BR24 Wahlarena mit Ludwig Hartmann am 13.09.2023 in Hirschaid
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BR24 Wahlarena mit Ludwig Hartmann

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Ludwig Hartmann: Mit neuer Energie in die Zukunft

Erst Amtsinhaber Söder, dann sein wichtigster Herausforderer: Nach Markus Söder stand Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann in der BR24 Wahlarena Rede und Antwort. Vor allem die Themen Energie und Verkehr brannten den Diskutanten unter den Nägeln.

Über dieses Thema berichtet: BR-Wahlarena am .

Bayerns bekannteste Oppositionspolitikerin darf sich nicht als Spitzenkandidatin zur Wahl stellen: Katharina Schulze, Grünen-Chefin im Freistaat, ist zwar 61 Prozent der Bayern ein Begriff - laut bayerischer Verfassung ist als Ministerpräsident(in) aber nur wählbar, wer "das 40. Lebensjahr vollendet hat". Schulze ist 38, und der Grünen-Vorstoß, die Altersgrenze abzuschaffen, scheiterte an CSU, Freien Wählern und AfD.

So stellte sich heute in der zweiten von insgesamt sechs BR24-Wahlarenen (mehr dazu unten) der männliche Part der Grünen-Doppelspitze den Fragen der Zuschauer - Ludwig Hartmann. Der 45-jährige Familienvater Hartmann ist bisher weniger bekannt als seine Parteikollegin, versuchte dafür durch Sachkompetenz zu punkten. Eines seiner beiden Kernthemen - Energiepolitik und Landwirtschaft - stand dann auch im Mittelpunkt der Debatte.

Atomkraft: weder vernünftig noch notwendig

"Vernünftig, nicht ideologisch" wolle er regieren, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) - Hartmanns Vorgänger in der BR24-Wahlarena - gesagt und für einen befristeten Wiedereinstig in die Kernenergie plädiert. Für Hartmann besteht dafür schlicht kein Bedarf: "Wir haben die letzten Atomkraftwerke abgestellt und haben seitdem einen fallenden Strompreis - das muss man mal zur Kenntnis nehmen".

Richtig sei zwar, so Hartmann auf die Frage eines Zuschauers: "Wir importieren in diesem Jahr Strom aus Dänemark, weil er da günstiger ist. Im letzten Jahr haben wir dafür massiv Strom nach Frankreich exportiert." Zudem habe die neue Bundesregierung den geplanten Kohleausstieg trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine um acht Jahre vorgezogen. Hartmanns Appell: "Investieren wir in Wind und Sonne - die schicken keine Rechnung."

"Bayern zum Land der Windkraftgewinner machen"

Insbesondere beim Bau von Windkraftanlagen sollen die Leute vor Ort über Energiegenossenschaften mit Bürgerbeteiligung auch finanziell stärker profitieren, zu "Windkraftgewinnern" werden. Einem Zuschauer, der sich von der Berliner Energiepolitik nicht mitgenommen fühlt, antwortet Hartmann mit dem Verweis auf die Einspeisevergütung und den Abbau bürokratischer Hürden etwa beim Einbau einer Balkon-Solaranlage.

GEG: Zu Unrecht am Pranger?

Stichwort Gebäudeenergiegesetz: Ein weiterer Zuschauer beschwert sich, dass der Kaminkehrer für seinen Kachelofen eine Schornsteinverlängerung angemahnt habe. Das aber, so Hartmann, stehe gar nicht im neuen Gebäudeenergiegesetz, sondern gehe noch auf die Vorgängerregierung zurück. Die neue Bundesregierung habe inzwischen mit Fördermöglichkeiten von bis zu 70 Prozent reagiert.

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Ludwig Hartmann (hier im Wahlkampf mit seiner Kollegin Katharina Schulze)

Ludwig Hartmann, Grüne: Fast-OB in Landsberg, Direktmandat in München

Seit 2008 sitzt der Kommunikationsdesigner Ludwig Hartmann im Landtag, seit 2013 ist er einer der beiden Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen. Kurz davor wäre der zweifache Familienvater aus Landsberg am Lech beinahe der erste grüne Oberbürgermeister Bayerns geworden - mit 49 Prozent unterlag er in der Stichwahl in seiner Heimatstadt dem CSU-Rivalen nur knapp. Dafür holte er bei der Landtagswahl 2018 in seinem Wahlkreis München-Mitte mit 44 Prozent der Wählerstimmen das Direktmandat.

Bekenntnis zum Auto im ländlichen Raum

Für manche vielleicht überraschend kommt Hartmanns Antwort auf eine Zuschauerin, die angibt, auf dem Land nicht ohne Auto auszukommen: "Im ländlichen Raum wird das Auto auch weiter die erste Form der Mobilität sein". Deshalb, so Hartmann, solle es "ein sauberes Auto sein - und nach Möglichkeit in Bayern hergestellt werden".

Der Staat habe aber die Pflicht, dafür zu sorgen, dass zumindest Zweitautos überflüssig werden - und auch ältere Menschen mobil bleiben könnten. Statt Busse permanent leer fahren zu lassen, ginge das mit "On-Demand-Angeboten" wie etwa Sammeltaxis.

Bahnverkehr in Bayern: "Ein Armutszeugnis"

Und natürlich ist auch die Bahn ein Thema. Bei der Verbesserung regionaler Verbindungen und Takte sieht Hartmann die bayerische Staatsregierung in der Verantwortung - ebenso bei der schon zu Anfang von einem Zuschauer bemängelten viel zu zögerlichen Verlagerung des Schwerlastverkehrs auf die Schiene.

Die Bundesregierung ihrerseits habe beschlossen, dass die Mauteinnahmen aus dem LKW-Verkehr zum Großteil in den Ausbau der Schienenwege fließen sollen - Bayern hinke mit seinen Planungen aber hinterher: Es sei "ein Armutszeugnis, dass der Brenner Nordzulauf in Bayern zehn Jahre Planungsverzug hat. (...) Dann passiert Folgendes: dass an der Grenze in Kufstein der Tunnel Autos ausspuckt, die in Deutschland wieder auf der Straße sind."

Pflege: "Gießkanne allein reicht nicht aus"

Andere Themen kann die Diskussionsrunde nur streifen: etwa die Frage, ob Ausländer in Deutschland bei entsprechenden Sprachkenntnissen schneller eine Arbeitsgenehmigung bekommen sollten (was Hartmann fordert), die Erbschaftssteuer (die Hartmann verteidigt) und den grünen Vorschlag, auch in Bayern schon ab 16 wählen zu dürfen.

Leidenschaftlich wird der Grüne Spitzenkandidat beim Thema Pflege - er selbst habe drei Jahre im Vorstand der Landsberger Lebenshilfe gearbeitet und nimmt für sich in Anspruch, die Probleme gut zu kennen. Ausdrücklich unterstützt er die Forderung einer Zuschauerin, den Pflegeschlüssel attraktiver zu gestalten: Pflegekräfte sollten von Papierkram entlastet, zudem ein verpflichtendes soziales Praktikum eingeführt und das freiwillige soziale Jahr aufgewertet werden - etwa durch kostenlose Bahnfahrten für die "Bufdis".

Auch pflegende Angehörige will Hartmann unterstützen: durch Entbürokratisierung, Anrechnung der Pflegezeiten auf die Rente (ähnlich wie bei Erziehungszeiten) und den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen, "um wieder Kraft zu sammeln". "Finanzielle Hilfen mit der Gießkanne reichen allein nicht aus."

Die Kontrovers-Analyse zur Wahlarena

Wie haben sich Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (B‘90/Die Grünen) geschlagen bei der BR24 Wahlarena? Die politische Analyse vor der Landtagswahl 2023 im Interview mit SZ-Chefreporter Roman Deininger
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SZ-Chefreporter Roman Deininger

Die BR24-Wahlarenen

An drei Abenden finden sechs einzelne Wahlarenen in der Länge von jeweils 30 Minuten statt. Das Konzept der BR24 Wahlarenen ist angelehnt an die Sendung "jetzt red i", ein Sendeformat des BR, in dem Bürgerinnen und Bürger live vor Ort mit verantwortlichen Politikerinnen und Politikern über aktuelle Themen diskutieren. Es moderieren Franziska Eder und Christian Nitsche, Helene Reiner greift die Fragen aus dem Netz auf.

Bei jeder der drei Sendungen haben etwa 90 Studiogäste die Möglichkeit zur Teilnahme. Um den speziellen Anforderungen der Wahlsendungen gerecht zu werden, soll das Publikum in seiner Zusammensetzung die ganze Breite der bayerischen Bevölkerung widerspiegeln - die Auswahl des Publikums besorgt jeweils das Institut infratest dimap.

Die weiteren BR24 Wahlarenen, in denen sich die Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien den Fragen von Bürgern stellen, finden am Mittwoch, 20. September (20.15 Uhr Hubert Aiwanger, Freie Wähler, 21 Uhr Katrin Ebner-Steiner, AfD) sowie am 27. September statt (20.15 Uhr Florian von Brunn, SPD, 21 Uhr Martin Hagen, FDP). Zum Auftakt war außer Ludwig Hartmann auch Markus Söder zu Gast.

Audio: Das Grüne Spitzenduo für Bayern

die beiden Spitzenkandidaten der Landtags-Grünen: Ludwig Hartmann und Katharina Schulze
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die beiden Spitzenkandidaten der Landtags-Grünen: Ludwig Hartmann und Katharina Schulze

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