Gabi Schmidt, stellvertretende Vorsitzende Freie Wähler Bayern
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Shitstorm im Internet: Freie-Wähler-Politikerin wehrt sich

Die Landtagsabgeordnete Gabi Schmidt (Freie Wähler) ist Opfer von Hass und Hetze im Internet geworden. Was sie besonders ärgert: Die Beschimpfungen wurden von einer Parteikollegin ausgelöst. Der Streit beschäftigt nun auch die Parteispitze.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Als "Transfrau", was sie nicht ist, wurde Gabi Schmidt (Freie Wähler) auf Twitter beschimpft. Ihr wurde vorgeworfen, sie habe einen übermäßigen Hang zum Gendern und mache ideologische Politik. Von "Gendergülle" war die Rede, vom "Fetisch" der "Männer, die sich für bessere Frauen halten", von der "Genderkrake", die "alles infiltriert". So prasselte es mehrere Tage lang auf Schmidt ein: "Das macht mich extrem traurig", sagt sie BR24.

Shitstorm ausgelöst durch eine Parteifreundin

Sie sei "bestürzt, mit welchem Hass und mit welchen Beschimpfungen Transfrauen konfrontiert sind", das sei "schändlich", sagt die Abgeordnete aus Neustadt/Aisch. Vor allem aber ärgert sie, dass der Shitstorm von einer Parteikollegin ausgelöst wurde.

Kerstin Haimerl-Kunze gehört (wie Schmidt auch) dem Vorstand der bayerischen Freien Wähler an. Bis vor Kurzem war sie auch Vorsitzende der Bundesvereinigung der Frauen der Freien Wähler – und zwar so lange, bis sie das Amt an Gabi Schmidt abgeben musste. Schmidt gewann Ende Juni mit einer Stimme Vorsprung die Wahl.

Kollegin und Konkurrentin: "Genderideologie hat Einzug erhalten"

Kurz darauf holt Haimerl-Kunze auf Twitter zum Gegenschlag aus: Ja, sie habe verloren, "da sich die identitätspolitische Strömung durchgesetzt hat. Die Genderideologie hat somit Einzug gehalten. Dieser Richtungswechsel ist ein historischer Fehler. Ein trauriger Tag." Es folgte die heftige Schimpftirade gegen Schmidt.

"Dass bewusst Fehlinformationen gestreut wurden und niemand die Initiative ergriffen hat, die unwahren Tweets richtigzustellen", macht Schmidt "fassungslos". "Auch Äußerungen von Twitter-Usern, die sich am rechten Rand bewegen, blieben unkommentiert stehen."

Generalsekretärin Enders dankt der Abgewählten

Haimerl-Kunze rechtfertigt sich, sie habe keinen Einfluss auf die Tatsache, dass sie auf Twitter von Rechtsaußen-Accounts retweetet und angeschrieben werde. "Als Freie Wähler finden wir uns in der politischen Mitte, daher reagiere ich auf derartige Rechtsaußen- sowie Linksaußen-Meldungen nicht." Der neuen Vorsitzenden könne sie "für ihre frauenpolitische Arbeit nur alles Gute und viel Kraft wünschen".

Was als Auseinandersetzung zwischen zwei Parteikolleginnen begann, beschäftigte rasch die ganze Partei. Haimerl-Kunze bekam Unterstützung von Susann Enders, der Generalsekretärin. Die dankte unter den beleidigenden Kommentaren der Abgewählten für deren Einsatz, den Kampf "gegen Ideologiepolitik, für uns Frauen". Also Unterstützung für die beleidigenden Statements? Auf Nachfrage erklärt Enders, sie akzeptiere das Ergebnis "dieser demokratischen Wahl ohne Wenn und Aber". Der neuen Vorsitzenden Schmidt wünscht sie alles Gute, "um die Frauen-Themen der Zeit verantwortungsvoll im Rahmen der Freie-Wähler-Politik der bürgerlichen Mitte anzupacken". Lob für Schmidt oder Mitleid aufgrund des Shitstorms äußert Enders von sich aus nicht.

Rückendeckung von Fraktionschef Streibl

Anders Fraktionschef Florian Streibl, der sich ebenfalls einschaltete und Gabi Schmidt in höchsten Tönen pries. Sie sei "zuverlässig und loyal, authentisch und ehrlich", eine "Leistungsträgerin". Den Nürnberger Nachrichten sagte Streibl: "Gabi gehört bei uns zu den Liberalen, zum aufgeschlossenen Teil. Dass man das verdammt, das hat mich gestört."

Liberal versus konservativ?

Ein parteiinterner Streit also - liberal gegen konservativ? Vielleicht sogar angeheizt durch die Debatte um Parteichef Hubert Aiwanger? Dem wird vorgeworfen, mit demokratiekritischen Äußerungen Grenzen zu überschreiten und AfD-Wähler mit zu gewagter Rhetorik zu umgarnen. Das weist Gabi Schmidt zurück. Einen Richtungsstreit sehe sie nicht. Gleichzeitig betont sie allerdings, dass sie sich als "sehr liberale" Politikerin verstehe. Das könnte man in gewisser Weise auch als Abgrenzung zu Aiwanger verstehen.

Schmidt erstattet Anzeige

Die Hetze im Netz will die Landtagsabgeordnete so nicht stehen lassen und hat einen Anwalt eingeschaltet. Der prüft nun, ob die Posts strafrechtlich relevant sind. Außerdem hat Schmidt die Beleidigungen, die mittlerweile größtenteils gelöscht wurden, über die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus angezeigt.

"Ich empfehle das übrigens auch allen anderen Betroffenen - denn die Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen gerade in den sozialen Netzwerken werden nur aufhören, wenn man aktiv dagegen ankämpft", sagt Schmidt. Laut Justizministerium haben die bayerischen Hate-Speech-Spezialisten im vergangenen Jahr mehr als 2.400 Verfahren eingeleitet.

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