Symbolbild: Kühe im Stall
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Kristin Schmidt

Weiterer Prozess um Tierskandal in Bad Grönenbach

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Allgäuer Tierskandal: Zweiter Anlauf für den Prozess

Der erste Gerichtstermin am 19. Juni war geplatzt – Grund seien "Verhinderungen auf Seiten der Angeklagten", so das Landgericht Memmingen. Am Dienstag (04.07., 9 Uhr) soll der Prozess um Verstöße gegen das Tierschutzgesetz starten.

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"Länger anhaltende Schmerzen und Leiden" sollen die drei Landwirte aus Bad Grönenbach ihren Tieren zugefügt haben. So jedenfalls lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen einen Vater und seine beiden Söhne. Ihr Hof im schwäbischen Landkreis Unterallgäu zählt mit über tausend Rindern zweifelsohne zu den größten in ganz Bayern. Hell und freundlich wirkt der Laufstall von außen. Doch das Ergebnis einer Razzia Mitte 2019 mit gut fünfzig Polizeibeamten lässt den Milchviehbetrieb in einem anderen Licht erscheinen.

Kranke Kühe ohne Tierarzt

Laut Staatsanwaltschaft ließen die Landwirte insgesamt 32 kranke Tiere nicht behandeln, obwohl dies notwendig war.18 Rinder wurden geschlachtet, drei eingeschläfert, drei verendeten. Die Angeklagten sollen den Zustand der Tiere erkannt, ihn aber billigend in Kauf genommen, um den "finanziellen und zeitlichen Aufwand für eine konsequente Behandlung zu vermeiden", heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft. Ab Dienstag sitzen die drei Männer nun auf der Anklagebank des Landgerichts in Memmingen.

Überbelegung im Stall

BR-Recherchen zeigten: Missstände auf dem Betrieb konnten auch gut eineinhalb Jahre später nicht gänzlich abgestellt werden. Obwohl der Viehbestand auf dem Hof schon um hunderte Kühe verringert wurde, waren es Anfang 2021 immer noch rund 15 Prozent zu viel. Eine Überbelegung schafft Probleme, sagt Frigga Wirths von der Akademie für Tierschutz in Neubiberg bei München: "Die Tiere haben ständig Stress, weil sie einen freien Fress- oder Liegeplatz finden müssen. Es ist einfach keine gute fachliche Praxis, sie so zu halten."

Kein Abnehmer für Hunderte Rinder

Die Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, kurz KBLV, hatte 2020 einen neuen Standort in Buchloe eröffnet, der sich speziell auch um die Kontrolle von Großbetrieben kümmern soll. Vor allem von Tierschützern wurde Kritik laut, dass die Behörde nicht genug gegen die Überbelegung unternimmt. Diese verteidigte sich: "Wird bei einem Großbetrieb mit über tausend Rindern eine drastische Bestandreduzierung durchgeführt, heißt das, dass der Betrieb hunderte Tiere abgeben muss und für die findet sich in der Regel nicht ein anderer Landwirt als Abnehmer", so ein Sprecher der KBLV. Mitte 2021 konnten die Probleme schließlich behoben werden.

Bauern unter Generalverdacht

Im Kneippkurort Bad Grönenbach waren 2019 gleich drei Großbetriebe von der Polizei durchsucht worden, zahlreiche Medien und die Opposition im Landtag sprachen von einem "Tierschutzskandal". Viele Landwirte in der Region hingegen sahen sich unter einen Generalverdacht gestellt und fürchteten, dass Ihnen selbst bei kleinsten Verstößen eine großangelegte Durchsuchung drohen könnte. Der Bayerische Bauernverband betonte, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Betriebsgröße und dem Tierwohl gebe, sondern es lediglich auf das Stallmanagement ankomme.

Landwirte legen Revision ein

Unter anderem wegen der Corona-Pandemie hatten sich die Gerichtsverfahren gegen die durchsuchten Milchviehhalter erheblich verzögert - aber auch, weil für jedes Tier ein eigenes Gutachten erstellt werden musste. Das Landgericht Memmingen hatte in einem ersten Prozess im vergangenen Winter zwei Landwirte zu Freiheitsstrafen verurteilt, einmal "mit" und einmal "ohne" Bewährung. Der Vater und sein Sohn legten allerdings Revision ein, eine Entscheidung beim Bundesgerichtshof steht noch aus.

Haftstrafen von bis zu drei Jahren

In der Auftaktverhandlung des zweiten Verfahrens am Dienstag wird voraussichtlich nur die Anklageschrift verlesen. Sechs weitere Prozesstage sind angesetzt. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden mit einer Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet.

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