Die Veränderung der Wassertemperatur des Mittelmeeres im Juli 2023 in einer Satellitenaufnahme, zur Verfügung gestellt von der NASA: gelb = etwa 23 Grad Celsius; orange= etwa 25 Grad; rot = etwa 27 Grad; dunkelrot = 30 Grad Celsius und mehr
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Die Temperaturveränderung an der Wasseroberfläche des Mittelmeeres im Juli 2023 in einer Satellitenaufnahme, zur Verfügung gestellt von der NASA

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Mittelmeer: Weiter Unwetterrisiko durch überhitztes Wasser

Heute wurde es noch einmal extrem heiß in Griechenland. Das Hochdruckgebiet zieht nun weiter, die Hitzewelle im Mittelmeerraum flaut ab. Aber: Die hohen Temperaturen des Mittelmeeres bergen für die nächsten Wochen weiter erhöhtes Unwetterpotenzial.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Tagelang über 40 Grad und schwere Waldbrände - Touristen flüchteten aus dem Südosten von Rhodos, in Algerien starben sogar viele Menschen nach Waldbränden. In der sizilianischen Großstadt Catania fiel der Strom in manchen Stadtteilen für fünf Tage aus. Die Akropolis in Athen schließt über die besonders heißen Stunden.

Ende der Hitzewelle am Mittelmeer in Sicht

In den Mittelmeerländern ächzen die Menschen unter extremem Wetter und die Waldbrände halten an. Doch die Hitzewelle flaut bald ab. "Wir sehen nur noch ihre Rücklichter", sagt BR-Wetterexperte Michael Sachweh. Das große Hochdruckgebiet, das aus sehr warmer Luft bestand, sei durch Zufuhr etwas kühlerer Luft vom Atlantik her instabil geworden und verabschiede sich nach Osten. Deswegen habe es heute noch einmal große Hitze in Griechenland gegeben.

Sachweh nennt die Hitzewelle "historisch". "Es hat noch nie eine so lange anhaltende Hitzewelle im Mittelmeerraum gegeben", so der BR-Wetterexperte. Als Beispiel nennt er Sizilien: Zehn Tage hintereinander mit 40 Grad und mehr. Das habe es seit den Wetteraufzeichnungen noch nicht gegeben, auch wenn die höchste gemessene Temperatur auf der italienischen Insel von 48,8 Grad im August 2021 - zugleich europäischer Hitzerekord - nicht erreicht worden sei.

Hohe Mittelmeer-Temperatur mit Unwetterpotenzial

Besonders kritisch sieht der BR-Wetterexperte, dass die Wassertemperaturen im Mittelmeer so hoch sind. Wenn nach der Hitzewelle ein Tiefdruckgebiet komme, wirke das "überwärmte" Wasser mit im Schnitt 28 Grad und dem dadurch hohen Wasserdampfgehalt in der Luft wie ein Treibstoff für Unwetter. Warme, feuchte Luftmassen, die unter Tiefdruckeinfluss aufsteigen, bringen generell ein Gewitterpotenzial mit sich. "Durch die ungewöhnlich hohen Wassertemperaturen gelangt diesmal besonders viel Wasserdampf in die Luft. Das würde bei Tiefdruckwetter zu einem besonders hohen Unwetterpotenzial führen", so Sachweh.

Zunächst, zumindest die nächsten sechs bis sieben Tage, komme zwar kein Tiefdruckgebiet in den Mittelmeerraum. "Aber das überwärmte Wasser bleibt mit Sicherheit länger bestehen", so der Wetterexperte. "Ein Tief - in sagen wir zwei Wochen - würde immer noch ein erhöhtes Unwetterpotenzial bedeuten."

Am Montag, 24. Juli, wurde nach Angaben des in Barcelona ansässigen Instituts für Meereswissenschaften (ICM) der bislang höchste Wert an der Wasseroberfläche des Mittelmeeres gemessen: 28,71 Grad. Der bisherige Höchstwert stammte aus der extremen Hitzewelle im Sommer 2003 und betrug 28,25 Grad.

Ozeane speichern in Folge von Treibhausgasen gebildete Wärme

Die Temperatur im Meer steigt immer weiter an. Im Jahr 2022 erreichte sie einen historischen Rekord. Das fanden internationale Forscher in einer Studie heraus. Der Grund für steigende Meerestemperaturen ist laut den Forschern der menschengemachte Klimawandel. Die Ozeane speichern mehr als 90 Prozent der in Folge von Treibhausgasen gebildeten Wärme.

Höhere Meerestemperaturen erwärmen die Luftschichten über dem Meer. Es verdampft immer mehr Wasser, die wärmeren Luftmassen über dem Meer können gleichzeitig mehr Wasser speichern. Extremwetterereignisse wie Starkregen oder schwere Überschwemmungen können die Folge sein.

In Deutschland derzeit keine erhöhte Unwettergefahr

Für Deutschland gibt es derzeit laut Sachweh kein erhöhtes Unwetterpotenzial. Es werde in den kommenden Tagen oft wechselhaft und auch mal zu ergiebigen Regenfällen kommen. Mitunter seien auch Sturmböen möglich. Aber Hagel oder heftige Sommergewitter seien eher wenig zu erwarten, weil keine feuchten, subtropischen Luftmassen beteiligt seien. "30 Grad und mehr werden wir lange nicht mehr sehen", so Sachweh.

Für die Menschen in Südeuropa gibt es bald eine kleine Erleichterung: Die Temperaturen sollen gegen Ende der Woche sinken. In Griechenland werden etwa 35 Grad erwartet. In Italien rechnet der private Wetterdienst ilmeteo.it damit, dass ab Mittwoch die Temperaturen landesweit zurückgehen. In der Hauptstadt Rom sollen etwas über 30 Grad, im Süden des Landes bis zu 34 Grad erreicht werden. Auch in der Türkei sollen die Temperaturen etwas sinken.

Hitzewellen in Zukunft immer wahrscheinlicher

Wissenschaftler der World Weather Attribution Initiative (WAA) haben in einer am Dienstag veröffentlichten Studie untersucht, in welchem Umfang der menschengemachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit und die Intensität von der Extremhitze im Juli in Nordamerika, Europa und China verändert und beeinflusst hat.

Laut ihrer Analyse wäre die aktuelle Hitzewelle im Mittelmeer ohne den menschengemachten Klimawandel "praktisch unmöglich". In Nordamerika, Europa und China gäbe es in den vergangenen Jahren immer mehr Hitzewellen, die eine Folge der Klimaerwärmung seien. Der Klimawandel sorge dafür, dass Hitzewellen immer häufiger, länger und heißer werden.

Buschland und Wälder in den Ländern rund ums Mittelmeer brennen weiter.
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Buschland und Wälder in den Ländern rund ums Mittelmeer brennen weiter.

Mit Informationen von dpa, Reuters, AFP

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