Blick über Häuserdächer hinweg auf den Eiffelturm in Paris
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Europa steckt in einer Energiekrise. In Frankreich ist vor allem der Strom knapp.

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Energiekrise: So gehen europäische Länder damit um

Frankreich kämpft gegen Stromknappheit, Italien verschärft seine Heizregeln und Österreich startet "Mission 11" fürs Energiesparen. Außerdem in unserem Blick auf andere europäische Länder in der Energiekrise: Strom-Besonderheiten in Schweden.

Europa steckt in einer Energiekrise und jedes Land versucht, bestmöglich über den Winter zu kommen. Die Nöte, aber auch die Lösungsansätze sind unterschiedlich. BR24 wirft einen Blick nach Frankreich, Italien, Österreich und Schweden.

Frankreich: Strom-Krise und ein Machtwort des Präsidenten

In Frankreich ist nicht das Gas knapp, sondern der Strom. Denn die Stromproduktion ist dramatisch eingebrochen. Über die Hälfte aller 56 Reaktoren stand im europäischen Kernenergieland Nummer 1 über Wochen still. Dafür gibt es drei Gründe: Die Pandemie hat dazu geführt, dass dringend notwendige Wartungsarbeiten aufgeschoben wurden und dieses Jahr nachgeholt werden mussten. Außerdem gab es an insgesamt 15 Reaktoren unerwartete Korrosionsprobleme. Zusätzlich hat ein Streik von Mitarbeitenden des Atomstromproduzenten EDF für Verzögerungen im Reparaturplan gesorgt. Seit Anfang Dezember sind aber immerhin 40 Reaktoren wieder am Netz.

Die Regierung ist dennoch in Sorge. Nur wenn es gelingt, die Zahl der produzierenden Reaktoren bis Januar auf 45 zu steigern, wird Frankreich den Winter sicher ohne koordinierte Stromabschaltungen überstehen. Die Angst geht um, dass in manchen Orten die Lichter ausgehen könnten. Ein detaillierter Notfallplan wurde erarbeitet und an Computern simuliert, wie man klar begrenzte Regionen oder Viertel in einem rollierenden System ca. zwei Stunden am Tag vom Stromnetz nehmen könnte. Dann wären auch Schulen oder der Zugverkehr betroffen.

Die akribische Vorbereitung auf diesen Ernstfall hat in Frankreich für so viel Unruhe gesorgt, dass sich Präsident Macron zuletzt genötigt sah, ein Machtwort zu sprechen: "Stopp jetzt! Keine Angstszenarien. Wir halten alle zusammen und schreiten voran!", erklärte er. Damit es soweit nicht kommt, wirbt die Regierung auf allen Kanälen fürs Stromsparen. Zehn Prozent weniger Verbrauch ist das Ziel. Bei ungefähr sieben Prozent Reduktion ist man jetzt angelangt. Der Stromnetzbetreiber RTE hat die Strom-App Ecowatt entwickelt. Sie zeigt an, wie viel Stress im Stromnetz ist und warnt in einem Ampel-System vor Engpässen. Bei Rot sollte die Bevölkerung unnötige Geräte abschalten. Rund eine Million Menschen haben die App bisher auf ihr Handy geladen.

  • Zum Artikel: "Warum knappes Erdgas jetzt in die Stromerzeugung fließt"

Italien: Staatliche Vorgaben, wie lange geheizt werden darf

Wer in Rom in einer Wohnung lebt und sich die Zentralheizung mit anderen teilt, kann nicht selbst entscheiden, wann es warm wird und wann nicht. Die Hausgemeinschaft bestimmt, zu welcher Uhrzeit geheizt wird. Da kann es passieren, dass es in der Früh kalt bleibt, wenn die meisten Mitbewohner Senioren sind und es lieber untertags warm haben. Wer früh raus muss, um in die Arbeit oder in die Schule zu gehen, muss dann einfach frieren. Denn auch in Rom sinken die Temperaturen schon mal bis zum Gefrierpunkt.

Diese Vorgaben gibt es in Italien schon lange, aus Klimaschutz- und Kostengründen. Das Land ist in Klimazonen eingeteilt, je südlicher es geht, desto später im Jahr und insgesamt weniger darf geheizt werden. Infolge der Energiekrise sind die Regeln verschärft worden, in Rom etwa muss 14 Stunden pro Tag die Heizung ausgeschaltet bleiben, zuvor war es eine Stunde weniger. Die Raumtemperatur darf nicht höher als 19 Grad sein, auch das soll Energie sparen.

Bis vor kurzem war Italien stark vom russischen Gas abhängig. Doch die vorherige Regierung unter Ministerpräsident Draghi hatte nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine schnell reagiert und neue Lieferungsabkommen mit vielen Ländern geschlossen, inzwischen kommt das meiste Gas aus Algerien und Aserbeidschan. Während so die Gasspeicher Anfang November zu rund 95 Prozent gefüllt waren, sind sie mittlerweile auf 88 Prozent zurückgegangen.

Doch auch der Gasverbrauch ist seit Anfang November im Vergleich zu den letzten drei Jahren weniger geworden. Möglicherweise lag das am ungewöhnlich warmen Wetter, möglicherweise haben die Menschen tatsächlich gespart, vor allem auch wegen der hohen Preise. Dabei greift die Regierung ihnen immer wieder unter die Arme – mit Steuergutschriften, Boni und Senkung der Steuern. Den Tankrabatt allerdings, den möchte die jetzige Regierung unter Ministerpräsidentin Meloni nicht verlängern.

Österreich: "Mission 11", um zum Energiesparen zu bewegen

"Mission 11" nennt die österreichische Regierung ihre Bemühungen, die Menschen zum Energiesparen zu bewegen. Elf Prozent – so hoch ist in Österreich das Einsparpotenzial durch kleine Verhaltensänderungen. Entsprechend die Tipps: Stoßlüften, Duschen statt Baden, Bus und Bahn statt Auto fahren. Motiviert werden sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher mit Plakaten. "Schluss mit luftig!" (Fenster abdichten) oder "Beende die Eiszeit!" (Tiefkühler abtauen spart Energie) steht drauf, in ziemlich knalligen Farben.

Ob's hilft? Im Oktober lag der Gasverbrauch in Österreich gut 26 Prozent unter dem Wert vom Vorjahr. In der Hauptstadt Wien, wo rund ein Viertel der österreichischen Bevölkerung lebt, ist der Gasverbrauch auch im November zurückgegangen (-13 Prozent). Allerdings war der Herbst auch wärmer als vor einem Jahr. Die hohen Preise dürften ihr Übriges dazu beitragen, dass die Heizperiode in vielen Haushalten später begann als in früheren Jahren. Mit dem aktuellen Kälteeinbruch dürfte der Gasverbrauch aber wieder steigen. Die Regulierungsbehörde E-Control (ähnlich der Bundesnetzagentur) spricht von einer angespannten Lage, eine Verschlechterung könne nicht ausgeschlossen werden. Auch die E-Control ermahnt die Verbraucherinnen und Verbraucher deshalb zum Sparen. Die Gasspeicher sind aber noch gut gefüllt, aktuell zu mehr als 85 Prozent.

Schweden: Monatliche Stromrechnung nach Verbrauch

Viele Menschen in Schweden sparen Strom: Apps helfen dabei und zeigen aktuell an, wie teuer der Strom gerade ist. Am Wochenende ist er meistens deutlich billiger als unter der Woche. Ein Unterschied zu Deutschland ist, dass die Schweden jeden Monat eine Stromrechnung abhängig von ihrem Verbrauch erhalten. Sie zahlen also keinen Durchschnittswert im Jahr, sondern im Sommer wenig und im Winter viel. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus im Raum Stockholm müssen die Eigentümer mit einer Stromrechnung von ca. 3.000 Euro für die Monate Dezember, Januar und Februar planen, rechnete ein Experte vor.

Die Strompreise in Schweden hängen stark davon ab, wo man wohnt. Die südliche Hälfte des Landes zahlt deutlich mehr als der Norden. Das liegt daran, dass im Norden kaum jemand lebt, hier aber viel Strom hergestellt wird. Deshalb hat sich die Regierung entschieden, die Menschen im Süden finanziell zu unterstützen mit umgerechnet zwischen 4,5 bis 7 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde. Nicht alle finden das gut, denn auch im Norden sind die Preise angestiegen, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau. Und die hohe Inflation hinterlässt auch hier ihre Spuren.

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