Atomkraftwerk in Frankreich
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Atomkraftwerk in Frankreich

    Atomenergie in Frankreich: Viele Kraftwerke, viele Probleme

    Kernenergie gilt in Frankreich als Garant für Unabhängigkeit in Energiefragen. Insgesamt betreibt Deutschlands Nachbar 56 Reaktoren - Tendenz steigend. Doch viele Reaktoren liegen still. Kostspielige Wartungen und Kühlungsprobleme sind Hauptprobleme.

    Sicherheit durch Atomkraft - das ist die Prämisse Frankreichs. Der westliche Nachbar von Deutschland betreibt eine große Anzahl an Reaktoren - und will diese weiter ausbauen. Insgesamt eine Milliarde Euro sieht die französische Regierung als Investitionsvolumen vor - und will damit auch junge Ingenieure für Forschung und Innovationen begeistern.

    Welche Rolle spielt Atomkraft bei Energieproduktion in Frankreich?

    In Frankreich gibt es 56 Reaktoren an 18 Standorten. Sie liefern rund 70 Prozent des Stroms. Die Kernenergie gilt als Garant für die Unabhängigkeit des Landes in Energiefragen. Sie soll außerdem als relativ CO2-arme Technologie maßgeblich dazu beitragen, dass Frankreich seine Klimaziele einhalten kann.

    Denn beim Ausbau der Erneuerbaren hinkt Frankreich hinterher. Die Pläne der Regierung sehen vor, in den kommenden Jahrzehnten massiv in den Ausbau der Kernenergie zu investieren: Sechs neue Druckwasserreaktoren sollen gebaut werden; der Bau von acht weiteren wird geprüft. Rund eine Milliarde Euro will Präsident Macron außerdem in die Entwicklung neuer kleiner Meiler stecken, sogenannte SMR - small modular reactors.

    Diese Pläne sollen nicht nur die Stromversorgung des Landes sichern. Das Programm Macrons soll auch das Signal an junge Ingenieurinnen und Ingenieure senden, dass die Nukleartechnik weiterhin eine Zukunft in Frankreich hat. Denn aktuell fehlt es aller Orten an qualifizierten Fachleuten.

    Viele Reaktoren stehen still, warum?

    Der Meilerpark in Frankreich ist in die Jahre gekommen. Die 56 Reaktoren sind im Schnitt über 35 Jahre alt, allein sieben Reaktoren sind bereits heute mehr als 40 Jahre in Betrieb. Das Alter erhöht die Störanfälligkeit. Das erfordert außerdem langwierige und kostspielige Wartungen, bei denen die Reaktoren vom Netz müssen. Hinzu kommt ein Korrosionsproblem an 12 Reaktoren jüngerer Baureihen, die nun zusätzlich abgeschaltet werden müssen.

    Insgesamt stehen deshalb derzeit rund die Hälfte aller Reaktoren still. So waren etwa im April nur zwischen 37 und 54 Prozent der installierten atomaren Gesamtkapazität in Betrieb. Auch die Hitze macht den Meilern zu schaffen. Mancherorts muss die Kapazität gedrosselt werden, weil sich die Kühlflüsse bereits zu sehr aufgeheizt haben. Alles in allem schätzt Europas größter Atomstromanbieter Électricité de France die Mindereinnahmen des Konzerns für das Jahr 2022 auf 18,5 Milliarden Euro.

    Hinzu kommt, dass der neue Druckwasserreaktor im AKW in Flamanville in der Normandie immer noch nicht am Netz ist. 2012 sollte er in Betrieb gehen, nun – zehn Jahre später - musste EDF den Start erneut verschieben. Statt der anvisierten 3,3 Milliarden Euro wird das Kraftwerk voraussichtlich 19 Milliarden kosten.

    Das ist bitter für das Unternehmen, denn der größte Atomstromproduzent Europas ist ohnehin in eine finanzielle Schieflage geraten: EDF hat 42 Milliarden Euro Nettoschulden plus Zinsen. Nun will die Regierung den Konzern ganz verstaatlichen. Bisher hielt der Staat 84 Prozent der Anteile.

    In Frankreich hat Kernenergie ein besseres Image als in Deutschland - warum?

    In Frankreich steht die Kerntechnik für die Unabhängigkeit und Stärke des Landes sowohl militärisch als auch industriell. Beauftragt und gefördert wurde das französische Atomprogramm von niemand anderem als General de Gaulle – dem Übervater der Nation.

    Er führte das Land nach dem Zweiten Weltkrieg zu alter Größe zurück, so die Lesart. Mit dem Bau der Atombombe und dem Bau zahlreicher Atomkraftwerke war man gefühlt wieder auf Augenhöhe mit den Alliierten Mächten und gut gewappnet im Kalten Krieg. Heute sichert die Atom-Branche über 200.000 Arbeitsplätze und ist damit die drittwichtigste Branche in Frankreich.

    Dass Kernenergie ein besseres Image hat als in Deutschland, bedeutet aber nicht, dass die Französinnen und Franzosen diese Energieerzeugung favorisieren. Langfriststudien zeigen, dass die Mehrheit der Menschen erneuerbaren Energien den Vorzug gibt. Das mag unter anderem damit zusammen hängen, dass auch in Frankreich noch kein Endlager eingerichtet wurde. Zwar scheint der Standort klar: Der kleine Ort Bure im Nordosten des Landes. Doch noch ist das Endlager nicht in Betrieb.

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