An einem Zaun hängt ein Schild mit der Aufschrift "Klimawald Bayreuth", dahinter Waldbäume.
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Frankens Wälder leiden massiv unter dem Klimawandel. Studierende der Uni Bayreuth haben einen "Klimawald" gepflanzt.

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Projekt "Klimawald": Pflanzaktionen für den Wald der Zukunft

Frankens Wälder leiden. Als Antwort darauf haben Studierende der Universität Bayreuth das Projekt "Klimawald" ins Leben gerufen. 2019 pflanzten sie neue, klimastabile Arten. Nun sind Experten überrascht, wie gut der Waldumbau hier gelingt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Clarissa Schmelzle und Hannah Erdmann vom Klimawald-Team stiefeln durch den Klimawald Bayreuth – sie wollen ein Messgerät reparieren. Alle paar Meter müssen sie sich ducken. Zweige hängen ihnen ins Gesicht, der Boden ist grün und dicht bewachsen. Bienen summen an Himbeeren, Blaubeeren leuchten aus dem Gestrüpp.

Statt "Steckerleswald": robuster Mischwald

Vor vier Jahren sah es hier anders aus: Eine Fläche voller alter hoher Fichten, der Boden trocken und kahl - ein typischer fränkischer "Steckerleswald". Für das Ökoprojekt mussten die angegriffenen Kiefern und Fichten weichen. Ein paar von ihnen stehen noch am Rand als Schattenspender für fast 5.000 neue, junge Setzlinge.

Lokales Engagement gegen Klimawandel

Das Ziel des Umweltprojekts ist ein großes: Studierende des Studiengangs "Global Change Ecology" wollen einen vielfältigen, stabilen Mischwald schaffen – einen "Wald der Zukunft". Der soll auch in 100 Jahren noch gut dastehen und dem Klimawandel trotzen. Zusammen mit Freiwilligen pflanzte das studentische Klimawald-Team rund 4.700 Esskastanien, Weißtannen, Rotbuchen, Traubeneichen und andere Sorten. Nun wachsen elf Nadel- und Laubbaum-Arten auf rund einem Hektar Fläche.

Heimische Buchen, aber auch Exoten aus Nordamerika

Es sind vor allem heimische Bäume wie Buchen, Weißtannen und Eichen. Aber auch Exoten wie die Douglasie bekommen eine Chance. Alle Setzlinge haben eines gemeinsam: Sie vertragen Hitze und Trockenheit besser als Monokulturen aus Kiefern und Fichten.

"Im Moment wirklich am beeindruckendsten ist die Edelkastanie. Auch die heimische Weißtanne wächst überraschend gut, aber auch die Buche. Bislang, muss man sagen, gedeihen alle Baumarten mit gewissen Abstufungen prima." Gregor Aas, Ökologisch-Botanischer Garten Bayreuth

Hoffnung auf Buche als Teil des Klimawalds

Während die Buche im Klimawald gut gedeiht, hörte man aus Unterfranken von einem Buchensterben. Das hat mehrere Gründe, so Gregor Aas. Zum einen seien im Klimawald Jungbuchen gepflanzt worden, die die ersten zwei Jahre auch gegossen wurden. Bei den dürren Buchen in Unterfranken handelt es sich um ältere Bäume, weniger um den jüngeren Bestand. Zum anderen sind die klimatischen Bedingungen in Unterfranken laut Aas deutlich stressiger als im östlichen Oberfranken.

"Man kann ganz grob vereinfacht sagen, dass das Klima, was jetzt in Unterfranken aktuell herrscht, das östliche Oberfranken vielleicht in 20, 30 Jahren erreicht." Gregor Aas, Ökologisch-Botanischer Garten Bayreuth

So gesehen bestehe laut Aas die gute Hoffnung, dass die Buche im Klimawald einen gewissen Anteil behalten werde.

Wissenschaftlich begleitet

Das Projekt wird wissenschaftlich ausgewertet. Ständig sammeln die Studierenden des Umweltstudienganges neue Daten und schreiben Abschlussarbeiten. Das Zentrum für Ökologie und Umweltforschung, der Ökologisch-Botanische Garten in Bayreuth und die Stadtförsterei unterstützen das Projekt. Freiwillige helfen bei Gieß- und Pflanzevents, Firmen spenden für neue Jungbäume.

Dendrometer liefern Datenfülle

Dendrometer und andere Messgeräte liefern exakte Daten. So können die Studierenden beispielsweise nachvollziehen, wie sich der Stamm-Durchmesser bei Hitze oder Regen verändert.

"Man sieht es aber auch bei Frostnächten, dass der Baum zusammenschrumpft, wenn es sehr kalt ist. Dementsprechend kann man auch quasi über das Wetter Daten erheben durch die Dendrometer." Hannah Erdmann, Studentin Klimawald-Team

Die Daten landen alle paar Minuten auf der Homepage des Klimawald-Projektes und können von jedermann eingesehen werden. So können Interessierte und mögliche Spender dem Wald beim Wachsen zusehen.

Projekt wächst und wächst

Mittlerweile sind schon sechs Flächen mit robusten, hitzetoleranten Baumarten bepflanzt. Fast 8.500 Setzlinge stehen auf Testflächen rund um Bayreuth. Die Natur hilft mit: Nach und nach siedeln sich über Pollenflug und Samen, die Vögel ausscheiden, neue Pflanzen im Unterholz an. Sie sorgen für schattige Böden, die das Wasser besser halten.

"Wir haben hier eine ganz, ganz intensive Naturverjüngung. In einer studentischen Abschlussarbeit wurde es ausgezählt, dass wir auf einem Hektar bezogen rund 40.000 Jungpflanzen durch die Naturverjüngung haben." Gregor Aas, Ökologisch-Botanischer Garten Bayreuth

Führungen für Schulklassen und Waldbesitzer

Schulklassen, Politiker, Waldexperten und Waldbesitzerinnen aus der Region schauen sich den Klimawald bei Führungen an – um Ideen für Waldumbau in anderen Regionen zu sammeln. Die Studierenden wollen mit ihrem Projekt zeigen, das regionales Engagement im Kampf gegen den Klimawandel viel bewirken kann. Die nächsten neuen Baumarten haben sie bereits gepflanzt. Nun müssen sich Flatterulme und Wildapfel im Klimawald Bayreuth beweisen.

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