Eine Grundschulklasse mitten im Unterricht.
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Grundschulklasse

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Bayerns "Pisa-Offensive": Wie reagieren Elternverbände?

Mehr Zeit für Mathe und Deutsch – das soll die "Pisa-Offensive" bringen, die die bayerische Staatsregierung beschlossen hat. Elternverbände begrüßen die Änderungen, beklagen aber, dass aus ihrer Sicht stundentechnisch am falschen Fach gespart wurde.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Es geht nicht alles gleichzeitig – das lernen bereits Grundschüler in Bayern. Denn damit sie besser für die weiterführenden Schulen vorbereitet sind, sollen sie nach den Plänen der diese Woche vorgestellten "Pisa-Offensive" mehr Mathe- und Deutsch-Unterricht bekommen. Die zusätzlichen Stunden, die sie in den ersten vier Jahrgangsstufen erhalten, werden woanders gespart. Um das zu schaffen, werden die Fächer Kunst, Musik und Werken in einen Fächerpool zusammengefasst, dem insgesamt vier bis fünf Stunden pro Woche zur Verfügung stehen. Wie das aufgeteilt wird, entscheidet die Lehrkraft selbst. Auch im Englisch-Unterricht kann die Schule nun auf eine Stunde verzichten – bisher war das rigoros festgelegt.

Landeselternverband für Realschulen: Hätten Religionsunterricht kürzen können

Der Landeselternverband Bayerischer Realschulen (LEV-RS) begrüßt die Kabinettsentscheidung zur Pisa-Offensive, allerdings mit Einschränkungen. "Wir sagen schon lange, dass die Kinder mehr Grundwissen brauchen, um die Realschule gut meistern zu können", sagte die Landesvorsitzende Melanie Plevka aus Langenzenn auf BR24-Anfrage.

Dass die Stärkung von Deutsch und Mathematik auf Kosten der kreativen Fächer geht, hält sie aber für den falschen Weg. So sei etwa Musikunterricht wichtig, um Konzentration und Hörverständnis bei den Kindern zu schulen. Kunst wiederum sei wichtig für visuelle Wahrnehmung und motorische Fertigkeiten. Statt hier zu kürzen, hätte sich Plevka eine Streichung der dritten Stunde Religion gewünscht. "Werte sind natürlich wichtig", so die Landesvorsitzende. "Aber die kann man auch in zwei Stunden vermitteln."

Bayerischer Elternverband: "Kinder fit für die Zukunft machen"

Ähnlich äußerte sich Martin Löwe, der Vorsitzende des Bayerischen Elternverbands auf BR24-Anfrage. "Um noch mehr Freiraum zu bekommen, hätten wir neben der Entschlackung von Lehrplänen – warum müssen Kinder in der Grundschule zum Beispiel zusätzlich die lateinischen Begriffe wie "Präposition" lernen? – auch eine Kürzung des Religionsunterrichts wenigstens von drei auf zwei Wochenstunden begrüßt", schreibt er in einem Statement. Die flexible Zeiteinteilung mit dem Fächerpool Kunst, Musik und Werken hält er für begrüßenswert. Er wünsche sich aber eine Einbindung Eltern bei der Entscheidung darüber, wie genau der Unterricht gestaltet wird.

Weiter plädierte er für eine grundsätzliche Debatte über die Unterrichtsführung. "Ziel darf nicht sein, kurzfristig bessere PISA-Ergebnisse zu produzieren, sondern muss sein, die Kinder fit für die Zukunft zu machen. Das gelingt am besten, wenn Lernen gehirngerecht geschieht. Wissenschaftlich belegt ist, dass projekt- und fächerübergreifender Unterricht nachhaltiges und damit effizienteres Lernen fördert", so Löwe. Grundsätzlich halte der Verband das jetzt vorgelegte Konzept für einen "ersten Schritt in die richtige Richtung".

Lehrerverband: Personalmangel nicht durch weniger Stunden ausgleichen

Sandra Oehring, Geschäftsführerin des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenvereins, begrüßte den Fokus auf die Basiskompetenzen in Mathe und Deutsch. Allerdings seien die musischen Fächer genauso wichtig. Noch gebe es zu dem Beschluss keine konkreten Anweisungen, wie der Unterricht in Grundschulen in Zukunft aussehen soll. Darauf sei sie gespannt, sagte Oehring im Interview in der Frankenschau aktuell. "Wenn es heißt, wir kompensieren dadurch einen Lehrermangel, ist das ein absolutes No-Go". Kinder sollten an der Grundschule nicht nur Inhalte pauken, sondern "auch mit Herz, mit Kopf, mit Hand dabei" sein.

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