Am Verbindungshaus der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg weht eine Deutschlandfahne.
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Haus der Burschenschaft Teutonia zu Würzburg

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Teutonia Prag: Umstrittene Burschenschaft vor dem Aus?

In der Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag kriselt es. Ältere Mitglieder erheben Vorwürfe gegen den aktiven Teil der Studentenverbindung, der auch der AfD-Politiker Halemba nahesteht. Der Grund: Parteipolitik. Ein Insider wundert sich.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

In einer internen Stellungnahme rechnen die überwiegend älteren Burschenschafter auf knapp zwei Seiten mit den jungen Mitgliedern ab. Die "Teutonia Prag" sei zu einem "Instrument und einer Plattform einer einzigen politischen Partei geworden". Man sehe sich mit "Unehrlichkeit, mangelnder Charakterfestigkeit" konfrontiert. So steht es in dem Schreiben, das 25 Mitglieder der Burschenschaft "Teutonia Prag" an zwei befreundete Studentenverbindungen gerichtet haben. Die Stellungnahme wurde am Sonntag auf der Internetseite der linksradikalen "Autonomen Antifa Freiburg" veröffentlicht. Ein Teil der "Alten Herren" in der Burschenschaft reibt sich offenbar an dem politischen Kurs der aktiven Teutonen. Auch der 22 Jahre alte unterfränkische AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba steht den jungen Mitgliedern der Teutonia nahe.

Schreiben: "Kein bundesbrüderliches Verhältnis mehr möglich"

Bei "Alten Herren" handelt es sich um ältere Verbindungsmitglieder, die nicht mehr studieren. Einige von ihnen haben das Schreiben unterzeichnet und an Mitglieder der "Albia Wien" und der "Arminia Graz" verschickt. Die beiden österreichischen Burschenschaften bilden mit der "Teutonia Prag" ein sogenanntes "Kartell". Das bedeutet, dass die drei Burschenschaften sehr enge Kontakte pflegen.

In dem Schreiben der Alten Herren der "Teutonia Prag" heißt es nun, "dass zwischen dem überwiegenden Teil der Altherrenschaft sowie einigen Inaktiven auf der einen Seite und der Aktivitas (den aktiven Studenten) mit einigen Gefolgsleuten innerhalb der Altherrenschaft auf der anderen Seite "kein bundesbrüderliches Verhältnis mehr möglich ist". Offensichtlich gibt es also einen Bruch innerhalb der Verbindung. Gegenüber der Main-Post bestätigt ein Unterzeichner die Echtheit des Schreibens. [Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt]

Unterzeichner bemängeln Radikalisierung

Im Kern kritisieren die 25 Unterzeichner, dass sich Teile der "Teutonia Prag" radikalisiert hätten. Von einer "weltanschaulichen Verengung" ist die Rede. Weiter heißt es: "Alle Initiative wird der parteipolitischen Betätigung untergeordnet, was sich vor allem in der Erwartung einer entsprechenden Parteimitgliedschaft und dem Auftreten in der Öffentlichkeit äußert." Die Alternative für Deutschland (AfD), für die Daniel Halemba und weitere Burschenschafter aktiv sind, wird in dem Schreiben namentlich nicht erwähnt. Doch Stimmen aus dem Burschenschaftsmilieu bestätigen BR24: Natürlich seien die AfD und ihre Unterstützer in der Burschenschaft gemeint. "Wir halten die Fortführung eines aktiven Betriebes der Prager Burschenschaft Teutonia in Würzburg aktuell für aussichtslos", so die Verfasser des Schreibens.

Teutonen reagieren nicht auf Anfragen

BR24 hätte mit den Unterzeichnern gerne über die Motive und Hintergründe der Stellungnahme gesprochen: Wie weit ist der Bruch zwischen "Alt" und "Jung" vollzogen? Steht die Burschenschaft tatsächlich vor dem Aus, wie es der Brief nahelegt? Wie ist es um die Finanzen der Burschenschaft bestellt, wenn mehrere Mitglieder "aus den mit der Prager Burschenschaft Teutonia verknüpften rechtlichen Organisationsformen" austreten wollen?

Insgesamt zehn Personen aus dem Unterzeichnerkreis konnte das BR24-Rechercheteam ausfindig machen. Nur eine Person hat auf eine der Anfragen geantwortet – und um Verständnis gebeten, sich nicht äußern zu wollen. Auch die "Teutonia Prag" ließ Anfragen über verschiedene Kanäle unbeantwortet. Lediglich eine weitere Person, die der Aktivitas der Burschenschaft nahesteht, will der Darstellung in dem Schreiben widersprechen. Eine Auflösung sei nicht im Gange. Viele Fragen bleiben somit offen. Zumindest vorerst.

Insider: Alte Herren haben "Augen vor der Realität verschlossen"

Das Rechercheteam von BR-Reportern hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit der Burschenschaft Teutonia beschäftigt und die Stellungnahme einem Burschenschafter vorgelegt, der die Teutonia sehr gut kennt, seinen Namen aber nicht in den Medien lesen will. "Im Kern bedeutet das Schreiben, dass sie den Bund vertagen werden. Das ist eine Maßnahme, die man trifft, wenn man keinen Mumm hat, sich aufzulösen", meint der Insider. Insgesamt sei die Stellungnahme dem Burschenschafter zufolge "sehr vage" formuliert. Es könne demnach auch sein, dass die Teutonia einfach weiterbestehe.

"Diejenigen, die das größtenteils unterschrieben haben, sind nicht so oft auf dem Haus, sind nicht involviert gewesen", so der Insider. Es seien neben "Karteileichen" auch Alte Herren, die "die Augen vor der Realität verschlossen haben". Ihm zufolge hätten allerdings auch Personen den Brief unterschrieben, die in der Vergangenheit selbst durch rechtsextreme Positionen und Weltanschauungen aufgefallen seien. Diese würden sich nun "öffentlich distanzieren, obwohl sie selbst ideologisch auf der selben Linie sind".

Rechtsextreme Aufkleber und Hitlergrüße bei der Teutonia

Rechtsextreme Positionen würden "sowohl aktive Studenten bei der Teutonia, als auch Alte Herren seit Jahren vertreten", behauptet ein anderer Insider aus dem Burschenschafts-Milieu. Anfang November des vergangenen Jahres berichtete BR24 von rechtsextremen Aufklebern, die gut sichtbar in einem Gemeinschaftsraum der Burschenschaft "Teutonia Prag" in Würzburg angebracht waren. "Deutschland, Deutschland über alles" oder "Terrorstaat Israel" hieß es darauf unter anderem. Die Aufkleber stammen unter anderem von den Neonazi-Parteien "Der III. Weg" und "Die Rechte". Angebracht waren auch Aufkleber von rechtsextremen Gruppen wie der "Identitären Bewegung", "Ein Prozent" oder dem Neonazi-Textilvertrieb "Druck 18".

Wenige Wochen später berichtete BR24 exklusiv von Hitlergrüßen auf dem Gelände der Burschenschaft. Ein wenige Jahre altes Video der hauseigenen Überwachungskamera der Burschenschaft wurde BR24 zugespielt. Es zeigt einen jungen Mann und dessen Begleiterin, die das Haus der Burschenschaft in Richtung Straße verlassen. Dabei hebt der Mann, nach BR24-Informationen ein Verbindungsstudent, zweimal hintereinander den rechten Arm zum Hitlergruß. Aufgenommen wurde das Video vermutlich im Anschluss an eine Feier im Haus der Burschenschaft. Den Informationen zufolge soll der junge Mann einen "Alten Herren" der Teutonia mit dem verbotenen Gruß aus der NS-Zeit verabschiedet haben, der auf der Treppe stand und ebenfalls den Hitlergruß gezeigt haben soll.

Verfassungsschutz beobachtet Teutonia Prag

Seit Monaten zieht die Burschenschaft des AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba bundesweite Aufmerksamkeit auf sich. Im September 2023 durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft das Anwesen der Studentenverbindung. Es ging um den Verdacht der Volksverhetzung. Später wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Würzburg auch gegen Daniel Halemba ermittelt. Unter anderem soll an einer Wand in seinem Zimmer der Ausdruck eines SS-Befehls gehangen haben.

Seit Ende November des vergangenen Jahres wird der aktive Teil der Burschenschaft vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Bestrebungen beobachtet. Halemba hatte mehrfach erklärt, sich nicht der Volksverhetzung oder des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen strafbar gemacht zu haben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn und vier weitere Beschuldigte dauern an.

Ausschnitt eines Bildes der rechtsextremen Aufkleber auf dem Wandschrank bei der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg.
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Ausschnitt eines Bildes der rechtsextremen Aufkleber auf dem Wandschrank bei der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg.

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