Manfred Blasch auf dem Flachdach seines Regensburger Altstadthauses.
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Vor einem Jahr hat Regensburg seine Altstadtsatzung geändert, um Photovoltaik-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen.

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Photovoltaik in der Altstadt: Montage nur bedingt erlaubt

Städte wie Regensburg haben ihre Satzungen geändert, um Photovoltaik-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen. Einige Anträge wurden noch nicht genehmigt, die erste Anlage ist aber in Betrieb gegangen. Ergänzt durch "Dein Argument".

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Die Luke, über die Manfred Blasch auf das Flachdach seines Regensburger Altstadthauses gelangt, öffnet sich mithilfe eines Elektromotors. Die Energiequelle dafür liegt auf dem Flachdach: Neun Photovoltaik-Module.  "Es müsste jetzt die erste Photovoltaik-Anlage im Welterbe-Bereich der Stadt Regensburg sein, die nach der Genehmigung gebaut und auch jetzt in Betrieb gegangen ist", sagt Blasch, als er auf dem Dach seinen Blick über die Altstadt schweifen lässt. Unter optimalen Bedingungen produziert die PV-Anlage so viel Strom, dass fast der gesamte Energieverbrauch des Hauses dadurch gedeckt wird. Der Stromzähler steht seit Tagen still.

  • Zum Artikel: Mit Balkonkraftwerken als Mieter Strom erzeugen: Was gilt

Regensburg: 17 PV-Anträge, Hälfte genehmigt

Seit der Änderung der Altstadtsatzung sind im Regensburger Rathaus 17 Anträge von Altstadtbewohnern eingegangen, die im historischen Zentrum der Stadt eine Photovoltaik-Anlage errichten wollen. Gut die Hälfte wurde genehmigt. Darunter die von Manfred Blasch. Sein Haus – ein moderner Wohnturm, 2001 erbaut - bringt die beste Voraussetzung mit: Es handelt sich um ein Flachdach. Dort liegen die neun Module auf und sind somit von der Straße aus nicht zu sehen. Wäre die Anlage einsehbar, wäre es wohl kritisch geworden mit einer Genehmigung durch die Denkmalschutzbehörde. Denn trotz angepasster Altstadtsatzung und Änderungen beim Denkmalschutzgesetz, die seit 1. Juli in Kraft sind, können Anlagen immer noch abgelehnt werden.

Voraussetzung: PV-Anlage nicht einsehbar

Auch Claus Meier, der an einem Grüngürtel im Osten der Stadt zur Miete wohnt, hätte gerne eine Photovoltaik-Anlage an seinem Balkon installiert. Doch die Stadt hat ihm die Errichtung eines "Balkonkraftwerks" untersagt. In dem Bescheid heißt es: "Diese Anlage der haustechnischen Stromversorgung würde sich optisch durch das glatte Erscheinungsbild von der holzverkleideten Balkonbrüstung abheben und stört die Abfolge der Fassadenansichten von der Allee aus."

Meier kann die Gründe nicht nachvollziehen, zumal der Balkon von der Allee wegen des Dickichts aus Sträuchern und Bäumen nicht zu sehen ist. "Und außerdem ist der Balkon jetzt wirklich kein denkmalschutzfähiges Gut." Er findet, dass das Gesetz von den Ämtern wesentlich offener ausgelegt werde oder zumindest der Einzelfall geprüft werden müsste. "Ich will ja schließlich keine Anlage auf dem Regensburger Dom errichten."

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund von Kommentaren der Nutzer/innen "Fliegenfischer", "Unbayrisch" und "Wind" im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.

Auch Michael Sterner kann nicht nachvollziehen, dass Belange des Denkmalschutzes noch immer über den Klimaschutz gestellt werden. Sterner ist Professor für Energiespeicher und Energiesysteme an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg. Er sagt, per Gesetz habe der Klimaschutz längst Vorrang – aber eben nur auf dem Papier.

Sterner verweist auf eine Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Seit dem 29. Juli 2022 heißt es demnach: "Die Nutzung von erneuerbaren Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen (nationalen) Sicherheit."

Aus der Stadt Regensburg heißt es auf Nachfrage von BR24, dass wenn die Flächen für Photovoltaik-Anlagen im Denkmalschutzbereich nicht öffentlich einsehbar seien, der Bau der Module auch in der Regensburger Altstadt mittlerweile regelmäßig erlaubt werde. Sind die Flächen hingegen einsehbar, werde abgewogen und der Antragsteller auf vielleicht leistungsschwächere, aber dafür optisch unauffälligere Alternativen zu Photovoltaik-Modulen verwiesen.

Der Grund dafür, dass bislang nur die Hälfte der insgesamt 17 eingegangenen Anträge genehmigt wurde, liege im Wesentlichen darin, dass noch Unterlagen oder Planungsdetails aufseiten der Antragsteller fehlten. Der Status als Unesco-Welterbe jedenfalls schließe den Bau von Photovoltaik-Anlagen nicht aus und spiele erst auf der Ebene von Einzelfallentscheidungen eine Rolle. 💬

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Claus Meier, der an einem Grüngürtel im Osten der Stadt zur Miete wohnt, hätte gerne eine Photovoltaik-Anlage an seinem Balkon installiert.

Zurückhaltung bei historischen Gebäuden

Dabei will die Stadt Regensburg selbst mehr Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Kindergärten errichten. Dazu laufen aktuell 14 Ausschreibungen. An 15 weiteren Liegenschaften der Stadt sollen jährlich neue PV-Anlagen errichtet werden. Allerdings: Alle betreffenden Gebäude befinden sich außerhalb der Regensburger Altstadt. Trotzdem ist Regensburg damit schon weiter als andere historische Städte.

In Bamberg wird derzeit noch analysiert, welche Liegenschaften der Stadt für Photovoltaik-Anlagen infrage kommen würden. Dabei geht es um Fragen der Lage, Ausrichtung und Dachfläche. "Aufträge für weitergehende Untersuchungen, die Ertüchtigung von Dächern sowie die Beschaffung und Installation der PV-Anlagen können erst erteilt werden, wenn die erforderlichen Haushaltsmittel seitens des Stadtrats zur Verfügung gestellt werden", schreibt die Pressestelle der Stadt Bamberg auf BR-Anfrage.

Bamberg: bereits 30 Anträge genehmigt

Dagegen hat die Stadt Bamberg rund 30 Anträge interessierter Bürger genehmigt, die eine Photovoltaik-Anlage in der denkmalgeschützten Anlage errichten wollen. Zehn Anträge sind noch in Bearbeitung. Kein einziger wurde bisher abgelehnt -anders als in Regensburg.

Allerdings kann auch Manfred Blasch verstehen, dass Stadtverwaltungen wie Regensburg damit ringen, ob, wie und wo PV-Anlagen im historischen Ensemble montiert werden dürfen. Es brauche Kompromisse. "Viele sind ja da rein gezogen, um diese Atmosphäre zu genießen und in einer der schönsten Städte der Welt wohnen zu dürfen. Und damit sollte man behutsam umgehen." Die wenigsten Gebäude in der Regensburger Altstadt seien nun einmal für Photovoltaik geeignet.

Im Juli haben die erneuerbaren Energien ungefähr zwei Drittel des Stromverbrauchs in Deutschland abgedeckt: Vor allem die Dächer in den Städten haben für Solarenergie großes Potential. Und in Regensburg macht da jetzt auch der Denkmalschutz mit...
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Vor allem die Dächer in den Städten haben für Solarenergie großes Potential. Und in Regensburg macht da jetzt auch der Denkmalschutz mit...

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