Container steht in Speichersorf (Lkr. Bayreuth) dafür stehen Bagger.
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Gemeinden fordern eine Veränderung in der Flüchtlingspolitik.

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Immer mehr Asylbewerber: Kommunen fordern Veränderungen

749 Asylbewerber leben aktuell im Kreis Bayreuth. Fast 250 mehr als zu Jahresbeginn. Für Oktober sind weitere 120 Menschen angekündigt. Im November sollen zusätzlich noch 30 nach Speichersdorf kommen. Landkreis und Kommune fordern Veränderungen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Rohrleitungen werden verlegt. Strom und Wasser. Zwei Bagger stehen auf dem Gelände am ehemaligen Bahnbetriebswerk in Speichersdorf. In Form eines "L" wurden zwei Wohncontainer für Geflüchtete auf dem Hof errichtet. Im November sollen hier noch 30 alleinreisende Syrer einziehen.

Die werde man noch hier unterbringen und versorgen, meint der Speichersdorfer Bürgermeister Christian Porsch (Unabhängigen Bürgervertretung). Doch dann sei eine Grenze erreicht. Seine Gemeinde beherberge derzeit etwa 200 Menschen: Asylbewerberinnen und Asylbewerber u.a. aus Georgien, dem Irak, Syrien und 80 Geflüchtete aus der Ukraine. Die Gemeinde und ein ehrenamtlicher Helferkreis kümmern sich um die Menschen – wie überall im Landkreis Bayreuth.

Jahrelange Erfahrung: Speichersdorf kann Integration

Speichersdorf, 6.000 Einwohner, Tendenz steigend, habe Erfahrung mit Geflüchteten, erzählt Porsch. 1945 kamen die Heimatvertriebenen, in den 90er Jahren die Spätaussiedler, 2015 die große Flüchtlingswelle aus Syrien. Für die meisten dieser Menschen hätten sie Lösungen gefunden, Unterkünfte, Arbeitsplätze. Porsch berichtet von dem syrischen Ehepaar, das 2015 gekommen sei. Sie hätten sich mittlerweile ein Haus gekauft, seien hier geblieben. Der Mann arbeitet als KfZ-Meister, die Frau als Krankenschwester im Bayreuther Klinikum. Ein gelungenes Beispiel für Integration. Eine weitere Frau aus Syrien arbeitet als Reinigungskraft im Speichersdorfer Rathaus – sie war die einzige Bewerberin auf die Stelle.

Menschen kommen aus dem Ankerzentrum Bamberg

Im Ortsteil Kirchenlaibach leben 20 Menschen aus Georgien in einem ehemaligen Lokal. Sie sind jüngst hier angekommen. Auch sie wurden aus dem Bamberger Ankerzentrum in den Landkreis Bayreuth verlegt. Jetzt geht es darum, Deutsch- und Integrationskurse für die Menschen zu organisieren und Behördengänge. "Ich denke schon, dass wir das hinkriegen, wir stehen zu unserer Verantwortung als Gemeinde, unseren Teil leisten zu müssen und Zuflucht zu geben, für Menschen die vor Krieg flüchten", sagt Bürgermeister Porsch. Aber ab einem gewissen Punkt sei es eben nicht mehr stemmbar.

Integration findet auf den Schultern der Ehrenamtlichen statt

Wie in Speichersdorf ist es auch in der Nachbargemeinde Weidenberg. Dort sind im August 65 Menschen in eine Containersiedlung gezogen. Ein ehrenamtlicher Helferkreis kümmert sich, veranstaltete erste Deutschkurse. Sprachkenntnisse seien das A und O, erklärt Integrationslotse Markus Müller. Er organisiert die Unterkünfte, kümmert sich um das Zusammenleben, ist Ansprechpartner und Schnittstelle zwischen Landkreis und Gemeinden. Es gibt zu wenig Deutsch- und Integrationskurse, weil es an Lehrerinnen und Lehrern fehlt. Bis die Geflüchteten und Asylbewerber einen Platz in einem Kurs bekommen, übernehmen die Helfer. Um wenigstens Grundkenntnisse zu vermitteln. "Das stemmen die Ehrenamtlichen in beeindruckender Weise", lobt Müller.

Deutsche Sprache ist Grundlage für Eintritt in den Arbeitsmarkt

Die Sprache ist auch die größte Hürde, wenn es mal um einen Arbeitsplatz gehen sollte, erklärt Integrationslotse Müller. Bei ihm gingen zahlreiche Anfragen von Handwerksbetrieben und mittelständischen Unternehmen ein. Doch eine Arbeitskraft nützt keiner Firma, wenn sie nicht versteht, was sie konkret leisten soll. Und dann sind da noch weitere Hürden wie die Anerkennung von Schul- und Ausbildungsabschlüssen, Statusklärung, Bleiberecht, Arbeitserlaubnis. Das dauere alles – auch die zeitnahe Rückführung von Menschen, die kein Recht auf Asyl in Deutschland hätten, meint der Bayreuther Landrat Florian Wiedemann (FW).

Es braucht europäische Regelungen und Lösungen

Immerhin hätte der Freistaat Bayern bereits auf das Drängen aus dem Land reagiert. Es gebe jetzt mehr Geld für Personal in den Kreisverwaltungen: für die Integrationsarbeit und die Suche nach Unterkünften, erklärt Wiedemann. Aber das reiche noch nicht. Es bräuchte klare europäische Regelungen, um die illegale Einreise von Menschen ohne Bleibeperspektive zu verhindern. Die Leistungen für Asylbewerber müssten in allen EU-Staaten angeglichen werden. Mitgliedsstaaten, die sich weigern, Geflüchtete aufzunehmen, müssten sanktioniert werden. Auch müsse es Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern geben sowie schnellere Entscheidungen in Asylverfahren. Das alles sind Forderungen der 71 Bayerischen Landkreise, die aus der "Brüsseler Erklärung" vom November 2022 stammen.

Forderung: Weniger Bürokratie und mehr Deutschkurse

Auch der Speichersdorfer Bürgermeister Christian Porsch hat drei konkrete Forderungen im Hinblick auf Asylbewerber und Geflüchtete: So sollten nur Menschen aus dem Bamberger Ankerzentrum weitergeleitet werden, die auch eine Bleibeperspektive hätten. Zum Zweiten mehr Kapazitäten für Deutsch- und Integrationskurse und schließlich müsse alles schneller gehen, vor allem bei der Arbeitserlaubnis.

Ein Bagger steht vor Containern.
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In Speichersdorf sollen im November 30 alleinreisende Syrer in Wohncontainern untergebracht werden.

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