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Soziale Medien sind für Parteien im Wahlkampf wichtig.

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#LTW23: So nutzen die Parteien Soziale Medien im Wahlkampf

Rund 54 Millionen Menschen nutzen in Deutschland die Sozialen Medien. Vor allem im Wahlkampf ist es für Parteien deswegen wichtig, hier präsent zu sein und um Wähler zu werben. Aber welche Strategien haben sie dabei?

Die Parteien haben losgelegt. Im März dieses Jahres gingen etwa die Grünen ins "Wahlkampf-Camp". Einen Tag lang wollten sie sich der Landtagswahl widmen. Es ging um die Frage, wie sie in den Wahlkampf starten: freiwillige Helfer gewinnen, gegen Hass und Hetze vorgehen – und: wie sie soziale Medien einsetzen, um möglichst viele Wähler von sich zu überzeugen.

Soziale Medien spielen große Rolle im Wahlkampf

Die Grünen sind nicht die Einzigen, die ihren Social-Media-Einsatz planen. Die CSU zum Beispiel hat einen "Wahlkampfmanager zur LTW 2023", in dem Farbcodes oder Designs festgehalten sind – aber eben auch die Frage, wann sich welche Plattform besonders eignet. Für YouTube steht dort beispielsweise: "Mit kurzen Filmen können Sie sich auf Youtube aktiv und dynamisch präsentieren." Reden und Aufzeichnungen von Veranstaltungen seien der ideale Content.

Soziale Medien sind schon lange Teil des politischen Alltags, nicht nur zur Zeit des Wahlkampfes. Politiker und Behörden können hier direkt mit den Menschen kommunizieren. Sie streamen ihre Pressekonferenzen, sie posten aus ihrem Alltag und sie kommentieren aktuelle Debatten. Aber im Wahlkampf spielen die Sozialen Medien eine besondere Rolle.

Junge Menschen informieren sich über Soziale Medien

"Ohne Social Media ist ein Wahlkampf heutzutage gar nicht mehr möglich", sagt Martin Fuchs. Er ist Politikberater vor allem für digitale Kommunikation. Eine Studie des Branchenverbands Bitkom bestätigt seine Einschätzung: Rund 54 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Social Media. Und mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen stimmte der Aussage zu, dass sie sonst oft nicht wüssten, was in der Welt geschieht. In den Sozialen Medien, sagt Fuchs, würden die Menschen politische Themen und Parteien stärker wahrnehmen, als auf dem herkömmlichen Weg, zum Beispiel auf einem Wahlplakat.

Social Media Teams werden aufgestockt

Wie groß der Aufwand ist, mit dem die Parteien Inhalte erstellen, darüber halten sie sich allerdings bedeckt. BR24 hat alle Parteien im bayerischen Landtag gefragt, welchen Anteil ihres Kampagnenbudgets sie für die Sozialen Medien aufwenden und wie viele Personen in Zeiten des Wahlkampfes in ihrem Social-Media-Team arbeiten. Grüne, FDP und AfD haben darauf geantwortet.

Bei den Grünen sind in Wahlkampf-Zeiten drei Personen für die Sozialen Medien verantwortlich. Außerhalb des Wahlkampfes sind es zwei. In der Geschäftsstelle der FDP betreut eine Person die Sozialen Netzwerke. Die AfD hat seit Anfang des Jahres "circa acht Leute" in ihrem Social-Media-Team. Rund zehn Prozent ihres Kampagnenbudgets bringen sie nach eigenen Angaben für den Wahlkampf in den Sozialen Medien auf. Die Grünen geben an, rund 65 Prozent ihres "Medienbudgets" zu investieren.

Parteien haben digitale Wahlkampfstrategien

Die große Frage ist dabei: Wie wird dieses Geld investiert, um mögliche Wähler zu erreichen und zu überzeugen? "Da gibt es große Unterschiede", sagt Politikberater Fuchs, "welche Themen man auswählt und wie man sie aufbereitet."

So sieht das auch Jasmin Riedl. Sie ist Professorin für Politikwissenschaft an der Bundeswehr Universität München. "Die Parteien haben heutzutage alle digitale Wahlkampfstrategien." Riedl leitet das Projekt "SPARTA". In Echtzeit analysieren die Wissenschaftlerin und ihr Team Twitter-Daten vor der Landtagswahl, werten Tweets der Partei- und Fraktionsaccounts der Spitzenkandidaten oder des Vorstandes aus. Ihr Ziel: herausfiltern, welche Themen die Parteien in den Vordergrund stellen und wie sie dies tun.

Wirtschaft und Finanzen dominieren den Wahlkampf

"Für die Parteien ist es wichtig, dass sie zentrale Aussagen haben und die immer und immer wiederholen", sagt Riedl. Nur so kommen sie bei den Menschen an. Und auch Politikberater Fuchs sagt: Es brauche eine klare Hauptmessage.

Ein Blick auf die Tweets seit dem 01.07. zeigt: Viele der Parteien thematisieren bislang den Bereich Wirtschaft und Finanzen. So hat beispielsweise die CSU innerhalb von wenigen Stunden auf ihrem Kanal mehrere Tweets von Markus Söder gepostet: "#Bayern ist stark", heißt es darin unter anderem. "Wir sind das wirtschaftliche Leistungsherz Deutschlands." Oder: "Hat Deutschland eigentlich noch einen Wirtschaftsminister? Die Wirtschaft in der Welt wächst und bei uns fällt sie zurück."

Die FDP schreibt zu ihrem Wahlkampfauftakt: "Die @fdpbay kämpft zur #Landtagswahl für beste Bildung, eine starke Wirtschaft und einen schlanken Staat mit digitaler Verwaltung." Die SPD retweetet eine Aussage ihres Spitzenkandidaten Florian von Brunn: "Erneuerbare Energien sind die Zukunft – auch für Bayerns Wirtschaft".

CSU, FDP und SPD haben sich seit Anfang Juli auf Twitter bislang am häufigsten zu dem Themenbereich Wirtschaft und Finanzen geäußert. Bei den Freien Wählern und den Grünen kam das Thema an zweiter Stelle, bei der AfD an vierter.

Grafik: Top-Themen der Parteien auf Twitter im Landtagswahlkampf

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Am häufigsten haben sich die Parteien zum Themenbereich Wirtschaft & Finanzen geäußert.

Personen versus Themen

Auffällig ist dabei: Zwar streifen die Parteien den gleichen Themenbereich. Allerdings sind Fokus und Ton vollkommen unterschiedlich. Die Grünen beispielsweise setzen stark auf ihr Spitzenpersonal, werben etwa für die Teilnahme von Ludwig Hartmann im BR Fernsehen. Auf Anfrage des BR schreiben sie: "Außerdem zeigen wir, dass unsere Spitzenkandidatin Katharina Schulze und unser Spitzenkandidat Ludwig Hartmann die Menschen sind, die am besten unser schönes Bayern regieren können."

Die AfD hingegen stellt vor allem ihre Themen in den Vordergrund und wirbt weniger mit ihrem Spitzenpersonal. Alle Parteien versuchen zudem, sich über Kritik an den anderen zu definieren, sogenanntes "Negative Campaigning". Um das zu analysieren, haben die Wissenschaftler alle Tweets von den Accounts der Partei, der Fraktion, der Spitzenkandidaten und der Vorsitzenden betrachtet und den Anteil errechnet, in dem sich negativ über die anderen geäußert wird - unabhängig davon, in welchem Tonfall und auf welche Art und Weise die jeweiligen Parteien kritisieren. Das Ergebnis zeigt, dass alle Parteien sich negativ äußern. So kritisieren CSU und Freie Wähler beispielsweise regelmäßig das Heizungsgesetz der Bundesregierung. Der Anteil der negativen Äußerungen war bei der SPD jedoch am höchsten.

Menschen wollen wissen, wofür die Partei steht

"Angst und Wut, das sind natürlich super Mobilisierungshebel, um die Menschen überhaupt erst einmal für Politik zu interessieren", sagt Politikberater Fuchs. Kurzfristig sei das sehr effektiv. Langfristig aber komme das bei den Bürgern nicht so gut an. "Sie wollen eigentlich eine Idee davon erhalten, wofür die Partei steht."

Dem stimmt auch Politikwissenschaftlerin Riedl zu: Negative Campaigning werde vor allem auch in bestimmten Gemengelagen genutzt, etwa beim Heizungsgesetz oder nach der Demo in Erding.

Ansonsten gelte für die Parteien: "Hat man Personal, das man nach vorne stellen kann, weil es einen Bekanntheitsgrad hat?" Dann würden Parteien oftmals eine sehr personalisierte Kampagne wählen, so Riedl. "Die andere Frage ist aber umgekehrt: Hat die Partei auch ein Image? Steht sie für etwas?" Wenn das der Fall sei, dann werde auch dies in den Vordergrund gerückt. "Das sehen wir gerade bei der AfD."

Wahlen können auch im Netz verloren werden

Noch sind es ein paar Wochen bis zur Landtagswahl. Die Parteien dürften also noch deutlich intensiver in den Sozialen Medien um Wähler buhlen. Einige wollen dabei auch Künstliche Intelligenz zur Unterstützung nutzen. Für Politikberater Martin Fuchs sind dabei vor allem zwei Dinge klar. Zum einen: Wer von den Parteien unterschätzt habe, die Wähler schon in den vergangenen vier Jahren an sich zu binden, der habe es auch in der Wahlkampfphase schwer. Zum anderen: Im Wahlkampf könne trotz klarer Strategien noch immer viel passieren.

Jasmin Riedl stimmt dem zu. Sie sagt: "Man weiß nicht sicher, ob man Wählerstimmen bekommt. Aber wenn wir uns an die Bundestagswahl erinnern, an den Hashtag #Laschetlacht, dann wissen wir, dass man Wahlen sehr wohl auch über den digitalen Raum verlieren kann."

Im Video: 21 Parteien zur Landtagswahl zugelassen

Im Herbst finden die Landtagswahlen in Bayern statt.
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Im Herbst finden die Landtagswahlen in Bayern statt.

Dieser Artikel ist erstmals am 29. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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