Symbolbild: Wartezimmer bei einem Kinderarzt
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Feiertage: Kinderkliniken rechnen mit vielen kleinen Patienten

Kinderarztpraxen sind an den Feiertagen meist geschlossen. Kliniken und Bereitschaftspraxen erwarten deshalb noch mehr kleine Patienten. Dabei sind viele Krankenhäuser schon jetzt am Limit. Klinikärzte bitten Eltern, nur in Notfällen zu kommen.

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"Unsere Kinderarztpraxis ist über die Weihnachtsfeiertage und vom 2. bis 6. Januar geschlossen", steht auf einigen Websites von Kinderärzten. Und: "Bitte suchen Sie die Vertretungspraxis nur in dringenden Fällen auf." Fieber, Husten, Halsweh, Schnupfen, Kopfschmerzen – eine Erkältungs- und Grippewelle rollt über den Freistaat und bringt Kinderärzte, Notfallpraxen und Kinderkliniken an die Belastungsgrenze.

In die Notaufnahme der Klinik für Kinder und Jugendliche in der Kinderklinik Augsburg kommen zum Beispiel schon jetzt bis zu 90 Kinder pro Tag. "30 Prozent von ihnen müssen wir aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung stationär aufnehmen. Aber es kommt vor, dass wir Kinder von überregional nicht aufnehmen können", sagt Direktor Michael Frühwald. "Leider muss man davon ausgehen, dass die Zahlen noch steigen könnten, wenn die Kinderarztpraxen über die Feiertage schließen."

Wartezeiten bis zu acht Stunden bei Kinderkliniken

"Die Kinderkliniken sind bereits am Limit, das wird sich über die Feiertage nicht ändern", betont auch der Präsident des Verbands Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands, Andreas Trotter. "An Kinderkliniken, in denen es noch keine von den niedergelassenen Kinderärzten und -ärztinnen betreute Notfallsprechstunden gibt, wird ein wesentlicher Teil der Belastung auf die Kinderkliniken fallen."

Auch der Direktor der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen, Joachim Wölfle, berichtet von einer schon jetzt erheblichen Belastung. Zum Teil sei mit Wartezeiten von sechs bis acht Stunden zu rechnen. Ähnlich ist die Lage auch im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München und in Garmisch-Partenkirchen. "Aber wir haben die Lage unter Kontrolle und weisen kein Kind ab, das akute Atemnot hat, beziehungsweise schwer erkrankt ist", betont Clemens Stockklausner, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum Garmisch-Partenkirchen.

Auch Rufnummer 116117 wahrscheinlich stark frequentiert

Nicht nur Kinderkliniken, auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) rechnet an den Feiertagen mit deutlich mehr Anrufen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116117 sowie mit stark erhöhtem Patientenaufkommen in den Bereitschaftspraxen. Obwohl das Personal in den Vermittlungszentralen aufgestockt worden sei, müssten Patienten über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel mit längeren Wartezeiten unter der Rufnummer 116117 rechnen, heißt es.

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Mitarbeitende in Kliniken seit Wochen im Notfallmodus

In vielen Kinderkliniken ist die Personallage aber bereits seit Langem angespannt. Sie können schlicht kein Personal aufstocken, um die Schließungen der Kinderarztpraxen auszugleichen. "Angesichts eines nicht unerheblichen Krankenstandes sind wir froh, eine reguläre Besetzung zur Aufrechterhaltung der Versorgung garantieren zu können, so der Erlanger Mediziner Wölfle. "Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten bereits seit Wochen in einem Notfallmodus und springen ein, wenn andere Mitarbeitende wegen Krankheit ausfallen", sagt der Ärztliche Direktor der Kuno Klinik St. Hedwig in Regensburg, Michael Kabesch. An Extra-Schichten sei da nicht zu denken.

Ähnlich ist die Lage in München: "Wir können das Personal leider nicht kurzfristig aufstocken und wir haben - wie viele Bereiche des öffentlichen Lebens - auch im Moment einen hohen Krankenstand bei Ärzten und der Pflege", sagt Johannes Hübner, Leiter der pädiatrischen Infektiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital.

Teils helfen aufgrund der ausgedünnten Personallage in Kinderkliniken bereits Pflegekräfte aus der Erwachsenenmedizin. Aber man benötige spezielle Verstärkung aus dem Bereich der Kinder- und Jugendkrankenpflege, heißt es. "Außerdem bedarf es der besonderen Expertise gerade bei der Behandlung und Versorgung sehr kleiner Kinder und von Säuglingen, denn Kinder, das wird gern übersehen, sind keine kleinen Erwachsenen", erklärt der Augsburger Mediziner Frühwald. "Das kann nicht mal eben so von Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin übernommen werden."

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Appell an die Eltern: Nur in dringenden Fällen in die Klinik

Angesichts der angespannten Lage appellieren Kinder- und Jugendmediziner an Eltern, an Weihnachten und über Neujahr nur in dringenden Fällen Bereitschaftspraxen und Notaufnahmen aufzusuchen. "Für Notfälle sind wir da, keine Frage - aber es kommen immer wieder auch Eltern mit Fragen, die auch nach den Feiertagen geklärt werden können", betont der Münchner Mediziner Hübner.

Doch wann muss man mit Kindern zum Arzt oder in die Klinik? "Normaler Husten, Schnupfen und Fieber für weniger als drei Tage, braucht bei größeren Kindern in der Regel weder Notaufnahme noch Kinderarzt, sondern kann Zuhause gut behandelt werden", sagt der Regensburger Kinderarzt Kabesch.

Gerade weil Kinder aber keine kleinen Erwachsenen seien, sollte man zum Kinderarzt gehen, wenn das Kind RSV-, Influenza- oder Corona-typische Symptome aufweise, heißt es aus Augsburg. "Die Schwere der Symptome abschätzend, muss es aber nicht zwingend immer gleich die Kindernotaufnahme sein." Für viele allgemeine Fragen könne man auch zum Hausarzt oder Allgemeinmediziner gehen, meint Hübner. Manche Allgemeinmediziner hätten ausreichende Erfahrung mit der medizinischen Beurteilung von Kindern, obwohl das in der Ausbildung nicht fest verankert sei. Bei speziellen Kinderkrankheiten und bei besonders kleinen Patienten sei es aber sinnvoll, zum Spezialisten zu gehen.

Wechsel von RS-Virus zu Influenza

Ärzte und auch das Pflegepersonal hoffen auf eine Verschnaufpause. Doch obwohl Schulen und teilweise auch Kitas geschlossen sein werden, rechnen viele Mediziner nicht mit einer schnellen Entspannung der Infektionslage. "Die Ferien werden das Krankheitsgeschehen eher in die Familien verlagern", schätzt der Regensburger Mediziner Kabesch. Er rechnet aber damit, dass insbesondere die RS-Virus-Welle im Januar abflachen werde. "Ganz einfach deshalb, weil dann fast alle Kontakt mit dem Erreger gehabt haben werden."

In München, aber auch in Augsburg verzeichnen die Ärzte bereits einen leichten Rückgang von RSV-Fällen. "Aktuell beobachten wir einen Wechsel von RS-Virus zu Influenza", sagt der Augsburger Mediziner Frühwald und schließt einen Wunsch für das neue Jahr an: "Es gilt, das Frühjahr und die Sommermonate in 2023 zu nutzen, um die Kinder und Jugendmedizin wieder besser aufzustellen. Die nächste Infektionswelle wartet bereits."

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