Fall Halemba – Hitlergrüße bei Burschenschaft Teutonia
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Fall Halemba – Hitlergrüße bei Burschenschaft Teutonia

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Hitlergrüße bei Burschenschaft Teutonia Prag

Ein Video der Überwachungskamera der Burschenschaft Teutonia soll Hitlergrüße aufgenommen haben. In der Verbindung ist auch der AfD-Politiker Daniel Halemba aktiv, allerdings noch nicht zur Zeit der Aufnahme. Das Video ist BR24 zugespielt worden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg ist seit einer Hausdurchsuchung Mitte September immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Es geht um rechtsextreme Umtriebe in der schlagenden Studentenverbindung, der auch der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba angehört. Erst vor zwei Wochen hatte BR24 über rechtsextreme und neonazistische Aufkleber in einem Gemeinschaftsraum der Teutonia berichtet.

Video zeichnet Hitlergruß auf

Nun ist BR24 ein Video zugespielt worden, das die Überwachungskamera der Teutonia im Sommer vor wenigen Jahren aufgenommen haben soll. Auf der Videosequenz sind ein junger Mann und dessen Begleiterin zu sehen, die das Haus der Burschenschaft in Richtung Straße verlassen. Dabei hebt der Mann, nach BR24-Informationen ein Verbindungsstudent, zweimal hintereinander den rechten Arm zum Hitlergruß, der nach § 86a StGb bestraft werden kann. Aufgenommen wurde das Video vermutlich im Anschluss an eine Feier im Haus der Burschenschaft.

Den Informationen zufolge soll der junge Mann einen "Alten Herren" (Mitglied der Verbindung nach dem Studium) der Teutonia mit dem verbotenen Gruß aus der NS-Zeit verabschiedet haben, der auf der Treppe stand und ebenfalls den Hitlergruß gezeigt haben soll. Der AfD-Politiker Daniel Halemba war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied in der Burschenschaft.

Berichte von Nazi-Liedern und "Sieg-Heil"-Rufen

Personen, die Einblick in die Burschenschaftsszene haben, ihren Namen aber nicht in den Medien lesen wollen, berichteten von mehreren Vorfällen dieser Art bei der Teutonia. So soll es des Öfteren zu Hitlergrüßen und "Sieg Heil"-Rufen gekommen sein. Offen vor der Kamera auftreten möchte allerdings niemand, denn schon in der Vergangenheit soll es zu massiven Einschüchterungsversuchen gekommen sein. Ein Anwohner sagte einem Kamerateam von Spiegel TV, die Burschenschafter seien durch das Singen von Nazi-Liedern in Erscheinung getreten. "So nach dem Motto 'Wenn das Judenblut vom Messer spritzt'", erzählte der Nachbar den Journalisten.

Bei der Durchsuchung des Verbindungshauses der Teutonia im September stellten die Polizeibeamten neben den Videodateien der Überwachungskamera auch antisemitische Schriften und NS-Devotionalien sicher. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden zudem Schlagringe, Schlagstöcke und eine Schreckschusswaffe in dem Anwesen gefunden.

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Ausschnitt eines Bildes der rechtsextremen Aufkleber auf dem Wandschrank

AfD-Landtagsabgeordneter Daniel Halemba im Visier der Justiz

Einer der Beschuldigten ist der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 22-Jährigen unter anderem Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen vor. Den Angaben zufolge haben Beamte bei der Razzia ein Gästebuch beschlagnahmt. Darin sei der Ausspruch "Sieg Heil" gestanden, unterzeichnet mit dem Namen Halembas. Außerdem haben Ermittler in seinem Zimmer den Ausdruck eines Befehls des früheren SS-Führers Himmler gefunden, einem der Hauptverantwortlichen des Holocaust.

Im Zuge der Ermittlungen entstand nach Angaben der Staatsanwaltschaft der "dringende Verdacht", dass Halemba und weitere Mitglieder der Teutonia einen ebenfalls beschuldigten Burschenschafter "massiv eingeschüchtert" hätten. Auf Antrag der Würzburger Staatsanwaltschaft wurde daher ein Haftbefehl wegen "Verdunkelungsgefahr" erlassen. Das Amtsgericht setzte den Haftbefehl Tage später zwar außer Vollzug – aber unter mehreren Auflagen.

Kurz nach der Festnahme hatte Halemba öffentlich erklärt: "Ich habe mich nicht der Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen strafbar gemacht." Sollten Nazisymbole gefunden worden sein, seien ihm diese nicht zuzurechnen.

Weiterer Beschuldigter ist Jurist

Ein weiterer Beschuldigter in dem aktuellen Verfahren ist Harald D. Auch er ist politisch aktiv. Der Burschenschafter hatte bei den Kommunalwahlen 2020 erfolglos auf der Liste der AfD für den Würzburger Stadtrat kandidiert und trat nach BR24-Informationen in der Vergangenheit als Mitgliederbeauftragter in der AfD auf. Gemeinsam mit Halemba führte Harald D. Aufnahmegespräche mit neuen AfD-Mitgliedern. Das belegen interne Unterlagen der Partei, die BR24 vorliegen. Auch gegen ihn wird wegen Volksverhetzung ermittelt.

Pikant an der Personalie ist, dass D. Jurist ist und nach BR24-Informationen derzeit sein Referendariat an einem Landgericht in Bayern absolviert. Das Referendariat mündet in das zweite Staatsexamen, das zum Richteramt befähigt.

Zudem ist brisant, dass Burschenschafter vor der Razzia gewarnt worden sein sollen. Dafür spricht, dass die rechtsextremen Aufkleber augenscheinlich kurz vor der Razzia entfernt worden waren. Auf die jüngsten Vorwürfen hat die Burschenschaft Teutonia nicht reagiert. Daniel Halemba und Harald D. wiesen in einer anwaltlichen Stellungnahme jede Kenntnis von rechtsextremen Aktivitäten und eine Beteiligung an strafbaren Handlungen in der Burschenschaft zurück.

Verfassungsschutz beobachtet Burschenschaft Teutonia bislang nicht

Die Burschenschaft Teutonia wird trotz der Umtriebe nicht vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Allerdings verfolge der Inlandsgeheimdienst die "aktuellen Entwicklungen rund um die Aktivitas der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg mit besonderer Aufmerksamkeit", teilte das Amt BR24 mit. Dem Landesamt seien Kontakte zwischen der Aktivitas (den aktiven Studenten) der Burschenschaft und der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) aufgefallen. Die JA wird von der Behörde als rechtsextrem eingestuft.

Bürger möchten sich nicht öffentlich äußern

Würzburger bewerten die Verbindung unterschiedlich. Von vorbildlichen, unauffälligen Studenten ist einerseits die Rede, andererseits berichtet man von nächtlichen "Sieg-Heil"-Rufen, die jährlich zu hören sein sollen und lautem Rechtsrock mit einschlägigen Texten, der aus dem Haus der Burschenschaft dröhne. Öffentlich äußern wollte sich auf Nachfrage des Rechercheteams jedoch niemand. Nach den Waffenfunden wolle man mögliche Konfrontationen mit den Mitgliedern der Burschenschaft vermeiden.

2020 noch organisierten Anwohner eine Demonstration, um auf die mutmaßlich rechtsextremen Umtriebe der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg aufmerksam zu machen.

Disclaimer: Wir haben die Stellungnahme des Anwalts von Daniel Halemba unverzüglich ergänzt, nachdem wir davon Kenntnis erlangt haben.

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