Verrostete Handgranaten und andere Munition liegen in einem Behältnis.
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Tennenloher Forst: Im Jahr 2012 wurde bei der Erweiterung des Pferdegatters auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Munition gefunden.

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Waldbrandgefahr: Wenn der Boden mit Munition belastet ist

Die Waldbrandgefahr steigt, je trockener die Sommer in Deutschland werden. Besonders brisant wird das Thema, wenn der Waldboden mit alter Munition belastet ist und dort ein Feuer ausbricht. In Franken gibt es solche munitionsbelasteten Wälder.

Im Juni hatte ein Waldbrand bei Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Feuer waren auf 100 Hektar munitionsbelastetem Gelände ausgebrochen. Auch in der Viezer Heide bei Hagenow – ebenfalls ein ehemaliges Militärgelände mit munitionsbelastetem Boden – brannten den Angaben des Landkreises Ludwigslust-Parchim zufolge rund 35 Hektar. Dort kam es zu Detonationen. Auch bei Erlangen gibt es ein solches, mit Munition belastetes Gebiet. Der Tennenloher Forst diente 100 Jahre lang als Truppenübungsplatz. Auf den 3.000 Hektar ist die Munitionsbelastung extrem hoch, was zum Risiko werden kann, vor allem bei steigender Waldbrandgefahr.

Waldbrandgefahr steigt

"Vegetations- und Waldbrände" heißen im Fachjargon die Flächenfeuer auf Äckern und Waldstücken. Diese nähmen deutlich zu, auch im Landkreis Erlangen Höchstadt, erklärt Kreisbrandrat Matthias Rocca. Er berät das Landratsamt, die Feuerwehren und Gemeinden in Brandschutzfragen. Außerdem schätzt er klimatische Entwicklungen in der Region ein. Die zunehmende Hitze, die auch durch ein paar verregnete Tage nicht ausgeglichen werden kann, macht ihm und den Feuerwehren im Landkreis Sorge.

Unkalkulierbares Risiko bei Brand im Tennenloher Forst

Denn wenn in einem munitionsbelasteten Gebiet wie dem Tennenloher Forst ein Brand ausbricht, habe man es nicht nur mit dem sichtbaren Feuer zu tun, so Rocca. Durch die entstehende Thermik würde auch der Untergrund aufgeheizt, sagt der Kreisbrandrat. Dies wiederum könne die darin noch schlummernden Granaten und Munition für Feuerwaffen zünden. "Ich muss im Brandfall meine Kolleginnen und Kollegen vor einer solchen Situation schützen, das Leben der Männer und Frauen geht vor die Feuerbekämpfung", konstatiert Matthias Rocca. "Im Zweifel brennt dann eben ein Hektar Wald im Tennenloher Forst mehr ab", das müsse die Bevölkerung hinnehmen.

Groß-Übung in Buckenhof: Ringbewässerung als Schutz

Wie im Falle eines Brandes in dem Gebiet gehandelt werden muss, wird bei einer Waldbrand-Übung in Buckenhof, außerhalb des 3.000 Hektar umfassenden Sperrbereichs im Tennenloher Forst geübt. Mehr als 30 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren Kalchreuth, Uttenreuth, der Flughelfergruppe Herzogenaurach und der Polizeihubschrauberstaffel sind vor Ort.

Schläuche für "Ringbewässungsanlagen", kurz Wassersprinkler, wie man sie von zu beregneten Ackerflächen kennt, müssen aufgebaut werden. Vier solcher Sprinkler, verteilt auf gut 300 Meter, sollen gleichzeitig Bäume und Sträucher ordentlich bewässern. "Das verhindert ein Übergreifen der Flammen etwa auf ein munitionsbelastetes Gebiet", so Kreisbrandmeister Andreas Schmidt. So nah wie nötig, so weit weg wie möglich laute die Devise auch bei seinen Ehrenamtlichen in der Uttenreuther Wehr. Die Ringbewässerung sei noch um wenigstens drei weitere Sprinkler erweiterbar, so Schmidt, damit könne die Wasser-Barriere bei einem Waldbrand entsprechend verlängert werden.

Wasser – knappes Gut im Wald

Doch die Ressourcen seien endlich. Was die Feuerwehrfahrzeuge in ihren Tanks dabeihaben, sei nach wenigen Minuten aufgebraucht, schildert Schmidt die erschwerten Bedingungen der Waldbrandbekämpfung. Dafür habe der Landkreis Erlangen-Höchstadt Löschsauger angeschafft, erklärt Matthias Rocca, der auch für Mittelbeschaffung zuständig ist. "Aus der kleinsten Pfütze im Wald kann damit Wasser zur Brandbekämpfung genutzt werden."

Patschen reißen "Wunde" in Waldboden

Mit 20-Liter-Löschrucksäcken, Hacken, Rechen und Waldbrandpatschen ziehen die Freiwilligen Feuerwehrleute aus Kalchreuth los. Sie sollen schnell eine "Wunde" in den Waldboden reißen, erklärt Kreisbrandmeister Sebastian Weber. Das heißt: Gras, Äste, herabgefallene Nadeln der umstehenden Fichten und Kiefern werden auf einer Breite von etwa einem halben Meter und einer Länge von gut 30 Metern mit dem Werkzeug weggeräumt. All das würde etwa durch das Öl in den Nadeln einen Brand beschleunigen, so Weber.

Die Frauen und Männer schuften, bis der blanke Waldboden zum Vorschein kommt. "So kann sich ein Waldbrand nicht einfach grenzenlos ausbreiten, die Wunde begrenzt das Feuer", schildert Weber. Doch so ein Einsatz sei immens personalintensiv und kraftraubend.

Feuerwehrleute brauchen leichtere Uniform

Die Löschrucksäcke mit den einfachen Spritzen daran, nagelneu im Einsatz, sollen helfen, kleine Feuer am Boden zu löschen. Noch arbeiten alle in den normalen Feuerwehrmonturen. Diese seien jedoch zu schwer und heizten sich zu sehr auf, erklärt Matthias Rocca, und zieht eine neue Uniform aus der Kiste. Leichte Hosen und Hemden, ein Gesichts- und Kragenschutz, ein deutlich leichterer knallroter Helm – so sollen die Helfer in der Not besser mit der Hitze zurechtkommen. Nach und nach würden die Feuerwehren damit ausgestattet. Auch ein Löschroboter stehe auf der Wunschliste – gerade für Brände im munitionsbelasteten Gebiet, so Rocca.

Polizei hilft bei Waldbränden

In Bayern steht bei einem Waldbrand auch die Polizeihubschrauberstaffel parat. An diesem Abend üben die speziell geschulten Feuerwehrleute aus Herzogenaurach die Zusammenarbeit mit den Polizisten in der Luft. Die Flughelfergruppe ist eine von 18 bayernweit. Sie lassen sich vom Hubschrauber abseilen, weisen den Polizeipiloten vom Boden aus ein, um eine sichere Landung zu ermöglichen, hängen Wasserbehälter zum Brandlöschen an den Hubschrauber. "Die Flughelfergruppe ist versiert und schnell, das Bindeglied zwischen den Feuerwehrleuten, die nah am Brand sind und der Unterstützung aus der Luft", erklärt deren Einsatzleiter Rainer Weber. "Wann immer es möglich ist, üben wir die Abläufe", so Daniel Pfeiffer, Flugzeugtechniker bei der Polizeihubschrauberstaffel.

Konkretes Konzept noch in Arbeit

Ein Brand wie zuletzt in einem munitionsbelasteten Waldgebiet in Mecklenburg-Vorpommern könne sich in dieser Größenordnung nicht entwickeln, schätzt Kreisbrandrat Rocca die aktuelle Lage im Tennenloher Forst ein. "Durch die unmittelbare Nähe zum Flughafen Nürnberg bekommen wir über den Tower, ein- und ausfliegende Flugzeuge und Hubschrauber sofort eine Meldung, sollte sich irgendwo Rauch oder ein Feuer entwickeln", so Rocca.

Viele kleine Stellschrauben, die offenbar genutzt werden, um die Gefahr, die von teils 100 Jahre alten Granaten und Patronen im Sperrgebiet ausgeht, einzudämmen. Ein konkretes Konzept zur Gefahrenlage im munitionsbelasteten Tennenloher Forst gibt es allerdings noch nicht.

Auf Nachfrage teilt eine Sprecherin des Landratsamtes Erlangen-Höchstadt dem BR schriftlich mit: "Derzeit wird ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Dieses beinhaltet auf der einen Seite Belange des vorbeugenden Brandschutzes (Waldumbau, Anlegen von Schutz- und Wundstreifen etc.) als auch Belange des abwehrenden Brandschutzes (Beschaffung von Material, Ausbildung und Taktik, Vorsehen von Löschwasser etc.). Hierzu finden derzeit Abstimmungen mit allen Beteiligten, insbesondere mit den Bayerischen Staatsforsten und den Bundesforsten als Verantwortliche der Eigentümer statt."

Wie viel Munition im Boden ist? Unbekannt

Über "die Lage und Anzahl", der im Boden schlummernden "Munition kann keine Aussage getroffen werden", heißt es weiter. "Seit der Erweiterung des Pferdegatters im Jahr 2012 wurden keine weiteren (größeren) Entmunitionierungsaktionen unternommen."

Von einem möglichen Waldbrand seien nur wenige Anwohner betroffen, erklärt Matthias Rocca. Erlangen, Buckenhof und Uttenreuth grenzten westlich an den Tennenloher Forst an. Weil die meisten Wetterlagen aus dem Westen in die Region einströmen, breiten sich Winde und mögliche Feuer eher von den Häusern weg aus, beruhigt der Kreisbrandrat.

Wald wird mit Wasser besprüht.
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Wald

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