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Nach Empörung über Ungeziefer-Zitat: Ramsauer verteidigt sich

Weil er ein Ungeziefer-Zitat im Zusammenhang mit Migranten verwendet hatte, fordern mehrere Politiker den Rückzug von Ex-Bundesminister Ramsauer aus dem Bundestag. Der CSU-Politiker betont: Das Zitat sei nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen.

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Das umstrittene Interview war schon etliche Stunden in der Welt, als die Wörter "Ramsauer" und "Ungeziefer" am Montagnachmittag auf den vorderen Plätzen der deutschen Twitter-Trends zu finden waren. Zwar war das "Ungeziefer"-Zitat zu diesem Zeitpunkt schon aus Peter Ramsauers (CSU) Aussagen zur Flüchtlingspolitik gelöscht worden, der Empörung über den Ex-Bundesverkehrsminister tat dies jedoch keinen Abbruch. Politiker mehrerer Parteien forderten, Ramsauer müsse sein Bundestagsmandat abgeben.

Ausgelöst wurde der Wirbel durch ein von Ramsauer verwendetes Zitat des früheren chinesischen Parteiführers Deng Xiaoping. Das Magazin "Mittelstand Digital" des nordrhein-westfälischen Bunds der Selbstständigen hatte den CSU-Politiker bei einer Frage nach der Zuwanderungspolitik zunächst mit folgenden Worten zitiert: "Deng Xiaoping hat einmal gesagt: 'Wenn man die Fenster zu weit aufmacht, kommt auch viel Ungeziefer mit rein.' Das heißt - übertragen auf die Einwanderungsproblematik -, dass wir aufpassen müssen, dass wir neben den Fachkräften nicht auch x-beliebige Wirtschaftsflüchtlinge mit ins Land holen." Später wurde das Zitat entfernt. Eine BR-Anfrage an den Bund der Selbstständigen, wie es zu der Änderung kam, blieb zunächst unbeantwortet.

Ramsauer kritisiert Merkels Flüchtlingspolitik

Darüber hinaus kritisierte Ramsauer in dem Interview, die Flüchtlingspolitik gehöre wie der Atomausstieg zu den "katastrophalsten politischen Fehlern der damaligen Bundeskanzlerin" Angela Merkel (CDU). "Nicht ohne Grund sage ich den AfD-Parlamentariern, dass sie Merkel ein Denkmal setzen müssten, weil die AfD ihre parlamentarische Existenz ausschließlich der Politik von Angela Merkel zu verdanken hat." Auch in anderen europäischen Ländern sei die Erkenntnis gereift, dass es in der Flüchtlingspolitik nicht so weitergehen könne. "Daher habe ich vollstes Verständnis für Ungarns Ministerpräsidenten Orbán, aber auch für die Polen, die eigenständig entscheiden wollen, wer in ihr Land kommen darf und wer nicht."

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Screenshot: Die umstrittene Passage im Interview vor der Änderung

Ramsauer: "Nicht zur Veröffentlichung gedacht"

Auf BR24-Anfrage teilte Ramsauer mit, das Zitat von Deng Xiaoping sei "im Gespräch über die Mängel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gefallen", aber nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen. Zudem versicherte der CSU-Politiker: "Ich würde auch niemals einen solchen entwürdigenden Vergleich mit zugewanderten Fachkräften oder Migranten machen." Auf die Frage, was er auf die scharfe öffentliche Kritik und die Rückzugsforderungen entgegne, ging der Bundestagsabgeordnete nicht ein.

CSU schweigt - CDU-Vizechefin: "Unterirdisch"

Die CSU-Spitze wollte die Debatte über Ramsauer nicht kommentieren. Ein Parteisprecher sagte dem BR: "Zu nicht autorisierten Interviews können wir uns nicht äußern." Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien formulierte dagegen deutliche Kritik an Ramsauer: Auf Twitter bezeichnete sie die Wortwahl als "unterirdisch". Auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz widersprach dieser "entmenschlichenden Aussage von Ramsauer zur Flüchtlingspolitik" scharf.

Der Berliner Grünen-Kommunalpolitiker Daniel Eliasson schrieb auf Twitter, er habe Ramsauer wegen Volksverhetzung angezeigt. Seine Eltern seien 1991 als jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen, auf der Suche nach einem besseren Leben. "Dass sie und Hunderttausende Geflüchtete als Ungeziefer beschimpft werden, ist unfassbar."

SPD: "Tabubruch mit Nazisprech"

Der bayerische SPD-Landeschef Florian von Brunn warf dem CSU-Politiker einen "Tabubruch mit unmenschlichem Nazisprech" vor. Dies schrecke die dringend benötigten Fachkräfte ab und spiele der AfD in die Karten. Ramsauer könne nicht im Bundestag bleiben.

Der hessische SPD-Vize und Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels forderte ebenfalls, Ramsauers "in ein Zitat verpackte Nazi-Sprache" müsse Folgen haben. "Bei anderen ist sein Parteivorsitzender Markus Söder auch immer schnell dabei, Konsequenzen einzufordern. Warum schweigt der bayerische Ministerpräsident hier?"

Linke: "Mit Roter Karte vom Platz stellen"

Scharfe Kritik an Ramsauer kam auch von der Linkspartei. "Ramsauer muss sein Bundestagsmandat zurückgeben", forderte Linken-Bundesvize Lorenz Gösta Beutin. Sollte der CSU-Politiker es nicht selbst tun, müsse Unions-Fraktionschef Friedrich Merz handeln und den Abgeordneten aus der Fraktion ausschließen. "Ramsauer ist der Brandstifter im Anzug des Biedermanns." Er verdient es, "mit Roter Karte vom Platz gestellt zu werden".

Die Vizefraktionschefin der Linken im Bundestag, Nicole Gohlke, warf Ramsauer vor, er greife auf die Nazi-Sprache der 1930er Jahre zurück. "Wenn die CSU die Brandmauer nach rechts ernst meint, muss diese Entmenschlichung Konsequenzen haben."

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