In ganz Deutschland sind Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Die wohl größte Kundgebung gab es in München.
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In ganz Deutschland sind Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Die wohl größte Kundgebung gab es in München.

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"Faschismus hat hier keinen Platz": So war die Demo in München

In ganz Deutschland sind erneut Hunderttausende gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Allein in München kamen mindestens 100.000 Menschen zusammen. Oberbürgermeister Dieter Reiter ist überwältigt. Eindrücke von der Demonstration.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Allerhöchste Zeit, dass wir als Gesellschaft gemeinsam für unsere Demokratie und Vielfalt einstehen. Wir alle müssen jetzt aufstehen gegen Rechtsextremismus!" Mit diesen Worten hatten über 200 Organisationen in München für Sonntag zum Protest gegen rechts aufgerufen. Dem sind viele Menschen gefolgt. Sehr viele.

München wird laut "für Demokratie, Toleranz und Vielfalt"

Der Versammlungsort am Siegestor ist schnell gefüllt. Dicht an dicht drängen sich die Menschen. Einige halten Plakate hoch. Zu lesen ist dort unter anderem: "Nazis – nein Danke", "Remigriert euch ins Knie", "Lasst uns aus der Geschichte lernen, statt sie zu wiederholen", "Keine Toleranz für Intoleranz" oder "Braune Flaschen gehören in den Altglascontainer, nicht in den Bundestag".

Die Stimmung ist friedlich. Die Mission ist klar: ein Zeichen setzen gegen Rechtsextremismus und die AfD. "Die Rechten sind so laut und wir müssen zeigen, dass die schweigende Mehrheit das nicht hinnimmt und dass wir laut sind und auf die Straße gehen und für Demokratie, Toleranz und Vielfalt eintreten", so Jana Häfner von Fridays for Future, eine der Organisatorinnen. Und laut wird es dann auch. "Ganz München hasst die AfD", skandieren die Demonstrierenden.

Video: Andrang bei Münchner Demo bis zum Abbruch

Demonstration in München gegen rechts
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Demonstration in München gegen rechts

Demonstrantin: "AfD stachelt Menschen negativ auf"

Einer von ihnen ist Florian. Er findet: "Es ist wirklich Zeit, dass man jetzt mal Farbe bekennt. Dass jetzt wieder über Deportationen gesprochen wird, ist wirklich wie bei den Nazis und das macht mir schon Angst."

Auch Anna macht mit, um "die Demokratie in Deutschland und Europa zu verteidigen". Sie hat ihre Tochter Maja mitgebracht. Die sagt: "Faschismus hat hier in Deutschland keinen Platz. Wir sollten aus der Geschichte lernen und nicht die Geschichte sich wiederholen lassen."

Walter, der extra aus Wasserburg am Inn anreiste, betont: "Vor allem geht es mir auch darum, den Leuten, die AfD wählen, zu zeigen, dass sie mitverantwortlich sind, wenn die AfD an die Macht kommt." Demonstrantin Silvia findet: "Die AfD stachelt so viele Menschen negativ auf. Ich finde es wichtig, ein Zeichen zu setzen für Demokratie. Die Welt ist bunt, München ist bunt!"

Reiter: "Bin stolz, Münchner Oberbürgermeister zu sein"

"Ich bin überwältigt von dem Zeichen, das die Münchnerinnen und Münchner heute für die Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Hetze gesetzt haben", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Das sind die Momente, wo ich stolz bin, Münchner Oberbürgermeister zu sein: wenn hunderttausend Menschen hier sind, die sich gegen diese Politik, gegen diesen Rechtsruck in der Politik in Deutschland, in Bayern, aber auch in München wenden." Und weiter: "Wir werden alles tun, gegen jeden Ruck nach rechts, den wir derzeit sehen, aufzustehen."

Vor Ort ist auch Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause von den Grünen. In Bezug auf das Geheimtreffen von Rechtsextremisten in Potsdam, bei der über die Vertreibung von Millionen Migranten aus Deutschland gesprochen wurde, sagt er: "Ich finde es wichtig, dass so viele Leute heute zeigen: Ihr seid nicht allein, sondern wir stehen hier gemeinsam!" Die Menschen müssten keine Angst davor haben, dass "so etwas mal in die Tat umgesetzt wird".

Im Video: Interview mit Protestforscher Leistner

Im Video: Interview mit Protestforscher Alexander Leistner
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Im Video: Interview mit Protestforscher Alexander Leistner

Söder "Starkes Zeichen für die Demokratie"

Bayern Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der auf der Demonstration nicht gesichtet wird, schreibt auf X: "Ein starkes Zeichen für die Demokratie: Zehntausende engagierte Bürgerinnen und Bürger haben heute in Deutschland und Bayern gegen Rechtsradikalismus demonstriert. Vielen Dank für dieses klare Signal! Wenn Demokraten zusammenhalten, haben Extremisten keine Chance. Wir werden unsere Werte gemeinsam und entschlossen verteidigen."

Für Diskussionen hatte im Vorfeld gesorgt, dass auch Vertreter vom Antifa Stammtisch München und Antifa NT, die vom bayerischen Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft und beobachtet werden, auf der Rednerliste standen. Dazu sagt der frühere bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei der Demo: Man könne "im Detail immer etwas kritisieren", ihm gehe es aber darum, "mit vielen Münchner Bürgern hier zusammenzustehen".

Organisatoren trotz Abbruch der Demo zufrieden

Die Organisatoren der Demonstration zeigen sich am Schluss zufrieden: "Wir blicken mit einem lachenden und einem weinenden Auge drauf. Wir sind so glücklich, dass es so viele sind", sagt Luc Ouali von Fridays for Future. Aber es mache natürlich auch traurig, dass die Veranstaltung abgebrochen werden musste. Schließlich habe man viel Zeit in die Vorbereitung gesteckt.

Die Demonstration in München wurde wegen des großen Zulaufs etwa eine Stunde nach Beginn gestoppt. Zu dem Zeitpunkt waren von der Polizei geschätzt mehr als 100.000 Menschen in die Innenstadt geströmt. Die Veranstalter sprachen von 250.000. Ausgegangen war man im Vorfeld von etwas über 25.000.

Der Protest war einer von vielen derzeit bundesweit – beflügelt durch die Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremisten am 25. November 2023, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen "Werteunion" teilgenommen hatten. Bei der Veranstaltung sprach der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über "Remigration". Damit meinen Rechtsextreme in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

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