Walchensee
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Blick auf den Walchsensee (Aufnahme aus dem Jahr 2020)

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Vorreiter beim Wasserschutz: Bekommt Bayern das hin?

Die Wasservorräte schrumpfen, auch in Bayern. Die Entwicklung ist laut Experten alarmierend, denn langer Regen schafft immer weniger Ausgleich. Hinzu kommt im Freistaat eine sehr ungleiche Wasserverteilung. Die Zeit dränge, sagen die Grünen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Wie kann eine schnellere Genehmigung von Wasserschutzgebieten gelingen? Wie soll das Wasserentnahmeentgelt ausgestaltet sein? Welche Maßnahmen braucht es, damit wir unser Wasser langfristig schützen können und wie können wir uns dabei der Klimakrise anpassen? Diese Fragen haben die Grünen im Bayerischen Landtag heute in einer Expertenrunde im Landtag diskutiert.

Das Ziel der Grünen: "Bayern soll zum Vorreiter beim Wasserschutz werden." Für die konkrete Umsetzung haben die Grünen ein Gesetzentwurf für ein bayerisches Wassersicherungsgesetz vorgelegt.

Leitungswasser noch langfristig trinkbar?

Können wir unser Leitungswasser zukünftig unbedenklich trinken? Diese Frage stellt Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, zu Beginn der Expertenrunde. Immer wieder habe er sich beim Campen im Ausland diese Frage gestellt und sich nach Rückkehr aus dem Urlaub zugleich über die gute Leitungswasserqualität in Deutschland gefreut. Doch wird das in Zukunft auch so bleiben?

Laut dem Niedrigwasserlagebericht für Bayern wiesen im Juni 47 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Lagen zeigten sogar 69 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation. Dazu komme, so Ludwig Hartmann, die Belastung durch Nitrat und Pestizide und zugleich nutzen Großkonzerne Wasser für kommerzielle Zwecke. Frage Hartmann: "Warum sollen die nicht dafür zahlen?"

Denn auch Dürresommer und Hitzetage würden zunehmen. Und am eigenen Leib könne man spüren, wie in manchen Regionen das Wasser immer knapper werde. Für Hartmann ist klar: "Dem wollen wir nicht tatenlos zusehen! Es liegt in unserer Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln jetzt zu handeln!"

Grüne wollen strengere Gesetze beim Wasserschutz

Die Grünen wollen striktere Gesetze für den Schutz des Wassers. Eckpunkte ihres Gesetzentwurfs sind etwa der Schutz des jahrtausendealten Tiefengrundwassers durch ein weitreichendes Nutzungsverbot. Auch sollen zwölf Prozent der Landesfläche als Wasserschutzgebiete ausgewiesen werden. Ebenfalls Bestandteil des Gesetzes ist, dass die kommerzielle Nutzung des Allgemeingutes Grundwasser künftig nicht mehr kostenlos sein soll.

In 13 von 16 Bundesländern gebe es bereits ein Entgelt für die Nutzung des Grundwassers - doch in Bayern brauche man bislang nur eine Genehmigung, so die Grünen. Firmen würden so nicht zu einem sparsamen Umgang mit dem kostbaren Gut Grundwasser angehalten. Oberflächennahes Grundwasser soll den Grünen zufolge künftig acht Cent je Kubikmeter kosten, Tiefenwasser einen Euro je Kubikmeter. Diese Gebühr soll auch für Privathaushalte gelten.

Darüber hinaus wollen die Grünen laut Gesetzentwurf mehr auf dezentrale Trinkwasserversorgung vor Ort statt auf Fernwasser-Nutzung setzen. Neue Schneekanonen sollen künftig nicht mehr genehmigt werden, zudem müssten der Freistaat und die Kommunen künftig ein Vorkaufsrecht für Moore und Auen erhalten. Das Gesetz sei Teil eines 100-Tage-Programmes, dessen Entwurf die Grünen direkt zum Start der neuen Legislaturperiode nach der Landtagswahl am 8. Oktober ins Parlament einbringen wollen.

Wasserexperten unterstützen grünen Gesetzentwurf weitgehend

Das Wasser mehr zu schützen, ist für den Landesbund für Vogelschutz sehr wichtig. Seit 20 Jahren werde in Bayern zu wenig neues Grundwasser gebildet, so Norbert Schäffer vom LBV. Auch die Wasserqualität sei durch einsickernde Pestizide und Düngemittel in zunehmender Gefahr. Um die Verfügbarkeit von Wasser langfristig zu sichern, müsse der Rückhalt des Wassers in der Fläche höchste Priorität haben. Dies sei zu erreichen, indem 10.000 Kilometer kleiner Fließgewässer renaturiert werden, was gleichzeitig auch noch als Hochwasser-, Klima- und Artenschutz wirke, so Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz.

Auch der Bund Naturschutz Bayern sieht im Gesetzentwurf der Grünen einen ersten Schritt, um in Bayern endlich einen effektiven Grund- und Trinkwasserschutz zu gewährleisten. Gerade die Einführung eines Entnahmeentgeltes für Wassernutzungen sei längst überfällig, so Christine Margraf vom Bund Naturschutz Bayern, die zugleich aber auch die vielen Ausnahmeregelungen beim Entnahmeentgelt, wie beispielsweise für die Wasserkraft, scharf kritisiert. Grundsätzlich begrüßt auch der Verband kommunaler Unternehmen den Gesetzentwurf der Grünen.

Entscheidend ist aber auch für den Verband kommunaler Unternehmen, wie die jahrzehntelang etablierte Entwässerung Bayerns über Drainagen, Gräben und Flüsse in Nordsee und Schwarzes Meer beendet werden kann. In diesem Sinne wären Mittel aus dem vorgeschlagenen Wassercent dauerhaft und transparent im vorsorgenden Wasserschutz richtig verwendet, so Gunnar Braun vom Verband kommunaler Unternehmen.

Den Wassercent hält Gunnar Braun für diskussionswürdig. Zustimmung findet der Gesetzentwurf der Grünen auch beim Sprecher der Expertenkommission Wasserversorgung Jörg E. Drewes, der auch Professor an der TU-München ist. Der vorliegende Gesetzesentwurf "konkretisiere sehr wichtige Aspekte für die Nutzung und Bewahrung unserer Grundwasserressourcen". Er wünscht sich sogar noch weitergehende Maßnahmen, die den gesamten Wasserkreislauf berücksichtigen.

Auch die Staatsregierung hat in letzter Zeit den sogenannten Wassercent, also eine Abgabe für Wasser, ins Gespräch gebracht. Vorgespräche zur Vorbereitung eines Wassercents in Bayern seien laut Umweltministerium bereits geführt worden. Die genaue Höhe eines Wassercents sowie die weiteren Modalitäten müssten in der kommenden Legislaturperiode festgelegt werden.

Umweltminister Glauber: Bayern ist Wasserland

Laut Umweltminister Thorsten Glauber hat das Thema Wassersicherheit in Bayern oberste Priorität. Bayern verfüge in allen Regierungsbezirken über gute Wasserreserven in ausreichender Menge. Auch habe die öffentliche Trinkwasserversorgung bei der Wasserverteilung immer Vorrang. Laut Umweltministerium seien im Jahr 2023 in Bayern für die Themen Wasserversorgung und Grundwasserschutz knapp 100 Millionen Euro ausgegeben worden.

Zugleich will Bayerns Umweltminister mit einer neuen Wasserspange die einzelnen bestehenden Fernwassersysteme verbinden. Eine überregionale Wasserspange könnte am Bodensee oder im Lechmündungsgebiet beginnen und über die fränkischen Regierungsbezirke bis nach Niederbayern führen.

Dabei sollten die beiden bestehenden Trinkwassertalsperren Mauthaus (Oberfranken) und Frauenau (Niederbayern) miteinander verbunden und neue Trinkwasserreserven erschlossen werden. Mit mehreren hundert Kilometern neuer Fernleitungen in Bayern soll die ortsnahe öffentliche Wasserversorgung deutlich unterstützt und im Bedarfsfall entlastet werden. Im Rahmen einer Pressekonferenz hatte Minister Glauber letzte Woche die möglichen Gesamtkosten auf 4 bis 5 Milliarden Euro geschätzt. Das Großprojekt wäre schätzungsweise in etwa 25 Jahren fertig.

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