Drogen, Waffen, Gewalt: Was ist los am Nürnberger Hauptbahnhof?
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Polizisten während eines Einsatzes am Nürnberger Bahnhof

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So gefährlich ist der Nürnberger Hauptbahnhof

Waffen, Drogen, Gewalt: Er ist einer der gefährlichsten Bahnhöfe in ganz Deutschland - der Nürnberger Hauptbahnhof. Was ist da los? "Kontrovers – Die Story" hat eine Polizeistreife eine Nacht lang im Einsatz begleitet.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Es ist Samstagabend am Nürnberger Hauptbahnhof. "Kontrovers – Die Story" begleitet drei Polizeikräfte bei ihrer Nachtschicht. Nicht einmal zwei Minuten nach Dienstbeginn kommt ein junger Mann auf sie zu. Er berichtet, dass jemand auf dem Bahnhofsvorplatz mit einem Messer herumfuchteln und einen Jugendlichen damit bedrohen würde.

Die drei Polizisten gehen sofort zu dem Verdächtigen. "Hände aus der Tasche!", ruft einer der Polizisten, als sie dort ankommen. Es wird nicht die einzige heikle Situation an diesem Abend bleiben.

Gefährlichster Bahnhof Bayerns - Platz drei in ganz Deutschland

Gemessen an der Zahl der dort verübten Gewaltdelikte liegt der Nürnberger Hauptbahnhof in der Kriminalstatistik der Bundespolizei auf Platz drei der gefährlichsten Bahnhöfe bundesweit. Im vergangenen Jahr wurden dort 548 Gewaltdelikte verübt. Das sind statistisch gesehen eineinhalb Gewaltdelikte pro Tag.

Gefährlicher sind nur der Hauptbahnhof Hamburg mit 667 Gewaltdelikten und der Hauptbahnhof Hannover mit 549 Gewaltdelikten - nur ein Delikt mehr als in Nürnberg. Damit dürfte der Nürnberger Hauptbahnhof auch der gefährlichste Bahnhof Bayerns sein.

"Von Ohrfeigen bis hin zu versuchtem Totschlag"

Bei den verübten Gewaltdelikten handelt es sich laut Kriminalstatistik unter anderem um Körperverletzung, Raub, Mord und Totschlag. Einer der Streifenpolizisten, den "Kontrovers – Die Story" begleiten durfte, und der bereits seit vier Jahren im Einsatz am Hauptbahnhof ist, sagt: "Es sind Ohrfeigen, aber [es geht] auch bis hin zu versuchtem Totschlag, wo gewürgt und nicht mehr abgelassen wird von der Person, bis ein Dritter eingegriffen hat - also es ist rundum alles dabei."

Er selbst sei trotzdem gelassen im Einsatz: "Ich weiß, was ich kann, was meine Streife kann. Das ist sehr wichtig, wenn man hier draußen ist."

Notarzt und Spezialkräfte der Polizei im Einsatz

In seiner Nachtschicht am Hauptbahnhof, die von Samstagabend bis Sonntagfrüh dauert, hat der Streifenpolizist inzwischen den Verdächtigen, der mit dem Messer herumhantierte, für die nächsten vierundzwanzig Stunden des Bahnhofs verwiesen. Es handelte sich um ein Cuttermesser.

Aber die Nacht bringt noch weitere Herausforderungen: Um kurz nach Mitternacht hören der Polizeibeamte und seine beiden Kollegen plötzliche Schreie, die von einem Bahnsteig herüberdringen. Sie rennen los. Mehrere Jugendliche stehen am Bahnsteig. Ein junger Mann liegt halb bewusstlos am Bahnsteig. Der Notarzt behandelt die Verletzten. Die Täter fliehen, können aber gefasst werden, auch durch die Spezialkräfte der Polizei (USK), die eingeschaltet werden. Doch damit ist für alle Beteiligten noch nicht Schluss. Jetzt geht's erstmal auf die Wache.

Reaktion auf vermehrte Gewalt: Polizeipräsenz deutlich erhöht

Laut Bundespolizei sinkt die Aggressionsschwelle an Bahnhöfen zunehmend. Anlasslose Auseinandersetzungen eskalieren immer häufiger zu schweren Gewalttaten. Häufig kommt es demnach etwa zu Gewalttaten an Wochenenden nach Partys oder auch durch Konflikte in der Alkohol- und Drogenszene.

"Bei uns werden die gleichen Konflikte ausgetragen, wie in Städten, in Kommunen, auf öffentlichen Plätzen", sagt Claudia Gremer, die Chefin des Bahnhofsmanagements in Nürnberg. Um der erhöhten Gewalt zu begegnen, hat das Bahnhofsmanagement vor gut einem halben Jahr Maßnahmen ergriffen: "Wir haben die Präsenz der Sicherheitskräfte, die in Nürnberg immer schon hoch war, nochmals erhöht. Wir achten auf Helligkeit, wir achten auf Freundlichkeit."

Zerrissenes T-Shirt, Blut auf der Hose: Täter geflohen

Die Tatverdächtigen der beiden Gruppen der Prügelei mit mehreren Verletzten auf dem Bahnsteig sind inzwischen auf der Wache und wieder bei Bewusstsein. Die drei Streifenpolizistinnen und -polizisten im Dienst checken die Überwachungskameras. Man sieht: Die Auseinandersetzung begann bereits im Zug von Ansbach nach Nürnberg - und endete in einer "wüsten Schlägerei aller Parteien", wie einer der Streifenpolizisten sagt.

Kurz danach kommt es erneut zu einem Vorfall: Die Einsatzzentrale meldet eine Gewalttat in der Mittelhalle. Dort steht ein junger Mann mit einem zerrissenen T-Shirt und Blut auf seiner Hose. Die Polizei fahndet nach zwei Tätern. Die Streifenpolizistinnen und -polizisten suchen in Unterführungen, in Zügen. Auch ein Kollege in Zivil hilft mit, gibt einen Hinweis. Vergebens. Die Täter bleiben unauffindbar, sind mutmaßlich Richtung Innenstadt geflüchtet.

"Normale Nachtschicht am Nürnberger Hauptbahnhof"

Kurz vor Schichtende am Sonntagmorgen, die nächste Auseinandersetzung zwischen mehreren jungen Männern im Bahnhofsgebäude. Ein Mann brüllt herum. Die drei Polizeikräfte, die "Kontrovers – Die Story" begleiten darf, gehen dazwischen, machen deutlich: "Sie hören jetzt sofort damit auf, sonst gehen wir auf die Wache!" Am Ende gehen alle auseinander und auch hier spricht die Polizei ein Betretungsverbot für die nächsten vierundzwanzig Stunden aus.

Messerfund, Schlägereien, verbale und körperliche Auseinandersetzungen - und das alles in einer Nacht. Der Streifenpolizist bleibt erstaunlich gelassen: "Es war nichts dabei, wo ich sagen würde, das hat mich jetzt besonders überrascht. Also eine normale Samstagsnachtschicht am Nürnberger Hauptbahnhof."

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