Richter und Angeklagter stehen im Gerichtssaal.
Bildrechte: BR/Barbara Leinfelder

Zu vier Jahren Haft hat das Landgericht Augsburg einen Mann verurteilt, der versucht hat, ein Baby zu entführen.

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Urteil in Augsburg: Vier Jahre Haft für versuchte Babyentführung

Weil er versucht hatte, einer Mutter das Baby aus dem Kinderwagen zu entreißen, ist ein 23-Jähriger vom Landgericht Augsburg zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Anklage lautete auf Menschenraub und Körperverletzung.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Im November 2022 hatte der 23-Jährige in Mering versucht, ein sieben Wochen altes Baby gewaltsam aus dem Kinderwagen einer Mutter zu nehmen. Das Augsburger Landgericht hat den Mann nun unter anderem wegen Menschenraubs zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Angeklagte habe die Mutter erst gewaltsam beiseitegestoßen, sei dann mit dem Kinderwagen davongelaufen und habe schließlich versucht, das Kind aus dem Kinderwagen zu nehmen. Dies war ihm aber nicht gelungen, auch weil die Mutter dem Mann nachgelaufen war.

Ermittler fanden Babykleidung mit Sperma

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der junge Mann das Baby rauben wollte, um sich später sexuell an ihm zu vergehen. Die Ermittler konnten dem Mann entsprechende Internetanfragen aus dem Jahr 2020 nachweisen, etwa nach dem Begriff "Babyporno", aber auch nach "Baby aus Krankenhaus entführen" oder "Baby töten". Die Fahnder hatten bei einer Hausdurchsuchung außerdem Babykleidung gefunden, auf der das Sperma des Angeklagten nachweisbar war.

Erste Annäherung zwei Wochen vor der Tat

Es habe außerdem ein aussagekräftiges "Vortatverhalten" gegeben, so die Richterin. Der Mann habe seinen Kollegen erzählt, dass er eine "kleine Schwester" bekommen habe. Er habe lange vor der Tat ein sieben Jahre altes Mädchen auf dem Schulweg angesprochen und ihr ein Kuscheltier versprochen. Und er habe sich schon zwei Wochen vor der Tat der Mutter samt Kinderwagen genähert.

Angeklagter hatte Polizisten von sexueller Neigung erzählt

Die Aussagen der Mutter seien "absolut glaubwürdig", so die Richterin. Die Kammer "könne nicht in den Kopf des Angeklagten schauen", doch sie gehe davon aus, dass der Angeklagte vorhatte, das Kind zu stehlen, da er Babykleidung im Bett gehabt habe, auf die er onaniert habe. Er habe pädophile Neigungen und an jenem Tag sei "der Trieb zu stark gewesen", so die Richterin. Dies habe er einem Polizeibeamten erzählt. Einem Mithäftling in der U-Haft habe er gestanden, noch nie sexuellen Kontakt zu einer Frau gehabt zu haben.

Die Kammer gehe von einem vollendeten Menschenraub aus: Er habe die physische Gewalt über das Kind gehabt. Er wird zudem wegen versuchten Kindesentzugs verurteilt, außerdem wegen Körperverletzung, weil sich die Mutter bei der Verfolgung verletzt hatte.

Richterin: Angeklagter zeigt keine Übernahme von Verantwortung

Eine Auseinandersetzung mit der Tat sei nicht mal ansatzweise zu erkennen, stellte die Richterin fest. Eine Übernahme von Verantwortung oder eine Bereitschaft, an seinem Problem zu arbeiten, sei "Null Komma Null" zu erkennen, so die Richterin weiter. Es liege nun an ihm, "ob er das offensichtlich vorliegende Problem" in einer Therapie angehen wolle oder nicht.

Mutter leidet nach wie vor unter der Tat

Zu seinen Gunsten sei zu werten, dass er die Tat zumindest formal eingestanden und sich per Brief bei der Mutter entschuldigt habe. Zu seinen Lasten sei zu werten, dass der Angriff hinterrücks erfolgt sei und er die Mutter erheblich verletzt habe. Zudem habe er das Baby ruckartig angehoben, was für so kleine Kinder sehr gefährlich sei. Für die Mutter und die Familie sei der Vorfall bis heute eine große Belastung. Die Frau wechsle die Straßenseite, wenn ihr ein fremder Mann entgegenkomme und habe immer noch Angstzustände.

Verteidigung hatte Freilassung gefordert

Das Gericht bleibt mit dem Strafmaß unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, aber deutlich über der der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gefordert. Die Verteidigung plädierte dagegen dafür, den 23-Jährigen nach den acht Monaten Untersuchungshaft auf freien Fuß zu setzen, weil sein Motiv nicht zweifelsfrei nachweisbar sei. Der Angeklagte hatte während des Prozesses ausgesagt, er habe nicht gewusst, was er mit dem Baby tun wollte. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht hielten dies nicht für plausibel. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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