Mehr Jagen damit junge Triebe am Waldboden wachsen können: Das ist die Philosophie der Jäger Christian Hörl und Josef Finkenzeller.
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Mehr Jagen damit junge Triebe am Waldboden wachsen können: Das ist die Philosophie der Jäger Christian Hörl und Josef Finkenzeller.

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Waldumbau: Auch auf die Jäger kommt es an

Über Jahrzehnte hinweg wurden widerstandsfähige Mischwälder durch schnell wachsende und Baustoff liefernde Fichten ersetzt. Nun halten die Monokulturen der Trockenheit nicht mehr Stand. Beim Umbau zu Mischwäldern sind Waldbesitzer und Jäger gefragt.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Jahrzehntelang wurde in bayerischen Wäldern die Fichte angepflanzt, mit ihrem schnellwachsenden Holz, das in der Nachkriegszeit zum Heizen und Wiederaufbau wichtig war. Aber: Fichten als Flachwurzler trocknen durch den Klimawandel schneller aus. Somit geht es vielen reinen Nadelwäldern in Bayern derzeit schlecht. Denn beim durch Trockenheit gestressten Baum hat auch der Borkenkäfer leichtes Spiel. Helfen könnten mehr Laubbäume, die mit ihren tiefen Wurzeln die Feuchtigkeit länger im Boden halten. Doch diese Laubbäume gibt es nicht in ausreichender Zahl.

Mischwald pflanzen für einen klimastabilen Wald

"Bayern fehlen die natürlichen Laubmischwälder", sagt der Geoökologe Carl Beierkuhnlein von der Universität Bayreuth. "Denn durch den Klimawandel folgt ein Hochdruckgebiet auf ein nächstes. Früher hat es nach einer Woche Sonnenschein wieder einen Regen gegeben und nach einer Woche Regen gab es wieder Sonnenschein." Dieser Wechsel fehle, das wirke sich auf die Nadelwälder aus.

Die Forstbeauftragten vom Wald des Erzbistums München und Freising haben aus diesem Grund nun einen Mischwald gepflanzt. Nachhaltigkeit ist den kirchlichen Förstern wichtig. Torsten Ehnle, der Forstrevierleiter, will mit Wildkirsche, Esskastanie und Winterlinde wieder einen klimastabilen Waldbestand hinbekommen. Doch dafür müssen die Bäumchen – etwa 150.000 Bäume und andere Forstpflanzen werden in den Wäldern des Erzbistums jährlich gepflanzt – mit einem Zaun vor einer anderen Bedrohung geschützt werden: den Rehen. Denn für diese sind die jungen und vor allem noch kleinen Bäume ein Leckerbissen.

Waldverjüngung ganz von alleine: Mehr jagen

Dass eine Waldverjüngung auch ganz ohne Pflanzung und Umzäunung geht – davon ist Waldbesitzer und Jäger Josef Finkenzeller aus dem oberbayerischen Gerolsbach im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm überzeugt. Er sieht bei der Waldverjüngung vor allem die Jäger in der Pflicht. "Es muss mehr geschossen werden. Denn zu viel Wild ist ein Problem für den Wald. Das Reh ist ein Feinschmecker. Es frisst die Tannentriebe und Buchenknospen, aber die Fichte lässt es beispielsweise stehen." Und damit entstehe wieder eine Monokultur.

"Wald vor Wild", heißt deshalb der Grundsatz, der auch seit dem Jahr 2005 im bayerischen Waldgesetz verankert ist. Dahinter steckt, dass durch mehr Jagd der Wald sich von alleine verjüngt. Denn wenn weniger Wild im Wald ist, gibt es weniger Verbiss. "Dem Wald fehlen die natürlichen Raubtiere wie Wolf und Bär. Und die müssen wir Jäger im Grunde ersetzen", erklärt Josef Finkenzeller das Prinzip.

"Wald vor Wild" – ein Streitpunkt

Doch das Prinzip "Wald vor Wild" ist ein Streitpunkt unter Jägern. Josef Finkenzeller ist auch Vorsitzender der Jagdgenossenschaft im oberbayerischen Gerolsbach. Es hat einige Jahre gedauert, bis seine Jagdgenossen bereit waren, mehr zu schießen. Einer, den er überzeugt hat, ist Jägerkollege Christian Hörl. "Ich war früher auch eine Art Trophäenjäger", sagt Hörl. "In meinem früheren Revier haben wir Böcke geschont, bis sie ein möglichst starkes Geweih haben. Und Bockkitz haben wir laufen lassen, damit sie alt werden."

Zum Umdenken hat ihn der Wald von Josef Finkenzeller gebracht. "Ich habe gesehen, was da alles am Boden aufgeht und wächst. Ohne Zäune gehen hier Buchen und Tannen auf. Das hat mich überzeugt, anders zu jagen."

Ob Jäger, Förster oder Waldbesitzer: Für den Umbau zu Laub-Mischwäldern ist ein schnelles Handeln aller wichtig. Damit der Wald als Lebensraum auch für die Zukunft erhalten wird.

Mehr zum Thema "Lebensraum Wald" in der Sendung STATIONEN, am 27. September 2023 um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.

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