Fakten online checken kann. Dafür braucht man ein paar grundlegende Kenntnisse der Internetnutzung, die wir im Text mit erklären - für die, die das brauchen.

Welche Arten von Falschinformation ("Fake News") gibt es?

Häufig tauchen Falschinformationen in Form von Fotos oder Videos auf, die aus dem Kontext gerissen wurden. Es wird dann behauptet, dass sie von einem anderen Ort und/oder einem anderen Zeitpunkt stammen, als sie es tatsächlich tun. Der echte Zusammenhang wird unterschlagen.

Ähnlich kann das mit Zitaten oder Zahlen sowie anderen Fakten passieren, die in falschem Zusammenhang oder begleitet von Falschbehauptungen eingesetzt werden um einer bestimmten Darstellung zu dienen.

Was Internetnutzern auch begegnen kann: Manipulierte Bildschirmaufnahmen (Screenshots) von angeblichen Beiträgen auf anderen Webseiten oder Plattformen. Ein Beispiel: Auf Facebook taucht ein Bild von einem vermeintlichen Beitrag in einem Sozialen Netzwerk auf, der so aber nie geschrieben wurde.

So kann etwa einer Politikerin oder einem Politiker eine Aussage unterstellt werden, die er oder sie gar nicht getroffen hat - und das gefälschte Bild davon soll als Beleg dienen. Auch möglich: Falsche Nachrichtenseiten, die nur vorgeben, von einer journalistisch arbeitenden Redaktion zu stammen. Dass Inhalte frei erfunden werden, also schlicht Lügen verbreitet werden, kommt ebenfalls vor.

Mehr zu den Taktiken, mit denen Falschinformationen verbreitet werden, steht in diesem #Faktenfuchs.

Was ist das Ziel von Desinformation?

Wenn die Falschinformationen wissentlich verbreitet werden, um einem Menschen, einer Gruppe oder zum Beispiel einer Regierung zu schaden, dann sollen meist vor allem Zweifel gesät werden. Es geht nicht unbedingt darum, dass die Internetnutzer die Falschbehauptungen glauben - aber sie sollen verunsichert werden.

Mit Desinformation (absichtlich und wider besseren Wissens verbreitete Falschinformation) erhält man auch Aufmerksamkeit - und manchmal lässt sich diese auch zu Geld machen. Die Ziele sind also unterschiedlich. Zudem hat nicht jede oder jeder, der eine Falschinformation weiterleitet, eine böse Absicht: Wer sie glaubt, möchte andere vielleicht warnen. Gerade deshalb: Man sollte (vermeintliche) Fakten immer überprüfen, bevor man sie weiterverbreitet.

Erste Hinweise auf Falschinformation

Was löst der Inhalt bei Ihnen aus? Starke Emotionen, zum Beispiel Überraschung, Abscheu oder Empörung? Sollen Sie emotional in eine bestimmte Richtung gedrängt werden? Bestätigt die Behauptung allzu sehr ihre Weltsicht? Dann ist die Behauptung vielleicht "zu gut, um wahr zu sein".

Eine weitere wichtige Frage ist: Wie gut sind die Behauptungen belegt? Werden Quellen genannt für die einzelnen Aussagen?

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Erster Tipp: Löst ein Inhalt starke Gefühle aus? Das ist ein Warnhinweis: Es könnte sich um eine Falschinformation handeln.

Recherchieren Sie selbst: Seitwärts lesen

Es gibt ein paar Fragen, die Sie sich immer stellen sollten: Wer steckt hinter der Information? Was sind die Belege? Und was sagen andere Quellen?

Das Wichtigste, um hierauf Antworten zu finden, ist das "lateral reading" (Englisch) - also sozusagen seitwärts zu lesen, wie es auch die Max-Planck-Gesellschaft empfiehlt. Das bedeutet, quasi einen Schritt zurückzutreten, die Webseite, die Plattform oder die App, in der man sich gerade befindet, zu verlassen und die Recherche woanders zu beginnen.

Dafür nutzt man einen Browser, also ein Programm, mit dem man ins Internet geht und Webseiten öffnet. Dort kann man einen neuen Tab öffnen. Das ist eine neue Registerkarte im Browser, auf der man dann zum Beispiel eine Suchmaschine wie Google, Bing oder DuckDuckGo aufmacht. Bekannte Browser sind zum Beispiel "Chrome", "Firefox", "Edge" oder "Safari".

Eine Webseite kann man öffnen, indem man die Internetadresse oder die Webadresse (ein anderer Begriff ist die "URL") in die dafür vorgesehene Leiste ganz oben im Browser eingibt. Das gilt für die Adressen der Suchmaschinen wie für andere Seiten, wie etwa "www.br.de". Wie das genau geht, erklärt zum Beispiel dieses Video der Bundeszentrale für Politische Bildung.

Mit einer Suchmaschine kann man mit einem oder mehreren Suchbegriffen nach dem Thema suchen und mehr Informationen finden. Dazu hier das Erklärvideo der Bundeszentrale für Politische Bildung. Einer dieser Suchbegriffe könnte dabei auch "Faktencheck" sein. Denn manchmal gibt es auch schon Faktenchecks zu den Behauptungen, zum Beispiel vom BR24 #Faktenfuchs, von der Rechercheplattform Correctiv, von den Nachrichtenagenturen dpa oder AFP oder anderen Redaktionen.

Manchmal aber, gerade wenn es um Verschwörungstheorien oder auch ganz neue Behauptungen geht, findet man keine seriösen Quellen: Hier gibt es dann oft noch "Lücken" im Internet, also kaum Informationen darüber, wie es wirklich ist. Die Gefahr: Man findet gegebenenfalls nur weitere verschwörungsideologische Seiten und geht so immer weiter in die falsche Richtung. Um das festzustellen, kann es helfen, sich - siehe Punkt 3 - zu fragen, ob der Inhalt einer Seite seriös ist oder nicht. Und ob der Inhalt vor allem emotional ansprechen soll, etwa empören oder verängstigen.

Hat man eine Seite oder auch ein Dokument, etwa ein PDF, zu dem gesuchten Thema gefunden, kann man diese durchsuchen. Das geht mit dem Tastenbefehl "Strg + F". Hierfür öffnen Sie die Datei oder die Internetseite, die Sie durchsuchen wollen. Drücken Sie dann gleichzeitig die zwei Tasten "Strg" und "F", um die Suchfunktion zu starten. Es öffnet sich ein Suchmenü. Dort können Sie das Wort oder die Zahl, die Sie suchen wollen, eingeben. Im Dokument werden dann die gesuchten Stellen markiert, sie können von einer Stelle zur nächsten und zurück gelangen, indem Sie auf die Pfeile neben dem Suchfeld klicken oder die Enter-Taste drücken.

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Tipp 2: Recherchieren Sie selbst - in einem neuen Tab.

Quellen überprüfen

Bei Google zum Beispiel werden in den Ergebnissen oft auch Fragen und aufklappbare Antworten angezeigt. Verfolgen Sie immer die angegebenen Links zu den Quellen und prüfen sie diese auf ihre Aussagekraft und Seriosität.

Das gilt generell für Quellen: Fehlt etwa ein Datum? Das ist ein Zeichen dafür, dass die Quelle nicht seriös ist. Gibt es eines, ist das umgekehrt noch kein Hinweis darauf, dass die Inhalte einer Seite vertrauenswürdig sind. Weiterhelfen können auch diese Fragen: Wer steckt hinter einer Webseite? Eine Behörde zum Beispiel, eine wissenschaftliche Einrichtung oder eine Privatperson, die vielleicht nur eine Einzelmeinung äußert? Gibt es ein Impressum - also einen Hinweis darauf, wer verantwortlich ist? Mit einer Adresse?

Eine gültige Anschrift, über die man die Urheber der Inhalte erreichen kann, ist Pflicht, sofern sich eine Seite nicht ausschließlich an Familie und Freunde richtet. Wenn zum Beispiel Werbung geschaltet ist, muss ein Impressum da sein. Gibt es keine, ist das ein Zeichen dafür, dass die Seite nicht seriös ist. Finden sich mehrere seriöse Quellen mit ähnlichem Inhalt?

Eine seriöse Seite gibt also ein Datum für die einzelnen Beiträge an, ein Impressum, häufig Autorennamen, Hinweise zur Finanzierung und eine öffentliche Fehlerkorrektur (etwa in Anmerkungen unter einem Artikel). Sie nennt außerdem Belege für die Informationen.

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Tipp 3: Prüfen Sie die Quellen!

Bilder-Rückwärtssuche

Will man ein Bild auf seine Herkunft überprüfen, funktioniert das über eine Bilder-Rückwärtssuche. Dafür bieten sich verschiedene Suchmaschinen an, wie "Google", "Bing" oder "Yandex". Dort lädt man das Bild hoch oder kopiert die URL des Bildes in die Suchleiste und prüft die Ergebnisse. Schritt für Schritt funktioniert das so:

  1. Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf das Bild, das Sie prüfen wollen.
  2. Sie können dann "Bildadresse kopieren" auswählen.
  3. In einem neuen Tab öffnen Sie zum Beispiel Google (oder eine andere Suchmaschine) und klicken dort im Suchfeld auf das Kamera-Symbol.
  4. Sie werden aufgefordert, den Bildlink (URL), den Sie gerade kopiert haben, einzufügen.
  5. Über einen Rechtsklick können Sie "Einfügen" wählen.
  6. Dann sucht Google für Sie ähnliche Bilder. Über dem Ergebnis sehen Sie die Option "Bildquelle suchen". Darüber können Sie herausfinden, woher das Bild stammt.

In den Suchergebnissen können sie nachsehen, ob das Bild schon zu einem früheren Zeitpunkt auftaucht, als bei ihrem Ihrem Ausgangsbild behauptet, oder ob es vielleicht von einem anderen Ort stammt. Ist dem so, soll der Inhalt meist in die Irre führen. Mehr zum Prüfen von Bildern finden Sie in diesem #Faktenfuchs oder hier bei Correctiv.

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Tipp 5: Bilderrückwärtssuche - dafür gibt es verschiedene Angebote.

Inhalte auf Logik und Scheinargumente überprüfen

Oft ergeben Falschbehauptungen zunächst zwar scheinbar Sinn, weil sie so tun, als bestätigten sie das, was man bereits zu wissen glaubt. Das hängt mit dem Bestätigungsfehler, der "confirmation bias" zusammen, dem wir alle immer wieder unterliegen. Einzelheiten dazu können Sie hier nachlesen.

Aber bei genauerem Hinsehen verbergen sich bisweilen falsche Argumente und Schlussfolgerungen in den Behauptungen. So kann zum Beispiel glaubwürdig wirken, wer so tut, als würde er oder sie Ursache und Wirkung aufzeigen - obwohl die beiden Dinge nur zeitlich zusammenfallen, aber nicht ursächlich verbunden sind. Es gibt noch weitere Scheinargumente, die man durch etwas Übung entdecken kann.

Mehr zu weiteren Falschinformations-Tricks können Sie in diesem #Faktenfuchs lesen.

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Tipp 5: Schauen Sie genau auf den Inhalt - und mögliche Scheinargumente oder Logik-Fehler.

Schritt für Schritt am Beispiel

Nun zurück zu unserem Beispiel von oben: der Behauptung über die Höhe von Rente und Hartz-IV (das inzwischen durch das Bürgergeld ersetzt wurde). Wie kann man als Internetnutzer dieser Falschbehauptung auf die Spur kommen?

Es verlangt genaues Hinsehen. Wir nehmen Sie hier Etappe für Etappe mit auf den Weg. Auch wir beim #Faktenfuchs beginnen unsere Recherche mit diesen Schritten

Zunächst kann man die Zahlen und Begriffe, die in dem verbreiteten Video genannt werden, in einem neuen Tab (siehe oben) in eine Google-Suche eingeben - verbunden mit einigen relevanten Suchwörtern. Suchen Sie möglichst konkret.

Der "Rentenzahlbetrag" habe in Deutschland zuletzt bei 989 Euro gelegen, heißt es in dem Video. Suchen Sie also - in diesem Beispiel - "989 Euro Rentenzahlbetrag". Das Ergebnis: Eine Liste von Webseiten. Eine davon gehört zur Deutschen Rentenversicherung. Weil dort die 16 Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zusammengefasst sind, ist das eine gute Quelle, um offizielle Zahlen zu Rentenbezügen in Deutschland zu überprüfen.

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Ein Suchergebnis mit der Suche "989 Euro Rentenzahlbetrag".

Neben einem der aufgeführten Links zur Rentenversicherung steht "PDF" - der Hinweis von Google, dass der Link uns nicht zu einer weiteren Webseite führt, sondern zu einem PDF-Dokument, also zu einem Dokument in einem bestimmten Dateiformat.

Wir öffnen dieses Dokument mit Daten der Deutschen Rentenversicherung wiederum in einem neuen Tab (damit die ursprüngliche Suche erhalten bleibt) - zum Beispiel durch einen rechten Mausklick und der Option "In einem neuen Tab öffnen". In diesem PDF nun kann man über die Tastenkombination "Strg + F" die gesuchte Zahl finden: 989 Euro (Anleitung siehe oben).

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Das Bild zeigt einen Ausschnitt eines PDF der Deutschen Rentenversicherung. Mit "Strg F" lassen sich Zahlen in Dokumenten suchen.

Diese Zahl findet sich zweimal: 989 Euro ist laut dem Dokument …

  • die durchschnittliche Summe für jene Menschen, die 2020 erstmals Altersrente bezogen haben
  • die durchschnittliche Summe des gesamten Altersrentenbestands im Jahr 2020 (also aller verschiedenen Altersrentenbezüge)

Aber Vorsicht: Keine dieser beiden Gruppen von Rentenbeziehern bildet das ab, wovon in dem Video die Rede war. Nämlich, dass jeder, der 35 Jahre lang eingezahlt hat, diese Summe von 989 Euro bekomme. Wir finden die Zahl also schon einmal nicht in Zusammenhang mit den 35 Jahren, die eingezahlt worden sein soll, wie im Video behauptet.

Suchen wir im selben Dokument - wieder über "Strg F" - die Zahl "35", um diese Gruppe zu finden. Wir werden wieder fündig. Die Suche führt uns zur Zeile mit der Angabe zu den "35 Versicherungsjahren". Die Summe beträgt 1310 Euro.

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Das Bild zeigt einen Ausschnitt eines PDF der Deutschen Rentenversicherung. Hier ist die Zahl "35" in Rot umrandet - das Suchergebnis.

Hiermit haben wir einen Teil der Recherche erledigt - und herausgefunden, dass hier eine offizielle Zahl (989 Euro) aus ihrem Kontext gerissen und in einen falschen Zusammenhang gestellt wurde: Rentner nach 35 Beitragsjahren bekommen 1311 Euro - und nicht 989 Euro. Damit ist der erste Teil der Behauptung falsch. Ein erster Hinweis darauf, dass das Video in die Irre führt.

Der zweite Teil der Recherche ist etwas schwieriger. Es kann durchaus komplex werden, wenn man selbst recherchiert. Lassen Sie sich davon nicht verunsichern. Prüfen Sie bei neuen Fragen, die Ihnen begegnen, immer wieder, ob es zu einzelnen Aspekten schon Berichte von seriösen Medien oder Faktencheckern gibt.

In unserem Beispiel geht es nun um die Frage, wie viel ein Hartz-IV-Empfänger zuletzt im Durchschnitt bekam und zwar inklusive der Miete - denn in dem Video heißt es ja, die Summe übersteige "schnell mal 1.000 Euro". Was im Schnitt für eine einzelne Person nicht zutrifft.

Googelt man die Frage, wie viel ein Hartz-IV-Empfänger im Schnitt bekommt, gelangt man zum Beispiel zu einem Artikel der Süddeutschen Zeitung (archiviert), der allerdings aus dem Jahr 2018 stammt. Darin ist aber für einen Single eine Zahl genannt, die deutlich unter 1.000 Euro liegt, nämlich 742 Euro. Damit haben wir keine aktuelle Zahl gefunden, aber einen weiteren Hinweis dafür, dass die Informationen im Video möglicherweise nicht stimmen. Das kann eine Ermutigung sein, weiter zu suchen - auch wenn es nicht einfach ist.

An dieser Stelle wird es für Nicht-Journalisten tatsächlich schwierig - aber nicht unmöglich.

Denn auch die Summe von rund 620 Euro, die wir auch in unserem #Faktenfuchs als Beleg nutzen, steht öffentlich zugänglich im Netz. Man findet sie, wenn man die entsprechende Behördensprache kennt und bei der Suche verwendet: etwa die Suchwörter "anerkannte Bedarfe" in Kombination mit "Hartz IV".

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Eine Suche auf Google bringt ein Dokument der BIAJ zum Vorschein.

Damit stößt man - nach etwas Scrollen, also Nach-Unten-Schieben - auf ein Dokument des Bremer Instituts für Arbeitsmarktsforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ). Darin steht die von dem Institut berechnete Summe für den "durchschnittlich anerkannten Bedarf für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Mehrbedarfe und Kosten der Unterkunft und Heizung) in Höhe von 624,10 Euro pro Person".

Damit liegt der Rentenbezug nach 35 Jahren (1310 Euro) höher als der durchschnittliche Hartz-IV-Bezug im entsprechenden Vergleichszeitraum. Es ist also das Gegenteil richtig von dem, was in dem Video behauptet wurde.

Weitere Tipps

Zugegeben: Alle Belege selbst zu finden, kann schwierig sein und manchmal unmöglich. Doch die Hinweise, dass die Zahlen im Video möglicherweise nicht stimmen, kann man gut selbst entdecken. Damit sitzt der Zweifel schon an der richtigen Stelle.

Einen kostenfreien Faktencheck-Kurs für Senioren und Seniorinnen auf Englisch gibt es beim Poynter Institute, einer US-amerikanischen Journalistenschule:

Sollten Sie bei einem Verdacht auf Falschinformation einmal nicht weiterkommen: Schreiben Sie uns doch eine Mail an faktenfuchs@br.de!

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