Angebundene Milchkuh im Stall
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Die Bundesregierung will die Anbindehaltung bis Ende 2028 verbieten lassen.

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Verbot der Anbindehaltung: Welche Milchbauern müssen zusperren?

In fünf Jahren dürfen Kühe nicht mehr ganzjährig angebunden sein - diese Nachricht empört Landwirte. Und die Kombihaltung: im Winter angebunden, im Sommer auf der Weide? Laut Landwirtschaftsminister Özdemir habe man "eine gute Regelung gefunden".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Beschlossen ist es noch nicht, aber es kursiert ein interner Referentenentwurf zur Reform des Tierschutzgesetzes, der beinhaltet: Nur noch fünf Jahre soll in deutschen Kuhställen die ganzjährige Anbindehaltung erlaubt sein. Ab Ende 2028 tritt dann ein Verbot in Kraft. Dieser vorläufige Referentenentwurf wird in Berlin gerade noch zwischen den Ressorts abgestimmt, liegt aber dem BR, dem Bauernverband und CSU-Abgeordneten vor – und die Aufregung ist groß.

Empörung über den Zeitplan

Dass die ganzjährige Anbindehaltung im Kuhstall ein Auslaufmodell ist, ist bekannt. Denn dass Kühe mit einer Kette oder einem Halsband jahrein, jahraus fixiert sind und sich nicht frei bewegen können, ist nicht tierschutzkonform. Im Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung, der 2021 ausgehandelt wurde, steht: In spätestens zehn Jahren soll diese Haltungsform verboten werden.

Das wäre dann 2031. Schon bisher haben viele Landwirten das als zu kurzfristig kritisiert und manche argumentieren sogar so: Ein Verbot brauche es eigentlich gar nicht, denn das Problem erledige sich von selbst, weil die Milchbauern mit alten Anbindeställen ohnehin über kurz oder lang zusperren würden. Jetzt scheint das Verbot bereits bis Ende 2028 zu kommen, und beim Bayerischen Bauernverband herrscht: "Fassungslosigkeit".

Bayerische Bauern wären am meisten betroffen

"Das, was wir hier zu lesen bekommen, bedeutet eine dramatische Zäsur für die Rinderhaltung", sagt Peter Köninger. Er ist der Milchpräsident des Bayerischen Bauernverbandes. Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir läute damit das Ende der kleinstrukturierten Landwirtschaft ein.

Denn betroffen wären vor allem Betriebe in Bayern, in rund der Hälfe der 25.000 Milchviehbetriebe im Freistaat seien die Kühe noch angebunden. Der agrarpolitische Sprecher der CSU-Bundestagsfraktion, Artur Auernhammer, kritisiert: "Seinem Ziel, die Tierhaltung in Deutschland abzuschaffen, kommt Özdemir damit einen Schritt näher. Spannend bleibt, ob die FDP das mitmacht."

Kaniber: Özdemir will Nutztierhaltung in Deutschland abbauen

Scharfe Kritik kam auch aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium. "Der nun vorliegende Referentenentwurf zum Tierschutzgesetz zeigt einmal mehr ganz deutlich, dass Bundesminister Özdemir die Nutztierhaltung in Deutschland nicht umbauen, sondern abbauen will", sagte Ministerin Michaela Kaniber. Anders lasse sich die "viel zu kurze Übergangsfrist von fünf Jahren" nicht erklären. In Bayern wären laut Landwirtschaftsministerium rund 11.000 Betriebe von dieser Regelung betroffen.

Auch sie sehe im Ausstieg aus der ganzjährigen Anbindehaltung "eine wichtige Herausforderung unserer bayerischen Milchwirtschaft", erklärte Kaniber weiter. "Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung können aber in der Regel nicht von heute auf morgen in die Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung umsteigen." Statt eines generellen Verbots forderte sie, die Betriebe bei der Umstellung auf Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung zu unterstützen. "Wir setzen in Bayern gezielt auf Beratung und finanzielle Förderung. Vom Bund höre ich nur Vorschriften und nichts von Unterstützung", so Kaniber.

Kombihaltung bleibt erlaubt

Doch was plant Özdemir mit der Kombihaltung? Vor allem auf vielen Betrieben im Voralpenland sind die Kühe im Winter im Anbindestall, im Sommer auf der Weide. Oder aber – das ist eine andere Form der Kombihaltung – es gibt einen kleinen Laufhof neben dem Stall, in den die Kühe stundenweise, egal ob im Winter oder im Sommer, hinausdürfen.

Bis vor Kurzem hat Cem Özdemir dazu keine klare Aussage gemacht, doch jetzt gibt er grünes Licht: "Wir werden unserer Verantwortung gerecht, sowohl für unsere Almen und artenreichen Kulturlandschaften in Süddeutschland als auch für den Schutz der Tiere, die wir für die Pflege der Landschaft brauchen. Wir haben da jetzt eine gute Regelung gefunden."

Im Video: Wie leben bayerische Milchkühe?

Kühe in Anbindehaltung
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Video: Wie leben bayerische Milchkühe?

Lösung mit Rückenwind aus Bayern

Dass Özdemir die Kombihaltung auch in Zukunft erlauben will, schreibt sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, auf die Fahnen. Er habe dem Bundeslandwirtschaftsminister immer wieder nahegelegt, dass es bei diesem Thema einen bayerischen Weg brauche: "Im Koalitionsvertrag war die Kombinationshaltung, also Weidegang zur Weidezeit, bislang nicht berücksichtigt. Jetzt gibt es eine klare Perspektive für Kombihalter."

Dennoch sind die Landwirte nicht zufrieden. Denn für die Kombihaltung soll es Einschränkungen geben. Sie ist in Zukunft nur erlaubt bei Betrieben mit höchstens 50 angebundenen Rindern, wenn die Tiere während der Weidezeit Zugang zu Weideland und ganzjährig mindestens zweimal in der Woche Zugang zu Freigelände haben. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) lehnt diese Obergrenze von maximal 50 angebundenen Tieren ab und fordert: "Für bäuerliche Familienbetriebe muss eine Kombihaltung ohne höhere Haltungsauflagen möglich sein."

Noch ist nichts entschieden

Ob der Referentenentwurf wirklich so umgesetzt wird, ist noch offen. Er befindet sich gerade in der sogenannten Frühkoordinierung - und Anpassungen von Einzelheiten sind im parlamentarischen Prozess gängig.

Sollte es aber bei der derzeitigen Version zur Reform des Tierschutzgesetzes bleiben, gäbe es für Landwirte, die momentan ihre Tiere ganzjährig angebunden halten, dann drei Möglichkeiten: Umstellen auf Kombihaltung, einen neuen Laufstall bauen oder bis Ende 2028 den Stall zusperren.

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