Tausende Menschen strömen auf den Haidplatz in Regensburg, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.
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Tausende Menschen strömen auf den Haidplatz in Regensburg, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.

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Großer Andrang bei Demo gegen Rechtsextremismus in Regensburg

In Regensburg haben sich am Sonntag mehrere Tausend Menschen in der Altstadt versammelt, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Zu der Kundgebung hatte das Bündnis "Initiative gegen Rechts" aufgerufen. Am Montag gab es auch in Weiden eine Demo.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

In Regensburg haben sich am Sonntagmittag mehrere Tausend Menschen in der Altstadt versammelt, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Die Zahl der Teilnehmer ließ sich schwer bestimmen, weil der Kundgebungsplatz schnell voll war und sich viele Demonstranten noch auf Zufahrtswegen und in den Gassen aufstauten. Andere kamen zunächst gar nicht erst in die Innenstadt, weil die Stadtbusse zum Teil so voll waren, dass die Busfahrer keine zusätzlichen Fahrgäste mehr aufnehmen konnten.

Veranstalter korrigiert Teilnehmerzahl deutlich nach oben

Die Polizei ging bei einer ersten Schätzung von "Minimum 3.000 Teilnehmern" aus. Die Veranstalter sprachen zunächst von bis zu 6.000 Teilnehmern, korrigierten die Zahl dann am Abend aber mit geschätzten 13.000 Teilnehmern deutlich nach oben. Dies habe man mit Hilfe eines Online-Crowd-Counting-Tools berechnet, heißt es in einer Pressemitteilung.

Zu der Kundgebung hatte das Bündnis "Initiative gegen Rechts" aufgerufen. Dem Bündnis gehören über 20 Mitgliedsgruppen an, unter anderem Gewerkschaften, Parteien und andere Organisationen wie "Fridays For Future" und "Sea Eye".

Polizei: Sehr friedliche Veranstaltung

Laut einem Polizeisprecher sei die Demonstration sehr friedlich verlaufen. Unter den Demonstranten seien auch viele Familien mit Kindern gewesen. Allerdings hatte die Polizei Mühe wegen des starken Zulaufs, die Gassen und Wege zum Haidplatz freizuhalten, so ein Sprecher.

Parteiübergreifendes Zeichen gegen Rechtsextremismus

Die Redner und Teilnehmer der Kundgebung wenden sich gegen eine ihrer Ansicht nach zunehmende Normalisierung der extremen Rechten. Bis tief in die sogenannte bürgerliche Mitte hinein hätten rassistische, antisemitische und demokratiefeindliche Ansichten eine feste Heimat. Es gelte jetzt, in allen Lebensbereichen und gesellschaftlichen Schichten klare Kante zu zeigen.

Unter den Teilnehmern waren auch die Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD), die zweite Bürgermeisterin Astrid Freudenstein (CSU) und der dritte Bürgermeister Ludwig Artinger (FW). Das Treffen der AfD in Potsdam, bei dem über die Vertreibung von Millionen Menschen gesprochen worden sein soll, habe sie tief erschüttert, angewidert und empört, sagte die Oberbürgermeisterin.

Wir müssen zeigen, dass die Mehrheit in unserem Land nichts mit undemokratischen Parteien zu tun haben will. (...) Nie wieder ist jetzt. Der kurze Satz sagt alles, darum geht es, deshalb sind wir heute hier. Wir wollen nie wieder zurück in einen völkischen braunen Sumpf. Wir wollen nie wieder zurück in autoritäre oder faschistische Systeme. Wir wollen keine fremdenfeindliche Hetze und zerstörerische Verschwörungsschwurbler. Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD)

Holocaust-Überlebender spricht sich für Verbot der AfD aus

Gesprochen hat auch der Regensburger Zeitzeuge und ehemalige NS-Verfolgte Ernst Grube. "Einen Blick wie diesen hat man nicht jeden Tag“, sagte der Holocaust-Überlebende beim Anblick der vielen Menschen, die gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind. Die große Resonanz werde die Auseinandersetzung und den Widerstand gegen einen Rechtsruck in Deutschland verstärken, sagte der 91-Jährige, der als Kind einer jüdischen Mutter die Deportation nach Theresienstadt und Piaski überlebte. "Entsetzt und aufgewühlt" habe er auf die Pläne rechtsextremer Kreise zur "Remigration" reagiert. Offenbart habe sich ein "völkisch-rassistischer Masterplan zur Vertreibung von Menschen, die nicht ihrem völkischen Gesellschaftsbild entsprechen“, sagte Grube. Dieses Denken bezeichnete er als "Angriff auf unsere wichtigsten Verfassungsartikel und Zersetzung der Demokratie".

Er sprach sich für ein Verbot der AfD aus, das die Verfassungsorgane "mit entschlossener Sorgfalt" voranbringen sollten: "Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass den rechtsextremen Kreisen ihr politisch-parlamentarischer Arm weiter zur Verfügung steht."

Recherche zu Geheimtreffen schreckt viele Menschen auf

Auslöser für die Demonstrationen in zahlreichen Städten Deutschlands dürfte vor allem die Veröffentlichungen der Rechercheplattform Correctiv in der vergangenen Woche gewesen sein. Dieses deckte ein Geheimtreffen von AfD-Politikern, Unternehmern, Mitgliedern der CDU und Personen aus dem rechten Milieu auf, welches im November bei Potsdam stattgefunden hatte. Die Beteiligten berieten demnach bei diesem Treffen über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund.

Stadttheater bringt Geheimtreffen in einer Lesung auf die Bühne

Nachdem das Berliner Ensemble die Enthüllungen in einer Lesung auf die Bühne gebracht hat, schloss sich der Idee auch das Ensemble des Regensburger Stadttheaters an und veranstaltete am Sonntagabend ebenfalls eine Lesung. Die Schauspieler schlüpften in die Rollen der damals anwesenden Menschen, und lasen teilweise Zitate und teilweise sinngemäß fiktive Zeilen vor.

Die Stimmung der Zuhörer war ernst, der Theatersaal am Regensburger Haidplatz war bis auf den letzten Platz prall gefüllt. Im Foyer lauschten die Besucher, die nicht mehr reinkamen, stillschweigend der Tonübertragung.

Schauspieler sitzen an einem Tisch bei der Lesung zu den "Correctiv"-Enthüllungen
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Das Ensemble des Regensburger Stadttheaters veranstaltete am Sonntagabend ebenfalls eine Lesung zu den "Correctiv"-Enthüllungen.

Auch in Weiden demonstrierten mindestens 2.500 Menschen

Die Serie der Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus geht weiter. Immer mehr Städte machen mit. Nach der Großdemonstration am vergangenen Sonntag in Regensburg mit mehreren Tausend Teilnehmern haben sich am Montagabend in Weiden zwischen 2.500 und 3.000 Menschen in der Innenstadt versammelt. Die Teilnehmer zogen mit Schildern und Transparenten zum Alten Rathaus.

Auch der Weidener Oberbürgermeister Jens Meyer (SPD) nahm an der Kundgebung teil. Er sagte: "Wir müssen klare Kante zeigen gegen fremdenfeindliche Ideologien." Die Pläne der Rechtsradikalen seien ein Angriff auf uns alle. Laut einem Polizeisprecher gab es keinerlei Zwischenfälle.

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