Der Wahlkampf in Bayern geht in die heiße Phase. In immer mehr Gemeinden und Städten hängen mittlerweile Wahlplakate. Doch nach Einschätzung von SPD und Grünen wurden noch nie so viele beschmiert oder zerstört wie in diesem Jahr.
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Nach Einschätzung von SPD und Grünen wurden noch nie so viele Wahlplakate beschmiert oder zerstört wie in diesem Jahr.

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Zerstörte Plakate – wird der Wahlkampf immer rauer?

Der Wahlkampf in Bayern geht in die heiße Phase. In immer mehr Gemeinden und Städten hängen mittlerweile Wahlplakate. Doch nach Einschätzung von SPD und Grünen wurden noch nie so viele beschmiert oder zerstört wie in diesem Jahr.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Grünen des Ortsverbands Neusäß bei Augsburg sind bedrückt. Die Plakate, die sie für eine Veranstaltung mit dem Konterfei des Landtagsabgeordneten Cemal Bozoğlu aufgestellt haben, sind zertreten, auch die Holzständer, auf denen sie montiert waren, kaputt. Eine neue Dimension für den Vorstand des Ortsverbands: In früheren Wahlkampfzeiten habe es zwar auch immer wieder Schmierereien gegeben, aber nicht diese Zerstörungswut.

Grüne: Aggressive Stimmung zu spüren

In der Wahlkampfzentrale der Bayerischen Grünen beobachtet eine Sprecherin Ähnliches. Zwar beginne in vielen Orten das Plakatieren gerade erst und man führe keine Vergleichsstatistiken - doch hätte es in den letzten Wochen und Monaten vermehrt Zerstörungen und Schäden bei Plakataktionen zu Veranstaltungen gegeben.

Beispielsweise wurden in Garching bei München Plakate von einer Diskussionsrunde mit Katharina Schulze, Claudia Köhler und der örtlichen Stadträtin zerstört oder mit aggressiven Parolen wie "Jagt diese grünen Volksverräter aus unserem Land!" überklebt. In Kempten wurden schon im Juni mehrere Plakate, die für den Vortrag eines Landtagskandidaten zum Thema Entwicklungspolitik warben, mit Aufklebern und Schmierereien verschandelt. Die Grünen erstatteten Anzeige.

Katharina Schulze braucht Polizeischutz

Für die ehrenamtlichen Wahlkampfhelfer bedeutet der Vandalismus zusätzliche Arbeit. Die Stimmung im Wahlkampf scheint rauer zu werden. Das zeigt sich nicht nur bei zerstörten Wahlplakaten. Viel mehr Sorge bereitet den grünen Wahlkämpfern bisher die ungewohnt aggressive Stimmung bei Wahlkampfauftritten – zuletzt unter anderem in Kemnath in der Oberpfalz.

Mittlerweile muss die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze sogar unter Polizeischutz auftreten. Besonders schockiert ist man in der Partei auch darüber, dass der grüne Landtagsabgeordnete Benni Adjei auf Wahlplakaten rassistisch beleidigt wurde.

Grüne und SPD beklagen vermehrt zerstörte Plakate

Bei der bayerischen SPD machen die Genossen ähnliche Erfahrungen. Abgerissene oder beschmierte Wahlplakate, zertretene Holzständer. Aktuell komme das häufiger als in früheren Wahlkämpfen vor, heißt es auf BR24 Anfrage.

Auch AfD-Plakate werden zerstört

Auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums, bei der AfD, klagen die Wahlkämpfer über viele beschmierte oder zerstörte Wahlplakate. Der AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka schätzt, dass seine Partei im Wahlkampf die Hälfte der Plakate abschreiben muss. In einigen Gemeinden würden sogar regelmäßig alle Plakate zerstört. Allerdings kann er bislang keine Veränderung zum Landtagswahlkampf 2018 erkennen. Damals hätte Protschka das ähnlich erlebt – anders als 2013. Die AfD erstattet in der Regel Anzeige.

FW weniger betroffen, CSU korrigiert erste Einschätzung

Die Freien Wähler verzeichnen für die Landeshauptstadt München eine leicht höhere Zerstörung von Plakaten als sonst, im Rest von Bayern gebe es keine Auffälligkeiten. Während der CSU zu Wochenbeginn noch keine nennenswerten Fälle von Vandalismus bekannt waren, teilte CSU-Sprecher Simon Rehak am Donnerstag mit, "dass es auch gegen Plakate der CSU leider immer wieder Vandalismus gibt". Die CSU Augsburg bestätigte Schilderungen anderer Parteien: "Plakate stehen teilweise keine Stunde und werden schon beschmiert und/oder beschädigt", teilte Bezirksgeschäftsführer Marcel Escher mit. Noch in der Nacht zum Plakatier-Start seien Plakate bereits beschädigt worden. Die FDP erfasst keine Zahlen, teilt sie auf BR24-Anfrage mit.

Die Münchner Polizei bestätigt das Gesamtbild. Von Vandalismus betroffen seien vor allem Wahlplakate von den Grünen und der AfD. Insgesamt kam es im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München bislang aber zu weniger Sachbeschädigungen an Wahlplakaten als zu früheren Vorwahlzeiten, so ein Sprecher.

Zerstörern drohen Bußgelder und Freiheitsstrafen

Wahlplakate zu beschmieren, zu zerstören oder zu stehlen ist kein Kavaliersdelikt. Wahlplakate sind Eigentum der jeweiligen Partei. Wer sie beschädigt, macht sich daher der Sachbeschädigung strafbar. Geldstrafen, sogar Freiheitsstrafen sind möglich. Bei Diebstahl sind die Strafen sogar noch höher. Zahlen zu Verurteilungen gibt es laut bayerischem Justizministerium allerdings nicht. Überhaupt wird es den Parteien wohl selten gelingen, die Täter auf frischer Tat zu ertappen.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Artikel am 24.8. um neue Angaben der CSU ergänzt.

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