Der Schlachthof in Aschaffenburg von außen.
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Im Zusammenhang mit dem Aschaffenburger Schlachthof-Skandal hat es mehrere Razzien gegeben.

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Aschaffenburger Schlachthof: Durchsuchungen und Sondersitzung

Der Aschaffenburger Stadtrat beschäftigt sich heute, ab 13 Uhr mit den mutmaßlichen Tierschutzverstößen im Schlachthof. Die Sitzung ist öffentlich und kann auch online live verfolgt werden. Gestern gab es Durchsuchungen in mehreren Objekten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Am Freitagmittag, ab 13 Uhr, will Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) in einer öffentlichen Sondersitzung des Aschaffenburger Stadtrats über den aktuellen Stand in Sachen Schlachthof informieren. Der Stadt sei es ein großes Anliegen, die erhobenen Vorwürfe restlos aufzuklären und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Parteien fordern konsequente Maßnahmen

Außerdem will der Stadtrat generelle Maßnahmen zum Umgang mit den Vorfällen beschließen. Bereits im Vorfeld haben die Stadtratsfraktionen von CSU, SPD, Grünen sowie KI (Kommunale Initiative) zahlreiche Anträge gestellt, in denen sie konsequente Maßnahmen fordern. Die SPD-Stadtratsfraktion hat die fristlose und sofortige Kündigung des Betreibervertrags beantragt, die CSU einen sofortigen Geschäftsführerwechsel und einen "Neuanfang" mit transparenter Organisationsstruktur und unabhängiger Kontrollinstanz.

Bei dieser öffentlichen Sitzung können Menschen live vor Ort sein oder die Sitzung online verfolgen. Hier geht es zum Livestream der Stadt Aschaffenburg.

Durchsuchungen und weitere Ermittlungen

Wer ist alles am Aschaffenburger Schlachthof-Skandal beteiligt? Wie sehr wurden Kühe und Schweine dort beim Schlachten gequält? Welche Verstöße gegen den Tierschutz sind genau passiert? Das wollen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Aschaffenburg herausfinden.

Deshalb gab es am Mittwoch und Donnerstag mehrere Razzien, teilt das Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage von BR24 mit. Die Polizei durchsuchte insgesamt fünf Objekte und stellte Beweismittel sicher. "Die Ermittlungen stehen aber noch ganz am Anfang", so Polizeisprecher Maximilian Basser.

Tierschutz-Verstöße: Mehrere Verdächtige im Fokus

Aktuell wertet das Team der Polizei akribisch Videoaufnahmen aus dem Schlachthof aus. Es gibt mehrere Tatverdächtige, die mit den Tierschutz-Verstößen im Aschaffenburger Schlachthof zu tun haben könnten. Eine genaue Zahl wollte Basser aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht nennen.

Ermittlungen laufen wegen Verstößen gegen das Tierschutz-Gesetz, aber auch gegen eine amtliche Tierärztin wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen.

Kontrollbehörde bekam brisantes Material

Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) hatte vergangene Woche Videomaterial von der Tierrechtsorganisation "SOKO Tierschutz" erhalten. Aus dem Material hätten sich konkrete Anhaltspunkte für teils schwerwiegende Tierschutzverstöße im Schlachtprozess in dem Aschaffenburger Schlachthof ergeben.

Tiere sollen bei vollem Bewusstsein geschlachtet worden sein. Die Belegschaft des Schlachthofs soll Tiere mehrfach mit Elektroschockern gequält haben. Lebenden Schweinen sollen Augen herausgerissen worden sein. Daraufhin hatte die Behörde den Schlachthof unangekündigt kontrolliert, durchsucht und sofort geschlossen.

Ärztin soll Schlachthof gewarnt haben

Im ARD-Magazin "Fakt" waren am Dienstag Screenshots aus einer Whatsapp-Gruppe zu sehen, in der eine amtliche Tierärztin eine konkrete Kontrolle Anfang April verraten haben soll. Zitat: "Am Freitag kommt KBLV zur Kontrolle." Außerdem sollen sie und ihr Team dabei gewesen sein, wenn Tiere gequält wurden – so der Vorwurf der "SOKO Tierschutz".

"SOKO Tierschutz": Diese Schlachtpraxis ist illegal

Auf den Videos werden Rinder beispielsweise in eine Metall-Box getrieben. "Der Kopf der Tiere ist überhaupt nicht fixiert. Die können sich rechts links verwinden", beschreibt Friedrich Mülln vom Verein "SOKO Tierschutz" seinen Eindruck. So könne das Personal die Betäubung kaum ordentlich ansetzen.

Außerdem ist zu sehen, wie Mitarbeiter des Schlachthofs die Tiere mit Stromschlägen in bestimmte Positionen zu bewegen versuchen. "Die Bilder zeigen Schweine und Rinder, die noch bei Bewusstsein sind, wenn sie den sogenannten Kehlschnitt erleiden", so Mülln. Eine solche Praxis sei illegal, weil Tieren laut Gesetz keine unnötigen Schmerzen zugefügt werden dürfen. Tierschützer hatten die Bilder in den vergangenen vier Wochen aufgenommen. Das Material liegt "Fakt" ungeschnitten vor.

Stadt entlässt zuständige Tierärztin

Wegen der mutmaßlichen Tierschutz-Verstöße im Aschaffenburger Schlachthof hat die Stadt Aschaffenburg erste Konsequenzen gezogen. Am Mittwoch hatte sie sich laut einer Mitteilung mit sofortiger Wirkung von der zuständigen amtlichen Tierärztin getrennt.

Auch weitere Personen stehen in der Kritik – wie etwa eine Tierärztin, die über eine Dritt-Firma engagiert ist. Diese Veterinärin wird nun offenbar nicht mehr weiterbeschäftigt. "Die Stadt Aschaffenburg ist entsetzt und verurteilt in aller Schärfe jegliche Verstöße gegen den Tierschutz", heißt es weiter.

Im Video: Schwere Vorwürfe gegen Schlachthof in Aschaffenburg

BR-Korrespondentin Katrin Küx vor dem Schlachthof in Aschaffenburg.
Bildrechte: BR
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BR-Korrespondentin Katrin Küx berichtet über den Aschaffenburger Schlachthof-Skandal.

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