Gefällte Baumstämme liegen auf dem Boden eines Walds., daneben eine Holzerntemaschine.
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Der Borkenkäfer verursacht große Schäden auch bei Köditz. Deshalb haben auch die Sägewerke, die Käferholz verarbeiten, viel zu tun.

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Forstwirtschaft: Zwischen Borkenkäfer und Preisschwankungen

Der Borkenkäfer verursacht seit Jahren große Schäden in bayerischen Wäldern – zig Bäume müssen gefällt werden. Das ist nicht nur ein Problem für Klima und Umwelt, sondern inzwischen auch für viele Betriebe: Gesägtes Holz ist zurzeit wenig gefragt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Wie ein Mahnmal steht ein einzelner Baum auf einem ansonsten kahlgeschlagenen Waldstück bei Köditz im Landkreis Hof. Wegen eines geschützten Spechtes, der in dieser Fichte wohnt, ist dieser Baum stehen geblieben. Waldbesitzer Jörg Baumann hatte auf der Fläche schon damit begonnen, einen Mischwald zu pflanzen. Der hätte dann in Ruhe heranwachsen sollen, während er die großen Fichten darüber Stück für Stück herausgenommen hätte.

Stattdessen musste er jetzt alles auf einen Schlag fällen lassen. Der Blick auf das weiße Gewimmel der Borkenkäfer-Larven unter der Rinde der gefällten Bäume macht klar, warum – und dass die Stämme jetzt schnellstmöglich aus dem Wald herausgebracht werden müssen.

Nordostbayern: Nur Käferholz wird momentan verarbeitet

Vom Borkenkäfer befallene Bäume sollen möglichst schnell gefällt, aus dem Wald gebracht und mit großem Abstand zu den nächsten Fichten entrindet werden. Das ist das momentan einzige allgemein anerkannte Mittel gegen eine vollkommen unkontrollierte Massenvermehrung des Buchdruckers – diese Art ist im Normalfall gemeint, wenn vom Borkenkäfer die Rede ist. So soll das Insekt dann keine Nahrung mehr finden, selbst wenn sich die Larven im gefällten Baum noch fertig entwickeln.

In den vergangenen Wochen ist der Buchdrucker in Nordostbayern zum zweiten Mal in diesem Jahr massenweise ausgeschwärmt. Die Folge sind viele Stämme befallener Bäume, die jetzt an die Sägewerke geliefert werden – sogenanntes Käferholz. Für frisches Fichtenholz, das nicht vom Käfer befallen ist, wollen im Landkreis Hof deshalb aktuell weder Sägewerke noch die Waldbesitzervereinigung überhaupt einen Preis festlegen: Es sollen keinesfalls Anreize dafür geschaffen werden, gesunde Bäume zu fällen. Die regionalen Kapazitäten sowohl menschlicher als auch maschineller Holzfäller seien durch die notwendige Aufarbeitung der Käferbäume ohnehin vollkommen ausgeschöpft, so Frank Dietel, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Hof-Naila.

Rundholz-Angebot hoch, Nachfrage nach gesägtem Holz eher gering

Der Borkenkäfer ist kein neues Problem. Schon seit Jahren müssen wegen des Schädlings immer wieder viele Bäume gefällt werden. Die aktuelle Situation scheint sich davon aber mindestens im Nordosten Bayerns in einem zentralen Punkt zu unterscheiden: Die Sägewerke sind aktuell nicht an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt, weil die Nachfrage nicht vorhanden ist.

Das Sägewerk Künzel in Issigau im Landkreis Hof mit etwa 50 Mitarbeitern habe seine Schnittleistung beispielsweise um 20 bis 25 Prozent heruntergefahren, sagt Inhaber Jürgen Künzel. Der Grund für die geringere Auslastung: Insbesondere der private Hausbau sei aus seiner Wahrnehmung nahezu zum Erliegen gekommen. Tatsächlich stehen Dutzende fertig verpackte Paletten mit Bauholz auf dem Werksgelände in Issigau und warten auf einen Abnehmer.

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Ein Blick unter die Rinde der frisch gefällten Fichten. Sie sind voll mit Buchdrucker-Larven.

"Gutes" Käferholz geht weg, "schlechtes" Käferholz stapelt sich

Noch sehr viel höher sind dort allerdings einige Stapel mit noch zu sägenden Stämmen. Das sei der qualitativ schlechteste Teil des angelieferten Käferholzes, erklärt Jürgen Künzel. Manche Stammstücke zeigen nur sehr wenig von den durch Pilze verursachten blauen Verfärbungen, die für Käferholz typisch sind.

Für diese auch für Bauholz geeigneten "guten" Anteile des Käferholzes finden sich laut Künzel noch immer einigermaßen problemlos Abnehmer. Für die Stapel mit den schlechten Qualitäten bräuchte er dagegen Aufträge aus zum Beispiel der Kisten- und Palettenindustrie, sagt Jürgen Künzel – und die kämen aktuell nicht. Die Folge: Holzberge, die inzwischen kaum noch höher werden können und dürfen, weil sie sonst umzustürzen drohen.

Jürgen Künzel will nicht verhehlen, dass auch sein Sägewerk, wie wohl alle, in den vergangenen zwei bis drei Jahren teils herausragende Geschäfte gemacht hat. Zwischenzeitlich war der Preis, den Waldbesitzer für ihre Stämme erhielten, auf teils historische Tiefstände gefallen – während Bauholz auf dem Weltmarkt gleichzeitig Mondpreise erzielt hat.

Deutlich lieber wäre ihm allerdings, wenn sich wieder ein Normalzustand einpendeln würde, den es in der Branche schon seit Jahren nicht mehr gebe: "Entweder ist es zu gut oder zu schlecht. Die normale Win-win-Situation, in der sowohl die Rundholzverkäufer als auch wir zufrieden sind, gibt es überhaupt nicht mehr. Extreme sind aber nicht nachhaltig und nicht gesund."

Niedergang der Fichtenforste: Weitere Folgen für die Branche

Dass kurz- und auch mittelfristig schon die nächsten Ausschläge in diese Extreme vor der Tür stehen könnten, befürchten sowohl Waldbesitzer als auch Sägewerksbetreiber. Ihre gemeinsame Sorge: In den insbesondere in den höheren Lagen Bayerns weit verbreiteten Fichtenforsten steht aktuell noch viel nutzbares Holz. Wenn sich die Borkenkäfer- und Trockenheitssituation wie vermutet fortsetzt, werden weiterhin innerhalb weniger Jahre sehr viele dieser Fichten gefällt werden müssen und sind danach weg – so weit, so offensichtlich.

Bis aber klima- und schädlingsresistentere Mischwälder an ihre Stelle getreten sind, wird es noch Jahrzehnte dauern – selbst dort, wo engagierte Besitzer und Förster schon vor Jahrzehnten mit dem Umbau begonnen haben. Bei all ihren Vorteilen bringen Mischwälder merklich weniger der für Bauholz besonders geeigneten Stämme hervor: gerade und möglichst ohne große Äste. Merklich weniger zumindest, als es die bayerische Holzindustrie viele Jahrzehnte lang von den dicht gewachsenen Fichtenforsten gewohnt war, die nun immer mehr verschwinden. Gleichzeitig ist aber nicht wirklich vorstellbar, dass niemand mehr Bretter und Balken braucht.

Die Schlussfolgerung der Betroffenen: Das Pendel wird in der Branche sehr wahrscheinlich erstmal weiter in die Extreme ausschlagen. Bis es sich wieder in dauerhaften Normalzustand einpendeln wird, so die Befürchtung, muss eher in den zeitlichen Dimensionen gedacht werden, die Bäume zum Wachsen brauchen.

Gefällte Baumstämme liegen auf dem Boden eines Walds.
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Der Borkenkäfer bereitet der Forstwirtschaft große Probleme. Befallene Bäume müssen gefällt und aus dem Wald gebracht werden.

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